Turkson in Davos: Mensch muss im Mittelpunkt stehen
Bei dem jährlich stattfindenden Gipfeltreffen von Wirtschaft und Politik in Davos ist auch in diesem Jahr der Vatikan präsent. Kardinal Peter Turkson vertritt Papst Franziskus auf der Weltbühne. Turkson ist seit April 2022 Kanzler der päpstlichen Akademie der Wissenschaften. Davor war er von 2017 bis 2021 Kardinalpräfekt des Dikasteriums für ganzheitliche Entwicklung des Menschen.
Im Interview mit Kath.ch erzählt der Kardinal von seiner Rolle, seinen Plänen und seinen Erfahrungen auf der Konferenz: „Im Grunde tue ich das, was ich in den vergangenen Jahren immer getan habe: Ich werde eine Botschaft Seiner Heiligkeit, Papst Franziskus’, präsentieren. Der Papst hat eine Einladung vom Vorsitzenden des WEF erhalten, um auf dem WEF zu sprechen; und die Botschaft, die ich mitgebracht habe, ist die Antwort von Papst Franziskus auf die Einladung des WEF-Vorsitzenden.“
Künstliche Intelligenz und Verantwortung
In seinen Überlegungen zum Thema des WEF, „Zusammenarbeit für das intelligente Zeitalter", bekräftigt Papst Franziskus, wie wichtig Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, Industrie und Politik beim Thema künstliche Intelligenz ist. Turkson erläutert das konkret: „Papst Franziskus hält die Fortschritte in den neuen Informationstechnologien, vor allem im digitalen Bereich, für bemerkenswert, warnt aber gleichzeitig vor den ernsten Risiken, die sie mit sich bringen.“ Deshalb müsse die künstliche Intelligenz vor allem transparent sein, was die verwendeten Daten beträfe.
Außerdem müssten die Daten für die Erstellung von Modellen „frei sein von Vorurteilen!“, bekräftigt Turkson. Der wissenschaftliche und technologische Fortschritt verschaffe der Menschheit eine nie dagewesene Fähigkeit und Kontrolle über die Realität. Dies berge jedoch auch Gefahren, so der Kardinal. „Während der Papst die Vorteile von Wissenschaft und Technologie anerkennt, wie sie das Leben verbessert, erkennt er auch Bedenken, wie sie zu einem globalen Defizit an Menschenwürde und der Verwirklichung des Gemeinwohls beitragen.“
Die Anwendung der Technologie dürfe nicht die Form eines Paradigmas annehmen, das davon ausgeht, dass die Technologie Antworten auf alles habe. Sie müsse eher die Form einer Technologie annehmen, die dem Wohlergehen des Menschen diene. „Sprich: Der Mensch: Sein Wohlbefinden, sein Frieden und seine Stabilität müssen immer im Mittelpunkt des technologischen Fortschritts, der Erfindungen und Entdeckungen stehen.“
Katholische Kirche, Politik und Wirtschaft
Auch über die Rolle der katholischen Kirche in Politik und Wirtschaft spricht der Kardinal: „Es ist wichtig, dass die katholische Kirche an der Entwicklung der Wirtschaft und der Politik beteiligt ist, denn sie beeinflussen das Leben der Menschen: Im Zentrum beider muss das Wohlergehen der menschlichen Person stehen." In diesem Sinne gehe das Engagement der Kirche in Politik und Gesellschaft weit auf ihre Ursprünge zurück, insbesondere auf das Neue Testament, betont der Kardinal.
Mit Menschen ins Gespräch kommen
„In jüngster Zeit wurde diese Sorge der Kirche um die Strukturen und Institutionen, die das Leben der Menschen beeinflussen, im Dokument des Zweiten Vatikanischen Konzils, Gaudium et Spes, deutlich formuliert.“ Darin glaube das Konzil, dass es „keinen besseren Beweis für seine Verbundenheit und Liebe mit der gesamten menschlichen Familie (gibt, Einf.), als mit ihr über all ihre verschiedenen Probleme ins Gespräch zu kommen", so der Kardinal.
Die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst der Menschen von heute, seien auch die Freude und die Hoffnung, die Trauer und die Angst der Jünger Christi. In ihrem Engagement in Politik, Wirtschaft und Verwaltung helfe die Kirche mit ihrem Glauben, sich für die Entwicklung der Menschheit einzusetzen und Lösungen für die Würde und das Wohlergehen der Menschheit zu finden, schließt der Kardinal ab.
(kath.ch - ms)
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