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Österreich: „Armut verringern, nicht vergrößern!“

Soziale Gerechtigkeit und Schöpfungsverantwortung gehören untrennbar zusammen. Das betont der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger.

Die Ärmsten dieser Erde würden schon jetzt am meisten unter den Folgen der Klimaerwärmung leiden, warnt Rosenberger in einem Interview in der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung. Wenn man es in den reichen Ländern mit dem Klimaschutz wirklich ernst meine, müsse man den ärmeren Ländern dabei helfen, sich zu schützen. „Umweltschutz soll Armut nicht vergrößern, sondern verringern“, so der Theologe.

Die Christen müssten sich eingestehen, „dass wir unseren Glauben an den Schöpfer lange Zeit missverstanden haben, so als sei die ganze Schöpfung nur für uns Menschen da und wir könnten sie allein für unsere Zwecke nutzen“. Das habe der industriellen Ausbeutung der Natur den Weg geebnet. Dabei beinhalte der Schöpfungsglaube eigentlich, „dass Gott alle Geschöpfe liebt - auch die kleinsten und auch jene, die nur ein paar Stunden leben. Allen hat er die Erde als Lebensraum anvertraut, den sie miteinander teilen sollen“. Der Mensch sei also in erster Linie ein Geschöpf unter vielen und bilde mit ihnen allen eine „universale Familie“, wie auch Papst Franziskus betone.

Der Mensch als Hausverwalter

Zugleich habe der Mensch eine besondere Aufgabe: „Gott hat ihn zum ‚Hausverwalter‘ berufen. Aber Verwalter zu sein, verpflichtet zu einem treuhänderischen Umgang mit dem anvertrauten Gut. Was uns geliehen ist, mit dem müssen wir sorgsamer umgehen als mit eigenem Besitz.“

Heidelandschaft bei Hilversum
Heidelandschaft bei Hilversum

Papst Franziskus nenne in seiner Sozial- und Umweltenzyklika Laudato si' viele gute Gründe für den Schutz von Klima und Biodiversität, die schlichtweg der Vernunft entspringen und nicht religiös sind, so Rosenberger: „Umweltengagement hängt nicht von der religiösen Überzeugung ab“. Aber: „Franziskus betont auch, dass ein großherziges, selbstloses und nachhaltiges Umweltengagement von innen her motiviert sein muss. Es muss einer Liebe zur Schöpfung entspringen. Es braucht das Staunen und die Dankbarkeit als Grundlage.“

Umweltengagement sei letztlich nur möglich, „wenn wir spüren, dass wir nicht zu kurz kommen, auch wenn wir auf manches verzichten“. Und genau diese inneren Einstellungen seien das Erbe der Religionen, so der Theologe. Franziskus biete sie allen Menschen an, die dafür offen sind.

Weniger Konsum, mehr Lebensqualität

Papst Franziskus betone immer wieder, „dass ein Leben mit etwas weniger Konsum und materiellen Ansprüchen nicht schlechter, sondern letztlich sogar besser ist“. Der Papst spreche sehr oft von der Erneuerung des Lebensstils. Rosenberger: „Franziskus lädt uns zu einem Lebensstil ein, der zu intensiverer Freude und größerem Genuss führt, indem wir weniger konsumieren und besitzen. Sein Grundgedanke ist, dass alles, was wir besitzen, viel von unserer Lebensenergie und von unserer Zeit auffrisst. Wenn wir also weniger besitzen, bleibt uns mehr Zeit, das Leben, die Begegnungen mit den Mitmenschen und mit der Natur zu genießen. Wir sind freier und zufriedener, gerade weil wir uns weniger um materielle Dinge kümmern müssen.“

Im Park von Sanssouci bei Potsdam
Im Park von Sanssouci bei Potsdam

Die Klimakonferenz von Paris 2015 habe sich vorgenommen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Dafür brauche es technische Maßnahmen wie den Umstieg auf erneuerbare Energien, bessere Wärmedämmung und sparsamere Maschinen. Mehr noch brauche es aber „soziale Effizienz, also den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel, den Einkauf regionaler, saisonaler und ökologischer Produkte und das gemeinsame Besitzen jener Dinge, die wir nur selten brauchen, wie z. B. den Rasenmäher oder die Heckenschere". Vor allem aber braucht es "einen gewissen Verzicht, nämlich auf jene Verhaltensweisen im Freizeitbereich, die besonders umweltschädlich sind. Da werden wir, so schwer es uns zunächst fallen mag, um eine Beschränkung nicht herumkommen“.

Die Kirche müsse glaubwürdig vorleben, was sie verkündet, und mit Initiativen für Umwelt und Soziales so eng wie möglich kooperieren. Nichtkirchliche Organisationen dürften nicht als Konkurrenz oder gar Gegner gesehen werden, sondern als Verbündete.

(kap – sk)

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10. August 2023, 11:29