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Sommergespräche: Regina Polak

Nach Überzeugung der Wiener Theologin und Religionssoziologin Regina Polak erlebt die Menschheit derzeit grundlegende Umwälzungen: Auch Papst Franziskus gehe offenbar davon aus, „dass wir derzeit nicht nur kleine Veränderungen erleben, sondern tatsächlich einen Epochenwandel“.

Die an der Uni Wien lehrende Theologin verglich diesen in der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag“ mit dem Umbruch von der Antike zum Mittelalter oder vom Mittelalter zur Neuzeit. Verbunden sei dies mit „einem massiven Wertewandel“, mit einer Veränderung der Art, wie Wissenschaft, Welt und Wirklichkeit gedacht werden. „Und das wirkt sich natürlich auch auf Religion und Glaube aus“, so Polak in dem Interview.

Eine Glaubenskrise habe sich bereits seit den 1970er-Jahren mit dem Rückgang traditioneller Vorstellungen und Praxisformen gezeigt. Auffallend aber seien die neuesten Untersuchungen der europäischen Wertestudie, teilte die damit interdisziplinär befasste Wissenschaftlerin mit. Der Aussage „Ich glaube an Gott“ hätten seit den 1980er-Jahren in Österreich konstant etwa 75 Prozent zugestimmt. „Dieser Wert ist nach der Pandemie auf 54 Prozent eingebrochen“, sagte Polak. „Das zeigt, dass die Krise das Herzstück des Glaubens erfasst hat.“

Krise ist nach den Worten der Theologin „kein objektiver Zustand“. Ein Ereignis führe dazu, „dass alles bis dahin als selbstverständlich Wahrgenommene massiv erschüttert wird“, etwa auch die Vorstellung eines beständigen Fortschritts oder steigenden Wohlstands. Es sei eine „Kontingenzerfahrung“, dass alles, was bisher galt, plötzlich nicht mehr sicher ist. Das zwinge eine Gesellschaft und jeden Einzelnen, sich dazu zu verhalten.

Was bleiben soll, muss sich ändern

In einer Ansprache von Papst Franziskus fand Polak ein zu dieser Diagnose passendes Zitat aus dem Roman „Der Leopard“ von Giuseppe Tomasi di Lampedusa: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, muss sich alles verändern.“ Dazu Polak: „Es geht immer gleichzeitig um eine innere und äußere Veränderung. Also einerseits um die Veränderung der mentalen Einstellung, biblisch gesprochen eine innere Umkehr. Und andererseits um eine Veränderung der Strukturen, also einen engagierten Einsatz in unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen.“

In dieser Situation bedeute Hoffnung aus biblischer Sicht nicht, dass „automatisch alles gut“ werde. Vielmehr gehe es darum, „die Orientierung an Gott nicht zu verlieren, verbunden mit Widerstand und aktiver gesellschaftlicher Gestaltung“. Menschen hätten sich immer wieder für Gewalt und Zerstörung entschieden. Die akuten Krisen würden sie „alles andere als hoffnungsfroh“ stimmen, verwies die Theologin als Beispiel auf die Klimakrise, wo „wir uns schon mitten in einer Katastrophe befinden“. Aus ihrem Glauben beziehe sie jedoch die Kraft, dass es sich lohnt, sich einzusetzen, dass die biblischen Verheißungen Wirklichkeit werden, sagte Polak. „Aber es gibt keine Garantie auf ein - irdisches - Happy End!“

Das Interview mit Professorin Polak zum Nachhören gibt es an diesem Montag, 14. August, um 17.30 Uhr auf Radio Klassik Stephansdom unter www.radioklassik.at.

(kap – mg)

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14. August 2023, 10:59