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•	Die aktuellen Novizen in Tortona (9 Brüder) und der kommende Jahrgang aus den Postulaten in Lendinara (Provinz Veneto, 10 Postulanten) und Sanluri (Provinz Sardinien, 5 Postulanten) mit einigen Ausbildern bei einem Treffen in Tortona Ende Mai [Bild: Kapuziner] • Die aktuellen Novizen in Tortona (9 Brüder) und der kommende Jahrgang aus den Postulaten in Lendinara (Provinz Veneto, 10 Postulanten) und Sanluri (Provinz Sardinien, 5 Postulanten) mit einigen Ausbildern bei einem Treffen in Tortona Ende Mai [Bild: Kapuziner] 

Neues Noviziat der Kapuziner in Tortona: Erfahrung der Gemeinschaft

Die Kapuziner-Postulanten aus der Deutschen Provinz, die ins Noviziat eintreten wollen, müssen dafür in Zukunft ihre Italienischkenntnisse auffrischen: Denn ab September werden Brüder aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Österreich, aber auch aus der Slowakei, Frankreich, Kroatien und Italien gemeinsam im italienischen Tortona diesen Ausbildungsabschnitt absolvieren. Bruder Harald Weber ist dort mit fünf anderen Brüdern als einziger Deutscher dauerhaft stationiert.

Christine Seuss - Vatikanstadt

Bruder Harald sieht es als positiv, dass die jungen Novizen mit dieser Lösung in einer größeren Gemeinschaft ihre Ausbildung fortsetzten können. Mit der Zusammenlegung des Noviziats auf europäischer Ebene reagiere man letztlich auf zwei Bewegungen, sagt er im Gespräch mit Radio Vatikan.

„Das eine ist, dass wir in der deutschsprachigen Ausbildung seit vier Jahren beschlossen haben, das Noviziat nicht mehr selber durchzuführen. Früher war es in Salzburg für den deutschsprachigen Raum, allerdings wurden es immer weniger Novizen dort, und mit zwei Novizen - oder auch mal nur einem Novizen oder dann auch wieder vieren - ist es schwierig, die Ausbildung stabil durchzuführen.“

Deshalb habe man beschlossen, die Brüder für das Noviziat nach Italien zu schicken, wo sie zunächst zu Gast im Kloster in Camerino waren, einem der ältesten Kapuzinerkonvente überhaupt. Dort war auch lange das Noviziat für Zentralitalien angesiedelt. Aus der Deutschen Provinz haben dort bislang bereits zwei Jahrgänge von Novizen ihre Ausbildung bestritten.

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„Und die andere Bewegung ist, dass wir als Kapuzinerorden festgestellt haben, dass in Europa insgesamt die Zahlen rückläufig sind und dass wir an dieser Stelle mehr zusammenarbeiten wollen und müssen. Und die erste Entscheidung, die dahingehend jetzt von der Generalleitung getroffen wurde, ist, dass es in Zukunft in ganz Europa nur noch zwei Noviziate geben soll, die beide in Italien sind.“

Br. Harald Weber OFMCap [Bild: Kapuziner/Lemrich]
Br. Harald Weber OFMCap [Bild: Kapuziner/Lemrich]

Eines davon liegt im süditalienischen Murano Calabro, während das andere im norditalienischen Tortona sitzt. „Wir haben uns dafür entschieden, uns bei dieser norditalienischen Lösung anzuschließen. Und mit meiner Person sind wir jetzt auch die ersten, die von außerhalb Italiens einen Ausbilder dort mit hinschicken. Es ist aber der Wunsch und das Bestreben insgesamt, dass diese Ausbildungskonvente immer internationaler besetzt werden“, erläutert Bruder Harald, einziger fest stationierter deutscher Kapuziner unter Italienern in Tortona, der in Salzburg auch Ausbildungsleiter für die deutsche Kapuzinerprovinz war.

Immer internationaler aufgestellt

16 Postulanten gibt es bei den Kapuzinern in Europa derzeit, die ab September ihren zweiten Ausbildungsabschnitt, das Noviziat, in Italien antreten sollen. Einer von ihnen, Brian, ist Deutscher, der sich derzeit am Standort im italienischen Lendinara auf das Noviziat in seiner neuen Form vorbereitet. Generell sei angedacht, dass deutsche Postulanten die Hälfte ihres Postulates in Italien verbringen werden, um die italienische Sprache zu lernen, erläutert Br. Harald. Für ihn ist es grundlegend, dass die künftigen Novizen in einer größeren Gruppe, in der gleichen Lebens- und Ausbildungssituation steckend, miteinander in den Austausch treten können:

„Das erfahren wir einfach als sehr wichtig, weil die Ausbildung in den Kapuzinerorden ja eine Ausbildung in die Brüdergemeinschaft hinein ist und diese Dynamik von miteinander leben und sich austauschen da sehr hilfreich ist. Das kann ja nicht so gut eingeübt werden, wenn man als einzelner Junger in einer älteren Gruppe sitzt. Wir erhoffen uns also sehr viel davon, dass die Ausbildung in größeren Gruppen von Gleichaltrigen geleistet werden kann. Und wenn wir diesen Weg weiterverfolgen, erhoffe ich mir auch, dass eine Generation von Kapuzinern in Europa heranwächst, die sich gegenseitig kennen und vernetzen können. Denn wenn der Rückgang - zumindest sieht es so aus - so weitergeht, dass in den einzelnen Ländern später jeweils nur noch zwei oder drei Klöster sein werden, dann müssen die sich auf Europaebene kennen und miteinander diese Zukunft gestalten.“

Br. Harald mit Postulant Brian Thomas in der Bibliothek des Salzburger Kapuzinerklosters [Bild: Kapuziner/Rauser]
Br. Harald mit Postulant Brian Thomas in der Bibliothek des Salzburger Kapuzinerklosters [Bild: Kapuziner/Rauser]

Doch trotz des spürbaren allgemeinen Rückgangs an Berufungen fühlten sich nach wie vor immer wieder junge Menschen von der franziskanischen Spiritualität angezogen und versuchten sich an einem Leben im Kloster, berichtet Bruder Harald erfreut. „So wie ich jetzt auch unsere letzten Jahrgänge erlebe, steht dahinter vor allem die Sehnsucht, ein Leben in der Beziehung zu Gott zu führen, also in der Christus-Beziehung das eigene Leben auszurichten und dem Raum zu geben. Und ich glaube, das ist auch die Grundvoraussetzung, dass so ein Leben gelingen kann,“ meint der Kapuziner. „Und das will ich aber auch nicht allein tun, sondern da bin ich froh, wenn ich mich mit anderen auf dem Weg mache und wir uns miteinander der Situation in der heutigen Zeit vor Ort stellen und uns fragen, wie wir das gestalten können als - ja - als Christusnachfolger in den Fußstapfen des heiligen Franziskus. Also auch mit einem einfachen Lebensstil und mit einer großen Verbundenheit zu den Menschen, insbesondere zu den Armen, unser Leben zu gestalten.“

Einfacher Lebensstil und Verbundenheit zu den Menschen

Dabei gehe das Zugehörigkeitsgefühl weit über nationale Grenzen hinaus, denn die Abläufe in den einzelnen Klöstern seien doch trotz aller Unterschiede relativ ähnlich, gibt Bruder Harald angesichts der nun erfolgten europäischen Zusammenlegung des Noviziats zu bedenken:

„Ich glaube, das zeichnet uns auch ein bisschen aus, dass wir sehr unterschiedliche Typen und Männer sind und trotzdem immer ein Gefühl und eine Ahnung davon haben, dass wir an der gleichen Sache dran sind und da zusammenpassen.“

Für die nachfolgende Generation, die jetzt ausgebildet werde, erhoffe er sich, dass diese in den kommenden Jahren aktiv ihre Zukunftsprojekte gestalten und entscheiden könnten, wofür die Kapuziner in Deutschland und in Europa stehen wollen. „Und da setzen wir uns für ein. Das hängt jetzt nicht davon ab, ob wir in Europa noch 1500 oder 400 Brüder sind, sondern dass wir dort, wo wir leben, authentisch und sehr lebendig – denn das müssen wir ja selber als lebendig erfahren - dieses Leben gestalten können.“

Das Gefühl einer lebendigen Gemeinschaft

Jüngere Brüder, die neu einträten, gäben als Grund für ihre Wahl des Ordens nicht umsonst auch das Gefühl an, dort eine lebendige Gemeinschaft vorzufinden, betont Bruder Harald. Grundsätzlich sei die franziskanische Spiritualität aber auch von starker Aktualität: „Wenn wir die die Auseinandersetzung mit der Klimakrise sehen, dann müssten wir uns eigentlich noch viel stärker damit positionieren, dass wir diese Verbindung zur Schöpfung haben als franziskanischer Orden.“

Seit zehn Jahren sei er nun schon als Ausbilder in der Deutschen Provinz tätig gewesen, das gemeinsame Noviziat in Tortona sei nun ein völlig neuer Abschnitt, erklärt Bruder Harald noch: „Das ist ein Projekt, was langsam wächst. Die Schwierigkeiten, die wir erleben, haben ja viel damit zu tun, auch eigene Dinge loslassen zu müssen und sich auf etwas Gemeinsames einzulassen. Da merke ich, das geht so Schritt für Schritt. Einerseits fällt es den italienischen Brüdern manchmal schwer, jemanden anderen mit rein zu lassen. Und uns fällt es schwer, unsere deutsche Tradition ein bisschen loszulassen und zu sagen, wir machen das jetzt im italienischen Stil mit und versuchen uns da einzubringen. Und ich hoffe, dass das einfach weiterwächst und in Zukunft auch immer noch interkultureller wird, so dass wir uns mit unseren Eigenheiten hier einbringen können. Dazu könnte auch gehören, dass vielleicht die Sprachplattform sich irgendwann nicht mehr nur auf Italienisch begrenzt, sondern zunehmend auch italienische Brüder Englisch lernen, um anderen, die aus anderen Ländern kommen, es noch mal einfacher machen zu können, anzukommen. Also ich sehe, wir sind da am Anfang eines Weges und ich bin froh um jeden einzelnen kleinen Schritt, den wir machen. Und da ist jetzt mein Umzug hier nach Tortona einer von vielen Schritten, die diesen Weg kennzeichnen und wo noch andere folgen müssen.“

Hintergrund

Tortona ist eine alte Bischofsstadt etwa auf halber Strecke zwischen Mailand und Genua mit rund 27.000 Einwohnern. Früher war das dort gelegene Kloster ein Exerzitienhaus. Im Noviziat wird Grundwissen über die Geschichte und Spiritualität des Ordens vermittelt, wobei Fragen des Zusammenlebens und Arbeitens im Alltag, aber auch die Auseinandersetzung mit den Heiligen und dem Charisma des Ordens auf der Tagesordnung stehen. Insbesondere setzen sich die Novizen mit den franziskanischen Gelübden der Armut, der Ehelosigkeit und des Gehorsams auseinander. Am Ende dieses Jahres binden sich die Kandidaten in einem feierlichen Versprechen (Profess) vorläufig an den Orden, bevor sie später dann die Ewige Profess ablegen.

(vatican news)

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12. Juli 2023, 11:49