Suche

Der Papst während der Palmsonntags-Messe Der Papst während der Palmsonntags-Messe 

Palmsonntag: Papstmesse auf dem Petersplatz

Papst Franziskus hat bei der Palmsonntags-Messe in Rom zu Einsatz gegen Verleumdung, die „Manipulation der Realität“ und das „Frisieren der Wirklichkeit“ aufgerufen. Die Menschen, die bei der Verurteilung Jesu „Kreuzige ihn!“ gerufen hätten, stünden für all diejenigen, „die eine Geschichte zu ihrem Vorteil erfinden und kein Problem damit haben, andere in den Dreck zu ziehen.“

Stefan von Kempis – Vatikanstadt

In einem roten Messgewand, das ihm Flüchtlinge aus Pakistan geschenkt haben, nahm der Papst an einer Palmprozession auf dem Petersplatz teil und feierte die Messe, mit der die Karwoche beginnt. Der Palmsonntag ist gleichzeitig der kirchliche Weltjugendtag; auf dem Petersplatz waren die jungen Delegierten der Vorsynode dabei, die in den letzten Tagen in Rom die bevorstehende Bischofssynode zum Thema Jugend und Glauben vorbereitet haben. Sie überreichten dem Papst eine Erklärung, die an der Kirche einen „überzogenen Moralismus“ und häufig eine „zu große Strenge“ kritisiert.

In der Regel predigt Franziskus am Palmsonntag frei, im Stil einer Gewissenserforschung: Wer bin ich angesichts des Leidens Jesu – bin ich etwa wie die Jünger, die die Flucht ergreifen, oder bin ich wie Pilatus, der an nichts schuld sein will? Doch an diesem Palmsonntag hielt sich der Papst weitgehend an den vorbereiteten Text. Die Leidensgeschichte Jesu verflechte Freud und Leid, Fehler und Erfolge miteinander; ganz widersprüchliche Gefühle, „die den Menschen auch heute zu eigen sind“, würden darin offengelegt. „Sie sind im Stande, viel zu lieben… und auch viel zu hassen; fähig zu wertvollen Unternehmungen und auch, sich im passenden Augenblick „die Hände in Unschuld zu waschen“; fähig zur Treue, aber auch zu großer Nachlässigkeit und zum Verrat“.

Nach diesem ernsten Einstieg nahm sich der Papst das Evangelium vom festlichen Einzug Jesu in Jerusalem vor. „Jesus betritt die Stadt umgeben von seinem Volk, umgeben vom Singen und Rufen des Trubels. Wir können uns vorstellen, dass es die Stimme des Sohnes ist, dem vergeben wurde, des geheilten Aussätzigen oder das Blöken des verlorenen Schafes, das bei diesem Einzug kraftvoll erschallt. Es ist das Singen des Zöllners und des Unreinen; es ist der Schrei dessen, der an den Rändern der Stadt lebte.“

„Hier wird die Freude so vieler Sünder laut“

Hier werde das „Singen und die spontane Freude so vieler Verstoßener“ laut, „die Freude so vieler Sünder, denen vergeben wurde“. Doch in diesen Jubel mische sich schnell ein Missklang. „Denjenigen, die sich selbst für gerecht und dem Gesetz und den rituellen Geboten „treu“ halten, erscheint dieser Freudenjubel als aufmüpfig. Er wird als Ärgernis erregender Unfug empfunden. Eine unerträgliche Freude für diejenigen, die sich angesichts des Leidens, des Schmerzes und des Elends dem Mitgefühl versperrt haben.“

Menschen, die „sich selbst rechtfertigen“ und ihr Heil nur durch eigene Kraft erreichen wollen, falle es schwer, „die Festfreude der Barmherzigkeit Gottes zu verstehen“, sagte der Papst. Und so erhebe sich denn der Schrei „dessen, der sich nicht scheut, „Kreuzige ihn!“ zu rufen“.

„Es ist nicht ein spontaner Schrei, sondern ein aufgesetzter und inszenierter Schrei, der die Erniedrigung und die Verleumdung begleitet, die durch falsche Zeugenaussagen herbeigeführt werden. Es ist die Stimme dessen, der die Realität manipuliert, eine Geschichte zu seinem Vorteil erfindet und kein Problem damit hat, andere „in den Dreck zu ziehen“, um selbst davonzukommen. Der Schrei dessen, der kein Problem damit hat, die Mittel zu suchen, um sich selbst zu stärken und die dissonanten Stimmen zum Schweigen zu bringen. Es ist der Schrei, der aus dem „Frisieren“ und Schönfärben der Wirklichkeit entsteht, so dass sie schließlich das Antlitz Jesu entstellt und ihn zu einem „Missetäter“ macht. Es ist die Stimme dessen, der die eigene Position verteidigen will, indem er denjenigen in Verruf bringt, der sich nicht verteidigen kann.“

Dieser Schrei des „Kreuzige ihn“, ein Schrei der „Selbstgefälligkeit und des Hochmuts“, bringe das Fest des Volkes zum Schweigen, indem er die Träume töte, so der Papst. Eigentlich lasse sich dieser Schrei in die Formel fassen: „Rette dich selbst!“ Ein Schrei sei das, „der die Solidarität einlullen will, die Ideale auslöschen, den Blick gefühllos werden lässt, das Erbarmen ausradieren will“.

„Ist Jesus Christus weiterhin Grund der Freude in unserem Herzen?“

„Angesichts all dieser Schreie ist es das beste Gegenmittel, das Kreuz Christi anzuschauen und uns von seinem letzten Schrei in Frage stellen zu lassen. Christus starb, indem er seine Liebe für jeden von uns herausschrie: für die jungen Menschen und die Älteren, für die Heiligen und die Sünder; Liebe für die Menschen seiner Zeit wie auch der heutigen Zeit. Durch sein Kreuz wurden wir gerettet, damit niemand die Freude des Evangeliums auslösche; damit niemand, in welcher Situation auch immer er sich befindet, dem barmherzigen Blick des Vaters fernbleibt.“

Der Blick auf das Kreuz bedeute allerdings, sich selbst „in Frage zu stellen“ und Maß an Christus zu nehmen, fuhr der Papst fort. „Was sieht unser Herz? Ist Jesus Christus weiterhin Grund der Freude und des Lobpreises in unserem Herzen, oder beschämen uns seine Prioritäten für die Sünder, die Letzten und die Vergessenen?“

Franziskus wandte sich dann an die Jugendlichen, die zur Feier des Weltjugendtags auf dem Petersplatz waren. Sie sollten sich nicht manipulieren lassen, sollten ihren Schrei nach Wahrhaftigkeit und Gerechtigkeit nicht unterdrücken lassen.
„Die jungen Menschen zum Schweigen zu bringen, ist eine Versuchung, die es immer gegeben hat. Die Pharisäer selbst tadeln Jesus und bitten ihn, sie zu beruhigen und zum Schweigen zu bringen. Es gibt viele Formen, zum Schweigen zu bringen oder die jungen Menschen auszuschalten. Viele Wege, um sie zu betäuben und einzulullen, damit sie keinen „Krach“ machen, damit sie sich nicht selbst Fragen stellen und hinterfragen. Es gibt viele Möglichkeiten, sie zu beruhigen, so dass sie sich nicht einmischen und ihre Träume den Schwung verlieren und zu flachen, kleinen, traurigen Phantastereien werden.“

„Wollt ihr schreien? Bitte entscheidet euch, bevor die Steine schreien!“

Aber allen „Pharisäern von gestern und aus allen Zeiten“, die versuchten, Jugendliche zum Schweigen zu bringen und ihnen ihre Hoffnungen zu rauben, rufe Jesus auch heute zu: „Wenn sie schweigen, werden die Steine schreien“ (Lk 19,40).

„Liebe junge Menschen: Bei euch liegt die Entscheidung zu schreien. An euch liegt es, euch für das Hosanna des Sonntags zu entscheiden, um nicht dem „Kreuzige ihn!“ des Freitags zu verfallen... Und es liegt an euch, nicht zu schweigen. Wenn die anderen schweigen, wenn wir, die Ältesten und die Verantwortlichen, schweigen, wenn die Welt schweigt und ihre Freude verliert, frage ich euch: Wollt ihr schreien? Bitte entscheidet euch, bevor die Steine schreien!“

Zum Nachhören: So war die Papstmesse am Palmsonntag

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

25. März 2018, 12:30