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D/EU: Misereor kritisiert angekündigte Enthaltung beim Lieferkettengesetz

Das kirchliche Hilfswerk Misereor hat die angekündigte Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz scharf kritisiert. Wie Arbeitsminister Hubertus Heil am Dienstag mitteilte, werde die Bundesregierung auf Druck der FDP dem Gesetzesvorschlag im EU-Rat nicht zustimmen.

Die FDP habe einen von ihm vorgeschlagenen Lösungsweg nicht mitgetragen, so SPD-Minister Heil, der die Position der Koalitionspartei als offenbar „ideologisch motiviert“ ansieht. Damit ist es jedoch ungewiss, ob die notwendige qualifizierte Mehrheit an diesem Freitag im EU-Rat zustande kommen wird. Armin Paasch, Menschenrechtsexperte von Misereor, bezeichnete die Entscheidung als „Einknicken des Bundeskanzlers vor der Wirtschaftslobby“ und einen „Schlag ins Gesicht der Opfer von Brumadinho und Rana Plaza“:

„Statt die ideologisch motivierte Sabotage der FDP zurückzuweisen, scheut Bundeskanzler Olaf Scholz den Konflikt und verweigert Führung für Nachhaltigkeit“, so Paasch am Dienstag nach Bekanntwerden der deutschen Position. Der Kanzler lasse damit nicht nur „seinen Arbeitsminister im Regen stehen“, sondern blamiere Deutschland auch in der EU und mache deutlich, dass der „Schutz von Menschenrechten, Umwelt und Klima in der Wirtschaft“ für ihn „keinerlei Priorität“ habe, so die harsche Kritik von Misereor.  

Kompromiss war mühsam ausgehandelt worden

Die EU-Institutionen hatten sich im Dezember auf einen Kompromiss für ein Lieferkettengesetz geeinigt. Demnach sollen etwa große Unternehmen vor europäischen Gerichten zur Rechenschaft gezogen werden können, wenn es in ihren Produktions- und Lieferketten zu Kinder- oder Zwangsarbeit kommt. Der Europäische Rat als Gremium der EU-Staats- und Regierungschefs muss dem Kompromiss noch zustimmen, die Abstimmung ist für Freitag geplant. Auch andere Länder hatten Bedenken angemeldet.

Die deutsche Enthaltung sei „ein fatales Signal an alle Menschen, die weltweit von Ausbeutung, moderner Sklaverei, Vertreibung und Urwaldzerstörung betroffen sind“, so Paasch von Misereor weiter: „Ihnen soll nach dem Willen der Bundesregierung auch künftig kein Recht auf Entschädigung zustehen, wenn europäische Unternehmen ihre Menschenrechte verletzen.“ Es bleibe zu hoffen, dass „die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten am kommenden Freitag dennoch zustimmt“, schließt Paasch.

Bundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann hatten in der vergangenen Woche in einem gemeinsamen Brief ihre Ablehnung des EU-Lieferkettengesetzes bekannt gegeben. Die Initiative Lieferkettengesetz hatte in einem Briefing aufgezeigt, dass Marco Buschmann die deutsche Position bis zur Einigung der EU-Institutionen entscheidend mitgeprägt und mitgetragen hatte. Die EU-Einigung ging über die deutsche Position „letztlich nicht hinaus“, unterstreicht Misereor in dem Statement vom Dienstag.

(pm - cs)

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06. Februar 2024, 15:32