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Papst Franziskus mit dem orthodoxen Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. Papst Franziskus mit dem orthodoxen Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I.  (Vatican Media)

„Wichtiger Schritt im katholisch-orthodoxen Dialog“

„Synodalität und Primat im zweiten Jahrtausend und heute“: Zu diesem Thema haben katholische und orthodoxe Theologen Anfang Juni ein Grundlagenpapier verabschiedet. Eine katholische Theologin wertet das als „sehr wichtigen Schritt“.

Die Professorin Theresia Hainthaler gehört selbst der „Internationalen Kommission für den Theologischen Dialog zwischen der Römisch-katholischen Kirche und der Orthodoxen Kirche“ an. Diese Kommission hat das Dokument auf ihrer jüngsten Vollversammlung in Alexandria abgesegnet.

Das Dokument biete einen Durchgang durch die Kirchengeschichte, fokussiert auf Synodalität und Primat, so Hainthaler gegenüber der Stiftung „pro oriente“. Dabei würden viele „Hintergründe der Entwicklung klar“, und das trage hoffentlich „zum gegenseitigen Verständnis“ bei.

Kirche ist weder Pyramide noch Föderation

Auch wenn das Thema im Grunde so breit sei, dass es einen oder mehrere Bände benötigen würde, biete das Dokument, an dem von 2018 an intensiv gearbeitet worden sei, nun einen Überblick und verdeutliche wesentliche Züge. „Die lange und vielfältige Überarbeitung ist zu einem Schlusspunkt gekommen, der akzeptabel ist“, so das Fazit Hainthalers.

Orthodoxe Bischöfe auf Zypern
Orthodoxe Bischöfe auf Zypern

Die Dialogkommission hält in dem Konsensdokument fest, dass die Kirche weder als Pyramide verstanden werden könne, in der ein Primas von der Spitze aus regiert, noch als eine Föderation autarker Kirchen. Die historische Untersuchung der Synodalität und des Primats im zweiten Jahrtausend habe gezeigt, „dass beide Ansichten unangemessen sind“.

Primat - mehr als ein Ehrentitel

Ebenso sei klar geworden, dass für römisch-katholische Christinnen und Christen Synodalität nicht ausschließlich im Sinne von Beratung zu verstehen sei, und für orthodoxe der Primat mehr sei als nur ein Ehrentitel. Synodalität und Primat müssten aus theologischer Sicht als „miteinander verbundene, komplementäre und untrennbare Wirklichkeiten“ gesehen werden.

„Antiökumenische Positionen“

Darauf angesprochen, dass im Kommuniqué davon die Rede ist, dass die georgische orthodoxe Kirche bei einigen Punkten des Dokuments nicht zustimmen konnte, erläuterte Hainthaler, dass die Probleme der Vertreter der georgischen Kirche grundsätzlicher Natur seien. Die Kirche sei der Meinung, dass die Einheit der Kirche (von Christus) vorgegeben und die Kirche nicht gespalten sei. Daher könne es auch kein Bemühen geben, die Einheit wiederherzustellen. Es gebe nur die eine Kirche des Glaubensbekenntnisses, welche in dieser Sicht allein die orthodoxe Kirche sei.

Orthodoxe Kirche in der georgischen Hauptstadt Tiflis
Orthodoxe Kirche in der georgischen Hauptstadt Tiflis

Die Georgier würden damit die Position antiökumenischer Kräfte ins Wort bringen, die es in allen orthodoxen Kirchen in unterschiedlicher Stärke gebe. Hinzu komme, dass die bisherigen Dokumente im orthodox-katholischen Dialog zum Teil kaum bekannt seien.

Innerorthodoxe Herausforderungen

Hainthaler bedauerte auch, dass die Kirchen von Antiochien, Moskau, Serbien und Bulgarien keine Vertreter nach Alexandria entsandt hatten. Dabei habe ein Vertreter von Moskau noch am Entwurf in der Subkommission mitgearbeitet und ein Vertreter Serbiens nicht nur in der Subkommission, sondern auch im Koordinationsausschuss. Aufgrund einer panorthodoxen Übereinkunft gelte aber, dass der Dialog fortgesetzt wird, wenn eine einzelne Kirche keine Vertreter zu einer Sitzung entsendet – es sei denn, es gäbe eine panorthodoxe Entscheidung dazu. Das Dokument sei daher als solches gültig, auch ohne die Anwesenheit der Kirchen von Antiochien, Moskau, Serbien und Bulgarien bei dessen Verabschiedung.

Kardinal Kurt Koch ist der Ökumene-Verantwortliche im Vatikan
Kardinal Kurt Koch ist der Ökumene-Verantwortliche im Vatikan

Sie glaube auch nicht, so Hainthaler, dass es in dem Dokument Punkte gebe, die inhaltlich für einzelne Kirchen problematisch sein könnten. "Die Texte werden freilich aus unterschiedlicher Perspektive gelesen und ausgelegt, auch auf die je heutige Situation, und da kann es sein, dass man vielleicht eine Änderung einer Formulierung wünscht oder eine Hinzufügung", so die Theologin. Nachsatz: „Das ist das Risiko, wenn eine Kirche nicht vertreten ist.“ Hainthaler brach eine Lanze für die verstärkte Rezeption der Konsensdokumente, sowohl auf orthodoxer wie katholischer Seite.

Sieben Konsensdokumente

Nach der Verabschiedung des Dokuments zu Synodalität und Primat werde sich die Kommission nun laut Hainthaler dem Dokument „Towards Christian Unity“ zuwenden. Das Dokument liege in einer umfassenden Erstfassung schon seit 2018 vor. Darin würden die Früchte gesammelt, die der ökumenische Dialog bisher vorzuweisen hat, die noch offenen Fragen benannt, die der Einheit entgegenstehen, sowie Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt. Der Koordinationsausschuss werde 2024 diesen Entwurf bearbeiten und dann der Vollversammlung vorlegen, so Hainthaler.

Der offizielle theologische bilaterale katholisch-orthodoxe Dialog wurde 1980 aufgenommen. Inklusive Alexandria haben bisher 15 Vollversammlungen der Dialogkommission stattgefunden, die je 30 katholische und orthodoxe Mitglieder hat. Die letzte Vollversammlung vor Alexandria fand 2016 im italienischen Chieti statt. Den Vorsitz über die Dialogkommission teilen sich Kardinal Kurt Koch, Präfekt des Dikasteriums zur Förderung der Einheit der Christen, und Metropolit Job (Getcha) von Pisidien vom Ökumenischen Patriarchat.

Sieben Konsensdokumente konnten bisher von der Dialogkommission veröffentlicht werden; das erste von 1982 behandelte „das Mysterium der Kirche und der Eucharistie“.
 

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23. Juni 2023, 11:04