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Während einer Papstmesse in St. Peter Während einer Papstmesse in St. Peter 

Papst gibt Frauen mehr Rechte am Ambo und im Altarraum

Mit einem „Motu proprio“, also einer rechtlichen Verfügung, die an diesem Montag veröffentlicht wurde, hat Papst Franziskus festgeschrieben, dass Frauen künftig Zugang zum Dienst des Akolythen und des Lektors haben.

VATICAN NEWS

Vielerorts – zumal im deutschen Sprachraum – ist es schon seit längerer Zeit Praxis, dass Frauen Altar- und Lesungsdienste übernehmen, doch nun findet diese Praxis auch Eingang ins Kirchenrecht, und es handelt sich auch nicht mehr um Dienste auf Zeit, sondern auf Dauer. Damit ist geklärt, dass die Dienste des fest beauftragten Lektors beziehungsweise des Akolythen (so lauten die Fachbegriffe) den Frauen nicht grundsätzlich verwehrt werden dürfen. Das Kirchenrecht gibt diesen Diensten jetzt auch für Frauen eine feste Form.

Bisher waren es Ortsbischöfe in allen Teilen der Welt, die gegebenenfalls Frauen den Zugang zum Altarraum und zum Ambo erlaubten. Ein richtiggehendes institutionelles Mandat dafür gab es allerdings nicht; schließlich hatte der hl. Papst Paul VI. bei der Abschaffung der sogenannten „niederen Weihen“ 1972 verfügt, dass die entsprechenden Dienste Männern vorbehalten bleiben, weil er diese Dienste als Vorstufe zum Weiheamt, als zum Diakon- beziehungsweise Priesteramt hinführend ansah.

Auch der Synodale Weg der Kirche in Deutschland beschäftigt sich mit dem Thema Frauen und Amt
Auch der Synodale Weg der Kirche in Deutschland beschäftigt sich mit dem Thema Frauen und Amt

Papst greift Anregungen von Bischofssynoden auf

Papst Franziskus hat dies nun, auch im Licht der jüngsten Bischofssynoden, weiterentwickelt: Er will die Präsenz von Frauen am Altar offiziell zulassen und rechtlich absichern.

Das an diesem Montag veröffentlichte „Motu proprio“ mit dem Titel „Spiritus Domini“ (Der Geist des Herrn) ändert den ersten Paragraphen von Kanon 230 im Kodex des Kirchenrechts. (Kanon nennt man die größeren Abschnitte im Kirchenrecht, Paragraphen sind die Untereinheit.) Der Papst hält damit fest, dass Frauen Zugang zum Dienst des festen Lektors und Akolythen haben – und dass ihnen diese Dienste durchaus auch mit einem liturgischen Akt übertragen werden können, der den institutionellen Charakter des Ganzen hervorhebt.

Franziskus erläutert, dass er mit seiner Entscheidung die Empfehlungen verschiedener Bischofssynoden aufgreife. „In diesen vergangenen Jahren hat es eine Weiterentwicklung in der kirchlichen Lehre gegeben. Dabei wurde deutlich, dass bestimmte Dienste, die die Kirche eingerichtet hat, die Taufe und das königliche Priestertum, das jeder Christ im Taufsakrament empfängt,  als Grundlage haben.“

Dementsprechend lädt der Papst dazu ein, die Dienste, die von Laien übernommen werden können, als etwas „wesensmäßig Anderes“ zu sehen als die Ämter, „die durch das Sakrament der Weihe übertragen werden“.

Eine Frau am Ambo
Eine Frau am Ambo

Nur ein Wort wird gestrichen: das Wort „männlich“

In der deutschen Übersetzung lautet der neuformulierte Paragraph des Kirchenrechts, der sich im Kapitel „Pflichten und Rechte der Laien“ findet, jetzt so: „Laien, die das Alter und die Begabung haben, die durch Dekret der Bischofskonferenz dafür bestimmt sind, können durch den vorgeschriebenen liturgischen Ritus für die Dienste des Lektors und des Akolythen auf Dauer bestellt werden, die Übertragung dieser Dienste gewährt ihnen jedoch nicht das Recht auf Unterhalt oder Vergütung von seiten der Kirche.“

Bisher hatte der Satz mit der Formulierung „Männliche Laien“ begonnen. Gestrichen wird also nur ein Wort, nämlich „männlich“.

„Gemeinsame Mitverantwortung aller Getauften in der Kirche“

Seinem „Motu proprio“ hat der Papst einen erläuternden Brief an den Präfekten der Glaubenskongregation, den spanischen Kardinal Luis Ladaria, beigefügt, in dem er die theologischen Gründe seiner Entscheidung ausführt. „Im Horizont der vom Zweiten Vatikanischen Konzil angestoßenen Erneuerung“ – hier steht im Italienischen „rinnovamento“ und nicht „aggiornamento“ – „ist heute immer stärker zu spüren, dass die gemeinsame Mitverantwortung aller Getauften in der Kirche unbedingt wiederentdeckt werden muss. Das gilt besonders für die Sendung der Laien.“

Johannes Paul II. mit der englischen Königin, die nominelles Oberhaupt der anglikanischen Weltkirche ist
Johannes Paul II. mit der englischen Königin, die nominelles Oberhaupt der anglikanischen Weltkirche ist

Franziskus zitiert dann aus dem Schlussdokument der Sonder-Bischofssynode für das Amazonasgebiet aus dem Jahr 2019, das die Synodenväter per Abstimmung beschlossen und ihm überreicht hatten. „Die Kirche in Amazonien muss darauf dringen, dass Männern und Frauen gleichermaßen Dienstämter übertragen werden", steht dort zu lesen (95). Und weiter unter Verweis auf die in Amazonien breit verankerten kleinen missionarischen kirchlichen Gemeinschaften: „Dies ist die Kirche der getauften Frauen und Männer, die wir vor allem im Bewusstsein der in der Taufe empfangenen Würde, aber auch durch Förderung von Dienstämtern bestärken müssen.“

Keine Priesterweihe von Frauen, aber...

In seinem Brief an den Kardinal zitiert Franziskus die Worte seines heiligen Vorgängers Johannes Paul II., „dass die Kirche keinerlei Vollmacht hat, Frauen die Priesterweihe zu spenden“ (Ordinatio Sacerdotalis, 22. Mai 1994). Doch dann fügt Franziskus hinzu: „Was die nicht durch Weihe übertragenen Dienste betrifft, ist es aber möglich – und erscheint es heute geboten –, diese Einschränkung zu überwinden“.

„Den Laien beiderlei Geschlechts Zugang zum Dienst des Akolythen und des Lektors zu geben“, so erklärt der Papst, „indem man das auf der Taufe gründende allgemeine Priestertum aller Gläubigen ernstnimmt, wird die Anerkennung für den wertvollen Beitrag erhöhen, den so viele Laien, auch Frauen, schon seit langem zum Leben und zur Sendung der Kirche leisten.“ Das gelte erst recht, wenn ihnen ihr Dienst „durch einen liturgischen Akt“, eine richtiggehende „Amtseinsetzung“ übertragen werde.

Papst Franziskus bei einer Auslandsreise mit einer Journalistin
Papst Franziskus bei einer Auslandsreise mit einer Journalistin

„Stabilität, öffentliche Anerkennung und ein Mandat durch den Bischof“

Franziskus setzt darauf, wie er abschließend formuliert, dass „die Entscheidung, auch Frauen diese Dienste zu übertragen, in der Kirche die Teilnahme aller Gläubigen am Werk der Evangelisierung stärken“ wird. Schließlich brächten die nun auch offiziell für Frauen zugänglichen Ämter „Stabilität, öffentliche Anerkennung und ein Mandat durch den Bischof mit sich“.

Die Verfügung des Papstes ist durch ein vertieftes theologisches Nachdenken über die betreffenden Dienste möglich geworden. Nach dem Konzil hat die Theologie die Bedeutung von Lektoren und Akolythen neu entdeckt – nicht nur im Hinblick auf das Weihepriestertum, sondern auch und vor allem im Hinblick auf das in der Taufe gründende allgemeine Priestertum der Gläubigen. Hier, in der Dynamik zwischen diesen beiden Arten von Priestertum, sind die Dienste angesiedelt, um die es im „Motu Proprio“ von Papst Franziskus geht.

(vatican news)

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11. Januar 2021, 12:00