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Jesus Christus Jesus Christus 

Unser Sonntag: Von der Schwierigkeit, zu glauben

Prof. Dr. Dr. Weimann erläutert, dass heute irrtümlich der Zweifel als etwas Gutes dargestellt wird. Das, so der Theologe, sei ein falsches Verständnis von Glauben.

Prof. Dr. Dr. Ralph Weimann

Joh 14, 1-12 Lesejahr A

Fünfter Sonntag in der Osterzeit

Liebe Brüder und Schwestern,

das Evangelium ist frohe Botschaft, weil uns dadurch der Weg zum ewigen Leben gezeigt wird. Jesus Christus ist als wahrer Mensch und wahrer Gott in diese Welt gekommen, um uns durch die Kraft Gottes den Weg zum Himmel zu öffnen. Diese Botschaft ist eine Herausforderung an die Menschen aller Zeiten.

Hier die Betrachtung mit Prof. Weimann zum Nachhören]

Der Evangelist Johannes beschreibt, dass selbst die Jünger – also jene Auserwählten, die den Herrn für drei Jahre begleitet haben, die die Wunder und Krankenheilungen gesehen haben und vieles mehr – Schwierigkeiten hatten, zu glauben. Sie waren verunsichert, haben nachgefragt und den Herrn gebeten, ihnen Klarheit zu verschaffen. Trotz der Nähe zu Jesus Christus, die sie drei Jahre lang erfahren konnten, war es für sie nicht immer einfach das, was der Herr sagte, zu verstehen. Und genau davon spricht das heutige Evangelium.

Jesus, der gute Pädagoge

Wie ein guter Pädagoge führt der Herr die Jünger nach und nach zum Verstehen. Er passt sich ihnen dabei nicht an, noch verzichtet er darauf, die Wahrheit des Glaubens darzulegen, wohl aber holt er sie ab, wo sie sind, um sie zu sich zu führen.

So hatte Jesus Christus schon vor seinem Leiden, Tod und Auferstehung den Jüngern alles vorausgesagt, was mit ihm geschehen würde. Als wahrer Gott war ihm nichts verborgen, er kannte das Verborgene im Menschen (vgl. Joh 2,24). Selbst die Zeit – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – sind in Gott gegenwärtig. Daher wusste er sehr wohl, was passieren würde, schließlich hat er für uns und unser Heil die Hingabe seiner selbst am Kreuz freiwillig auf sich genommen. Er hat vor den Augen der Jünger große Zeichen und Wunder gewirkt, damit sie seine Sendung begreifen und an ihn glauben. Und doch waren sie verunsichert, sie konnten nicht so recht glauben, was der Herr über das ewige Leben sagt.

Daher geht der Herr auf sie zu und sagt zu ihnen: „Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich!“ (Joh 14,1).

Der Glaube an Gott

Der Herr hatte also gemerkt, dass die Jünger Zweifel im Herzen trugen. Dabei ist der Zweifel im Hinblick auf den Glauben an Gott keineswegs etwas Gutes, ganz im Gegenteil. Heute wird irrtümlich der Zweifel als etwas Gutes dargestellt, dabei wird aber von einem falschen Verständnis des Glaubens ausgegangen. Der Glaube ist nicht eine Theorie, die man hinterfragen sollte, sondern der Glaube ist die Antwort des Menschen an Gott, der sich in Jesus Christus geoffenbart hat. Wenn diese Antwort aus einem Zweifel besteht, dann ist es keine Antwort und damit kein Glaube. Wenn man nämlich Gott gegenüber zweifelt, dann zweifelt man an seiner Person, die man folglich nicht annimmt.

Ein Vergleich mag hilfreich sein, um das Gesagte besser zu verstehen. Wenn in einer Ehe die Eheleute alles, was der jeweilige Partner tut, in Frage stellen, dann fehlt das Grundvertrauen, das für ein gemeinsames Leben notwendig ist. Derartige Zweifel zerstören das Miteinander, zerstören die Beziehung. Man behebt den Zweifel dadurch, dass man ihn so bald als möglich beseitigt. Je mehr jemand zweifelt, desto mehr nimmt das Vertrauen Schaden.

Vertrauen auf Gott

Das Gesagte gilt in besonderer Weise im Hinblick auf Gott. Wenn man ihm nicht traut, vor allem im Hinblick auf das ewige Leben, wie will man dann dorthin gelangen? Dem Herrn ist diese Schwierigkeit bewusst, daher geht er auf die Jünger zu und rät ihnen, den Zweifel durch das Vertrauen auf ihn zu überwinden: „Glaubt an Gott, und glaubt an mich!“ (Joh 14,1). Er fügt erläuternd hinzu, wie es sich mit dem ewigen Leben verhält, dass er einen Platz vorbereitet (vgl. Joh 14,2) und dass er wiederkommen wird (vgl. Joh 14,3). Nachdem Jesus Christus all das erklärt hat, spricht er über den Himmel und sagt: „Und wohin ich gehe – den Weg dorthin kennt ihr“ (Joh 14,4).

In diesem Moment meldet sich der Apostel Thomas zu Wort, der einen ähnlichen Zweifel nach der Auferstehung wiederholen sollte. Er sagt: „Herr, wir wissen nicht, wohin du gehst. Wie sollen wir dann den Weg kennen?“ (Joh 14,5). Der Apostel Thomas verkörpert geradezu den modernen-aufgeklärten Christen. Er hinterfragt, zweifelt und will sich keineswegs allein auf jene Erkenntnis stützen, die sich auf den Glauben an Gott beruft, sondern sucht nach anderen Sicherheiten.

Das ewige Leben kommt durch Jesus Christus

Wieder lässt der Herr die Jünger nicht mit dem Zweifel zurück, zumal er weiß, wie zerstörerisch sich der Zweifel auswirkt. Vielmehr antwortet er dem Apostel Thomas: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich. Wenn ihr mich erkannt habt, werdet ihr auch meinen Vater erkennen“ (Joh 14,6-7).

Diese Antwort mag verblüffen. Keine lange und komplizierte Erklärung, kein Ausweichen, kein Beschwichtigen, sondern eine erfrischende Klarheit. Vielleicht hatte der Apostel Thomas damit gerechnet, auf eine so komplexe Frage eine ausgiebige Antwort zu erhalten, eine Erklärung, was zu tun ist und wie er den Weg zum ewigen Leben finden könne. Doch der Herr antwortet mit jener Klarheit, die immer Ausdruck des Heiligen Geistes ist, der kein Geist der Verwirrung ist, sondern der „Geist der Wahrheit“ (Joh 16,13). Überraschend einfach sagt er: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich“ (Joh 14,6).

Christus hat Worte des ewigen Lebens

An dieser Stelle zeigt sich das Eigentliche des Christlichen: es geht darum Jesus Christus im Glauben anzunehmen, denn nur er hat „Worte des ewigen Lebens“ (Joh 6,68), denn er ist das Leben. Wer ihn erkennt und die Wahrheit, die er geoffenbart hat, annimmt, der wird eingehen in das Leben. Der Apostel Paulus hat dies im Brief an die Galater wie folgt beschrieben: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen“ (Gal 3,27).

Die eigentliche Schwierigkeit, die sich hier zeigt, lässt sich in der Frage zusammenfassen: „Für wen halten die Menschen den Menschensohn?“ (Mt 16,13). Damals wie heute war das Bewusstsein wer Jesus Christus ist, nicht immer vorhanden. Auch die Jünger sahen in Ihm sicherlich einen guten Menschen, jemanden, der besonders war, aber vielleicht blieb doch ein letzter Zweifel.

Wahrer Gott und wahrer Mensch

Nachdem der Apostel Thomas seine Zweifel geäußert hatte, meldet sich Philippus zu Wort. Er knüpft an dem an, was er zuvor gehört hatte. Spontan sagt er: „Herr zeige uns den Vater; das genügt uns“ (Joh 14,8). Philippus bittet darum, Gott Vater sehen zu dürfen und fügt hinzu: „das genügt uns.“ Ob er die Tragweite seiner Bitte verstanden hatte, oder ob er ein übergroßes Vertrauen auf den Herrn hatte, wissen wir nicht. Auf jeden Fall war es Mose zwar vergönnt, die Herrlichkeit Gottes zu sehen, aber nicht Gott selbst, denn der Herr sprach zu ihm: „Du kannst mein Angesicht nicht schauen; denn kein Mensch kann mich schauen und am Leben bleiben“ (Ex 33,20). Und im Johannesevangelium heißt es: „Niemand hat Gott je gesehen“ (Joh 1,18).

„Die unmittelbare Schau Gottes ist für den Himmel vorbestimmt und es bedarf einer besonderen Gnade, um Gott zu sehen, wie er ist.“

Die unmittelbare Schau Gottes ist für den Himmel vorbestimmt und es bedarf einer besonderen Gnade, um Gott zu sehen, wie er ist. Jesus Christus sprengt in gewisser Weise diesen Rahmen. Er ist Mensch geworden, damit wir durch sein Angesicht, das Angesicht des Vaters sehen. Er ist das Licht, das in der Finsternis leuchtet (vgl. Joh 1,5), aber auf eine solche Weise, dass wir es ertragen können, dass wir es annehmen können.

Daher weist der Herr Philippus schroff zurück und sagt: „Schon so lange bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen“ (Joh 14,9). Geht es nicht auch uns wie Thomas und Philippus? Wir begegnen Jesus Christus in der hl. Eucharistie doch sehen wir nicht den Vater. Wir empfangen die Sakramente, doch begegnen wir in ihnen Gott?

Der Zweifel beschädigt oder zerstört die Beziehung zu Gott, ihn gilt es zu meiden. Aber auch das genügt nicht, denn den Christen zeichnet aus, dass er sein Vertrauen ganz auf Gott setzt. Dieser Gott kommt uns in Jesus Christus entgegen, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (vgl. Joh 14,6).

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

 

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06. Mai 2023, 09:41