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Papst Franziskus bei einer der Morgenmessen in Lockdown-Zeiten Papst Franziskus bei einer der Morgenmessen in Lockdown-Zeiten 

Vor genau einem Jahr: Die erste live übertragene Frühmesse des Papstes

Am 9. März 2020, mitten in einem Lockdown, den es in dieser Form noch nicht gegeben hatte, übertrugen die vatikanische Medien erstmals live und in voller Länge eine Frühmesse des Papstes in seinem Vatikandomizil Casa Santa Marta. Eine außergewöhnliche Geste des Papstes, um in einer außergewöhnlichen Zeit Trost und Halt zu geben.

Die Kirchen in Italien und bald auch im Rest Europas waren geschlossen, aus Angst vor einer Übertragung des Virus konnten keine heiligen Messen gefeiert werden. Sogar für das Osterfest galt keine Ausnahme. In dieser Gemengelage wurden die täglichen Messfeiern des Papstes, die live in verschiedene Sprachen übersetzt wurden, für viele Menschen ein wichtiger Fixpunkt in ihrem Tagesablauf.

Teilhabe an Papstmesse dank Live-Stream

Der Papst ließ die Menschen an der Eucharistie teilhaben, die die Menschen in ihren Lebensumständen aufgrund des Lockdown nicht feiern konnten. Waren zuvor die Messfeiern nur ausschnittsweise mit einer Zusammenfassung der Predigt nach der jeweiligen Messe veröffentlicht worden, war es einem breiten Publikum weltweit nun möglich, die gesamte Zeremonie in der Casa Santa Marta mitzuerleben. Es war der Papst selbst, der den Sinn seiner Entscheidung erklärte: 

„In diesen Tagen widme ich die Messe den Kranken dieser Corona-Pandemie, den Ärzten, die Krankenpflegern, den Freiwilligen, die viel helfen, den Familienangehörigen, den Senioren in den Altenheimen, den Häftlingen, die eingesperrt sind.“

Hier zum Hören:

Franziskus machte sein Versprechen wahr: Jeden Tag betete er in der Messe für eine andere Gruppe von Menschen, die durch die Pandemie in Schwierigkeiten geraten waren, darunter auch werdende Mütter, Kinder, die vor dem überraschenden Lockdown nicht einmal ihre Lehrer und Klassenkameraden verabschieden konnten, die Bestattungsunternehmer oder die Künstler.  

Am 18. Mai hob Italien den Lockdown auf. Am selben Tag, mehr als zwei Monate nach Aufnahme der Übertragung der Messfeiern aus der Casa Santa Marta, feierte Papst Franziskus seine letzte öffentlich übertragene Frühmesse am Altar über dem Grab des heiligen Johannes Paul II. im Petersdom. Seitdem hat er keine öffentlichen Messen in seinem Vatikandomizil mehr gefeiert. 

Täglicher Trost und Glaubenspraxis

Der italienische Religionsjournalist Lucio Brunelli bezeichnet im Gespräch mit Radio Vatikan die damalige Entscheidung des Papstes, die Messen aus Santa Marta via Livestream übertragen zu lassen, für „prophetisch und gottgewollt“. Brunelli hat zeitweise den Fernsehkanal der italienischen Bischofskonferenz TV2000 geleitet.

„Es waren sehr außergewöhnliche Tage, Millionen von Menschen haben völlig neue Erfahrungen gemacht. Wir waren daheim eingesperrt, verängstigt, und jeden Abend um 18 Uhr kamen die Berichte mit den neuen Zahlen heraus, die uns mit der stetig steigenden Anzahl von Toten in Panik versetzten.“

Doch auch die Tatsache, dass es unmöglich war, die Sakramente zu empfangen, sei eine völlig neue Erfahrung für die Menschen in Italien gewesen, gibt Brunelli zu bedenken. Seit dem 9. März 2020 hatte Italien einen Lockdown ausgerufen, der wesentlich strenger als in vielen anderen europäischen Ländern war. Nur aus nachweisbaren Gründen wie Arbeit, medizinischen Gründen oder zum Einkaufen von Dingen des täglichen Bedarfs durfte man auf die Straße, das öffentliche Leben war vollständig zum Erliegen gekommen.

„Wir konnten nicht zur Beichte gehen, wir konnten nicht in die Messe gehen, und von diesem Gesichtspunkt aus war das Ja des Papstes zu einer Live-Übertragung der täglichen Messen aus Santa Marta wirklich ein großer Trost, eine große Unterstützung im täglichen Leben. Und das war nicht nur ein ,gefühlsmäßiger Trost’, sondern auch eine Unterstützung im Glauben, in dessen Zentrum – und das vergessen wir oft – die Figur, ja die Anwesenheit Jesu steht. Diese tägliche Begegnung mit Jesus, jeden Morgen, war das wahre Zentrum des Trostes, den der Papst mir und so vielen Menschen des Landes jeden Tag gespendet hat.“

Großes Interesse weltweit

Doch nicht nur in Italien, sondern auch weltweit wurden die Messen mit großer Intensität verfolgt. In China etwa oder anderen Teilen der Welt, wo sich die Menschen wegen der Zeitverschiebung zu den teils unmöglichsten Zeiten vor dem Fernseher versammelten, um mit dem Papst zu beten. Umso größer war die Enttäuschung, als am 18. Mai der Lockdown (in Italien) aufgehoben wurde und der Papst seine Ankündigung wahr machte, die täglichen medial-öffentlichen Messfeiern wieder einzustellen.

„Es gab ein wenig Enttäuschung, als die Messen aus Santa Marta unterbrochen wurden, auch wenn die Begründung des Papstes eine sehr starke und wahrhaftige war. An dem Tag, an dem den Gläubigen die Möglichkeit wieder eröffnet wurde, an der Messe teilzunehmen, hat er ohne Zögern aufgehört. Doch ich denke, der Grund dafür ist sehr schwerwiegend, denn es hätte für uns alle das Risiko einer ,virtuellen‘ Kirche bestanden, während im christlichen Leben hingegen die physische Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft und auch der Zugang zu den Sakramenten grundlegend sind,“ erläutert Brunelli.

Eine „außergewöhnliche Erfahrung” aus mehr als einem Gesichtspunkt also, so der erfahrene Journalist, der sich sein gesamtes Berufsleben über mit Berichterstattung aus dem religiösen Bereich beschäftigt hat. Denn auch die Einschaltquoten, die die tägliche Übertragung der Messe erreichte, seien überraschend gewesen.

Steigende Zahlen der deutschsprachigen Zuschauer

„Zu Beginn haben nur TV2000 und die Vatikanmedien die Messe live übertragen. Und als dann auch Rai 1 (der erste öffentliche italienische Fernsehsender, vergleichbar mit der deutschen ARD, Anm.) sich dazu entschieden hat, die Messe live zu übertragen, hatten wir wirklich unglaubliche Quoten bei über 23 Prozent, die zusammen mit denen von TV2000 und den Vatikanmedien bei über 30 Prozent landeten. Das heißt, rund ein Drittel der Italiener hat die Messe verfolgt, und das ohne jeden Kommentar. Das hat mich auch sehr beeindruckt, es war eine Messe, die einfach so daherkam und nicht kommentiert wurde, und das war auch ihre Stärke.“

Auf den deutschsprachigen Kanälen von Vatican News – Homepage, Youtube-Kanal und Facebook-Seite – verfolgten in den ersten Tagen etwa 20.000 User die Frühmesse mit, Tendenz steigend. Innerhalb von zwei Wochen kletterte die auf  50.000 - man kann davon ausgehen, dass dieses Angebot auch im deutschsprahigen Raum über mehrere Wochen immer stärker in Anspruch genommen wurde.

Stille und Gebet

Sogar in den Zeiten der Stille, in denen auf dem Bildschirm „nicht viel passiert“ und die für das Fernsehen heute nicht sonderlich geeignet erscheinen mögen, wie das Schweigen nach der Predigt, habe die Aufmerksamkeit der Zuschauer nicht nachgelassen:

„Denn dem Papst gelingt es, tiefliegende Saiten zum Schwingen zu bringen, die Saiten des Glaubens, der die wahre Quelle des Trostes und der Hoffnung ist, die wir damals brauchten und auch heute brauchen.“

(vatican news - cs)

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09. März 2021, 12:58