„Hopetelling ist mehr als ein Beruf“
Anne Preckel - Vatikanstadt
Stefanie Odersky gehört zur Gruppe der „Young Faith Communicators“, die das Dikasterium für Kommunikation weiterbildet und miteinander vernetzt. Die Teilnahme am ,Jubiläum der Kommunikation' war Teil des einjähigen Fortbildungsprogramms ,Glaubenskommunikation in der digitalen Welt'. Dazu erläuterte Bross im Gespräch mit Anne Preckel von Vatican News:
Stefanie Odersky (Pressearbeit und PR für Mercy Ships): Das Thema war vor allem Hope-Telling, das Erzählen von Geschichten der Hoffnung, und es ging auch darum, unsere Berufung noch einmal zu hinterfragen - was bedeutet es, ein junger Glaubenskommunikator zu sein? Es war sehr schön, denn es ist mehr als ein Beruf, wenn man in der Glaubenskommunikation arbeitet, weil es doch auch um unsere Identität geht: Wir sind mehr als Journalisten, wir haben auch die Werte, die uns der christliche Glaube gibt. Und da war es wunderschön, sich mit Kommunikatoren aus der ganzen Welt zu vernetzen und zu sehen, dass wir alle den gleichen Wunsch und die gleiche Sehnsucht haben.
Vatican News: Genau das hat der Papst in diesen Tagen gegenüber Journalisten und Kommunikatoren hervorgehoben; er hat sie ermutigt, Geschichten der Hoffnung zu erzählen. Die philippinische Friedensnobelpreisträgerin Maria Ressa hat am Samstag in ihrer Rede eindringlich geschildert, wie Demokratie und unabhängiger Journalismus durch Medienkonzerne und Machtinteressen bedroht sind. Was hast du von ihrer Rede mitgenommen?
Odersky: Mir ist eines von ihrer Rede wirklich hängengeblieben: ,ohne Fakten gibt es keine Wahrheit, ohne Wahrheit gibt es kein Vertrauen, und ohne Vertrauen haben wir keine gemeinsame Realität, keine Demokratie'. - Das hat mich total berührt und bewegt, weil es mir einfach gezeigt hat, welche Verantwortung wir haben als Kommunikatoren, als Journalisten, die Wahrheit zu erzählen und mutig zu sein, Geschichten zu erzählen, die wahr sind und die verändern können auch.
Vatican News: Ressa hat auch etwa Social Media Plattformen kritisiert, die der Konzentration von Macht, der Priorisierung von Profit statt Demokratie, nichts entgegensetzen oder solche negativen Tendenzen sogar fördern. Wir alle nutzen diese Plattformen. Wie siehst du das als junge, katholische Kommunikatorin?
Odersky: Ich glaube, dass es wirklich eine Herausforderung ist. Man könnte es vergleichen mit einer Stadt. Es gibt Orte, wo man sich sicher, nicht sicher, zu Hause oder nicht zu Hause fühlt. Und ich glaube, es liegt wirklich an uns, diese sozialen Netzwerke zu nutzen, um sie wieder sozial zu machen, um echte Begegnung zu schaffen, dass jede Stimme auch Platz hat - dass wir wirklich wieder Begegnung schaffen, und nicht in unserer ,bubble' bleiben.
Vatican News: ...also etwa, ausgehend von sozialen Medien, Begegnungen im echten Leben ermöglichen.
Odersky: Ja genau. Und dass wir auch zulassen, dass jemand eine andere Meinung hat, dass wir das auch so stehenlassen können und nicht aus Hass oder einer Angst heraus reagieren, die einfach nur noch mehr spaltet und nicht zusammenbringt.
Vatican News: Das kam am Wochenende auch in der Rede des irischen Schriftstellers Colum McCann zur Sprache, der sinngemäß sagte: ,Wir müssen uns ja nicht gleich lieben oder toll finden, verstehen aber, das sollten wir schon versuchen.' McCann, Gründer des inzwischen internationalen Storytellung-Projektes ,Narrative 4', hat eine Lanze für das Erzählen gebrochen, das Menschen verbindet und empathischer machen kann. Du hast jetzt beim Jubiläum an einem Workshop des Schriftstellers teilgenommen. Was ist da passiert?
Odersky: Es war total schön, denn wir haben wirklich erlebt, was er entwickelt hat - den Austausch von Geschichten. Unsere Aufgabe war, unsere Geschichten - in dem Fall zum Thema ,Versöhnung' - zu erzählen und dann einem Gegenüber zuzuhören, wie oder sie seine/ihre Geschichte erzählt. In einem zweiten Schritt ging es darum, nicht nur die Perspektive des anderen einzunehmen, sondern in eigenen Worten die Geschichte des anderen wiederzugeben, als wäre man diese Person. Und dieser Austausch war wirklich besonders, weil man Repekt und Empathie entwickelt, ein Teilnehmer sagte, ,das ist wie Heiliger Boden', weil ein Mensch und seine Geshichte dahintersteckt. Es war toll und ein Privileg, da hineinschlüpfen zu dürfen, die Geschichte des anderen zu hören. Spannend war auch, die eigene Geschichte aus dem Mund des anderen zu hören und vielleicht festzustellen, dass es da eine Dimension gibt, die man selbst noch gar nicht sah. Ein wirklich tolles Experiment, das hilft, Empathie und Veränderung hervorzurufen.
Vatican News: ... und aneinander zu wachsen. Dieses ,Narrative 4'-Prinzip kommt ja inzwischen in unterschiedlichen Ländern und auch schwierigen Kontexten zur Anwendung. Eine Art Schule der Empathie und des Friedens?
Odersky: Ja, tatsächlich durfte ich mit einem der ,Facilitators' des Projektes, der diese Workshops in GB leitet, sprechen. Er macht das in Gefängnissen tatsächlich. Also es werden sehr oft eigentlich sehr unterschiedliche Menschen zusammengeführt. Und das ist sehr spannend, wenn man Menschen begegnet, von denen man denkt: ,Mit der Person habe ich eigentlich nichts zu tun, mit der verbindet mich nichts.' Und plötzlich die Erkenntnis: ,Wow, irgendwo haben wir doch alle was gemeinsam, etwa, dass wir alle verletzlich sind'. Das hat mich sehr bewegt. In Großbritannien waren es Gefängnisinsassen, die mit einer Gruppe von Menschen mit körperlich oder geistigen Behinderungen ihre Geschichten geteilt haben - also es ging um verschiedene Formen der Unfreiheit. Ich glaube, dass das ein tolles Experiment für die Beteiligten gewesen sein muss.
Vatican News: Du arbeitest in Deutschland für die US-amerikanische Hilfsorganisation ,Mercy Ships', die in Afrika Gesundheitsvorsorge leistet. Was nimmst du für dich und deine Arbeit vom Jubiläum der Kommunikation hier im Vatikan mit nach Hause?
Odersky: Ich bin total darin bestätigt worden, dass Geschichten Leben und Realität verändern können, wie wichtig es ist, sich in den anderen hineinzuversetzen, und dass Geschichten der Hoffnung letztlich die sind, die etwas verändern. Es gibt so viele negative Schlagzeilen, aber wenn wir uns darauf konzentrieren, was gut läuft, wo Hoffnung ist, ist es zwar noch nicht gut, aber: es gibt eine Pespektive, es gibt eine Zukunft - ich glaube, dass das uns alle verändern wird und uns neue Ideen und Inspirationen schenken wird, um diese Welt, die ja sehr verwundet und gespalten ist, zu heilen. Und ich hoffe, dass ich in meiner Arbeit eben auch diese Geschichten erzählen kann der Heilung, und dass das andere Menschen motiviert und inspiriert und man wirklich sehen kann: es gibt Hoffnung.
Vatican News: Vielen Dank für dieses Gespräch.
(vatican news - pr)
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