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Wenn ein Papst ein Buch vorstellt

Bestimmte Ämter bringen bestimmte Formen mit sich. Ein US-Präsident muss Truthähne begnadigen, ein Münchner Oberbürgermeister einen ordentlichen Fassanstich hinkriegen – und ein Papst Enzykliken schreiben.

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

Interessant wird’s immer, wenn sich die Träger eines symbolischen Amtes nicht an die entsprechende Form halten. Wenn also ein US-Präsident sich am liebsten über Twitter an die Öffentlichkeit wendet. Oder wenn, wie am Freitagabend geschehen, ein Papst außerhalb des Vatikans eine Buchvorstellung durchzieht.

Der Auftritt von Franziskus im Generalat „seines“ Jesuitenordens war also eine kleine Sensation. Allerdings stellte der Papst keinen neuen Dan Brown vor, sondern etwas härtere Kost: Er empfahl am 50. Jahrestag seiner Priesterweihe die Schriften eines argentinischen Jesuiten, der 2005 verstorben ist.

Kein neuer Dan Brown

Dieser Padre Angel Fiorito nun war, lang ist’s her, einer der geistlichen Ausbilder und Mentoren des jungen Jorge Mario Bergoglio, heute Papst Franziskus, im Jesuitenorden. Das 2000-Seiten-Opus namens „Escritos“ liegt nur auf Spanisch vor. Fünf Bände, die der italienische Jesuiten-Thinktank „Civiltà Cattolica“ herausgibt.

Ein „Meister des Dialogs“ sei dieser (sonst allerdings eher wortkarge) „Maestro Fiorito“ gewesen, rühmte der Papst seinen Lehrer. Und es mache ihm große Freude, über den Verstorbenen zu reden, denn dieser habe sich sicher niemals vorstellen können, dass von ihm einmal in so illustrer Runde die Rede sein würde.

Nebenbei ein Lob für Hugo Rahner

Christus-Zentriertheit: Das sei es, was man noch heute von Padre Fiorito lernen könne. Vor allem ein Werk des deutschen Jesuitentheologen Hugo Rahner (1900-68), übrigens eines Bruders von Karl Rahner, habe den „Maestro“ inspiriert und geprägt.

„Maestro sein, also das Amt des Lehrens auszuüben, besteht nicht nur darin, den Inhalt der Lehren des Herrn rein und vollständig weiterzugeben. Sondern auch darin, dass diese Lehren sich eine Schülerschaft heranziehen. Dass sie also die, die die Lehren hören, in Nachfolger Jesu verwandeln, in missionarische, freie Schüler, die leidenschaftlich hinausgehen, um die Lehren des einzigen Meisters allen Männern und Frauen aller Völker zu verkünden.“

Der wahre Meister bleibt ein Schüler

Der Schüler stehe nicht über dem Meister, zitierte Franziskus das Lukasevangelium (6,40). Und auch andersherum gelte: „Der wahre Meister ist, im Sinn des Evangeliums, immer Schüler. Er hört nie auf, Schüler zu sein. Sich nicht über den Meister stellen, bedeutet nicht nur, sich nicht über Jesus, unseren einzigen Meister, zu stellen. Sondern es bedeutet auch: Sich auch nicht über unsere menschlichen Meister stellen. Der gute Schüler ehrt den Meister…“

Das war eigentlich genau das, was Franziskus mit seiner ungewöhnlichen Buchvorstellung in der Jesuitenkurie von Rom getan hat.

(vatican news)
 

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14. Dezember 2019, 09:12