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Der Einzug Jesu in Jerusalem - Palmsonntag Der Einzug Jesu in Jerusalem - Palmsonntag 

Palmsonntag: Einladung zur Stille

In dieser ersten Betrachtung von Isabelle Velandia geht es um den Spannungsbogen auf Ostern hin: Jesus hat seine Jünger vorbereitet. Velandia ruft uns dazu auf, die Zeit zu nutzen - der Einzug in Jerusalem sei eine Einladung, auch still zu werden und zu hören und Raum zu schaffen, in dem wir gerade das, was schwierig ist annehmen können.

Heute ist der Tag gekommen, an dem uns die Kirche einlädt, in das Leiden Jesu mit einzutreten, also wir sind auf dem Weg nach Jerusalem.

Und es ist gut zu wissen, was vorher geschah - in welcher Situation befinden wir uns? Jesus ist mit seinen Jüngern unterwegs und er hat die, die ihm am nächsten stehen, seine Jünger, seine Freunde, versucht, auf diese besondere Situation seines Sterbens, seines Leidens und seiner Auferstehung vorzubereiten.

Hier die Betrachtung zum Nachhören

Bevor also dieser Einzug auf dem Esel geschieht, den Jesus selber vorbereitet, hat er seine Jünger schon darauf vorbereitet und kündigt sein Leiden an. Das heißt, die Jünger gehen nicht ganz unvorbereitet in diese Situation hinein.

„Für wen halten mich denn die Menschen?“

Die erste Leidensankündigung ist, als er fragt: „Für wen halten mich denn die Menschen“? Petrus ist es, der antwortet und sagt: „Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Daraufhin offenbart Jesus ihm seine Aufgabe: „Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen.“ Nach dieser Szene spricht Jesus direkt offen von seinem Leidensweg. Die Jünger wissen sicherlich, was das bedeutet. Und es gibt eine zweite Szene, in der Jesus wiederholt seinen Jüngern sagt: „Der Menschensohn muss leiden und sterben und auferstehen.“

Die Betrachtung zum Sonntagsevangelium im Video

Bei dem zweiten Mal werden die Jünger traurig. Sie sind betroffen, dass sie nicht mehr mit dem, der ihnen so nahe steht, der sie bewegt hat, der sie auch dazu bewegt hat, ihr Leben zu ändern, ihm nachzufolgen, dass sie diesen Menschen nicht mehr sehen werden.

Die dritte Leidensankündigung geschieht nun direkt, unmittelbar vor Jerusalem. Jesus sagt: „Jetzt!“ Jetzt ist es so weit, jetzt ziehen wir nach Jerusalem ein. Es gibt einen Spannungsaufbau und er sagt deutlicher, was das Leiden bedeutet: Geißelung, Kreuzigung und dann die Auferstehung.

Drei Leidensankündigungen

So können wir uns besser vorstellen, in welcher Verfassung die Jünger sind. Jesus ist also nun da, er überlegt vorher: wie komme ich da rein, wie komme ich nach Jerusalem? Er lässt sich einen Esel bringen, ein demütiges Tier, ein einfaches Reittier. Er schreitet nicht als der große herrschende König in Jerusalem ein, sondern er kommt einfach, langsam und still, könnte man sagen. Jedenfalls erfährt man vom Evangelisten nichts über eine Äußerung Jesu während des Einzugs.

Jesus sagt seinen Jüngern nur: Bitte bringt mir eine Eselin! Und die Jünger machen es so. Daraufhin zieht Jesus ein mit seinen Jüngern an der Seite, und er wird empfangen von einer jubelnden Menge. Das sind die Bewohner von Jerusalem, der großen Stadt.

Große Erwartungen

Das ist schon etwas Besonderes, dass hier ein Jubel kommt aus Jerusalem und er wird begrüßt mit dem Wort Hosianna, Hosianna! Dem Jubelruf, ein alter Jubelruf, der immer auch ein Heilsruf gewesen ist. Und da klingt diese lange Sehnsucht des Volkes Israel nach dem Messias durch. Die messianische Erwartung ist sehr alt und immer wieder aufgekommen, wieder erneuert worden. Und nun kommt also dieser Jesus, ein Prophet, und der - so hoffen die Menschen - könnte jetzt die Rettung bringen. Mit Rettung, nach dem Verständnis der damaligen Juden, ist natürlich auch der Frieden des Landes gemeint, und eine politische Situation des Friedens, die erwartet wird.

Jetzt wird die Situation interessant: die Einfachheit des Einzugs Jesu ruft eine Spannung hervor. Jesus, der seinen Weg kennt, ihn aber noch nicht gegangen ist, weiß um den Willen des Vaters und er weiß, dass es kein leichter Weg ist. Die Jünger hat er vorbereitet. Also da ist eine Spannung, da braut sich was zusammen. Und auf der anderen Seite dieser Jubel, die Erwartung an die Allmacht Gottes. Dahinter steht auch das Gottesbild des Retters, die Erwartung endlich gerettet zu werden, endlich sozusagen „Ruhe zu haben“ und Frieden zu haben. Diese Spannung zeigt uns heute dieses Bild des Einzugs Jesu nach Jerusalem.

Jubel und Spannung 

Jesus selbst kündigt an, wer kommt. Er sagt: „Es ist der König, der zu dir kommt, Israel.“ Und dieser König ist sanftmütig. Das ist auch sehr schön zu erkennen. Wer ist dieser Gott? Er ist eben nicht der große Herrscher. Er ist anders zu erkennen. Ihm ist anders zu begegnen als dem Gott, der Israel aus Ägypten befreite, mit hoch erhobenem Arm.  Das war sozusagen eine große Geste. Das waren die großen Gesten an Israel. Und jetzt kommt diese stille Geste, diese Sanftmut, die Jesus nur durch diesen einen Begriff ankündigt.

Wir erfahren dann noch von der Reaktion der Stadt. Die ganze Stadt Jerusalem erbebte. Das ist auch sehr bildhaft gesprochen. Das heißt, es tut sich etwas. Aber man versteht nicht, was passiert. Und, wie gesagt, es gibt Leute, die ihn empfangen, die vor ihm hergehen, die, auch wenn sie nicht verstehen, ihn aufnehmen und ihn gleich auch loben. „Gesegnet sei, der kommt im Namen des Herrn.“

Auf dem Weg nach unten

Da spricht einfach das Vertrauen darauf, dass das doch jetzt vielleicht der Messias ist, auch wenn sie ihn nicht erkennen und nicht wissen, dass er der sanftmütige Gott ist. Sie kennen noch nicht die Erniedrigung Gottes, zu der wir ja auch jetzt eingeladen sind und die wir auch jetzt eingeladen sind auf dem Weg Jesu zu betrachten. Er ist ja sozusagen auf dem Weg „nach unten“. Er geht nach Jerusalem hoch, auch wenn von der Landschaft her Berge drumherum sind.

Und er geht hoch, aber eigentlich geht sein innerer Weg, sein Lebensweg, der geht nach unten in die Erniedrigung. Und dieses Evangelium stellt uns auch selbst vor die Frage: Was haben wir für eine Erwartung an Gott? Wie empfangen wir ihn? Wer ist Gott?

Und wir werden auch mit einem Kontrast konfrontiert: manchmal haben wir die Erwartung, dass uns Gott doch bitte aus diesem Schlamassel, aus diesen Schwierigkeiten, die wir haben, rausholen soll. Das ist auch ein Ringen. Und auf der anderen Seite das Bild: der Weg Jesu, der vorgezeichnete Weg der Erniedrigung, der Demut, der Hingabe. Jesus gibt sein Leben hin, damit wir leben.

Mehr als nur eine Geschichte

Das ist aber nicht nur eine Geschichte, sondern es ist ein Vorbild und in diesem Sinne auch ein Licht und ein Wegweiser für den eigenen Weg und für den Umgang mit Schwierigkeiten. Der Weg auf Ostern zu ist also kein einfacher Weg. Der Weg auf Ostern zu ist unbequem. Es ist noch nicht so ganz deutlich, aber wir wissen es ja schon. Es ist ein Weg, der die menschliche Logik umdreht. Es ist ein Weg des Kreuzes in diesem Sinne, dass der, der sich erniedrigt, erhöht wird. Aber dafür ist die Erniedrigung eben notwendig. Und sie ist nicht eine Erniedrigung nur aus einer Übung heraus, sondern sie ist die Bewegung Gottes, eine Bewegung aus Liebe. Für uns hat er sich erniedrigt. Deswegen ist der Weg nach Ostern zwar unbequem, aber er ist eben der Weg der Liebe Gottes.

Das bringt uns auch an unsere eigenen Grenzen. Und da ist es gut, weil genau an diesen Grenzen, an der Erfahrung der Ohnmacht, haben wir die Möglichkeit, Gott zu begegnen, ihm neu zu begegnen. Deswegen ist diese Zeit jetzt von heute, Palmsonntag, vom Einzug in Jerusalem eine Einladung, auch still zu werden und zu hören. Und auf diesem Weg nach Ostern hin auch zu wachen, vielleicht auch noch mal einen Raum zu schaffen, in dem wir gerade das, was schwierig ist, gerade das, was unerträglich erscheint, was unmöglich und unmenschlich erscheint, dass wir das annehmen können.

Weil die Lösung eben die Hingabe ist und das Hören auf Gott und darin werden wir die Freiheit entdecken.

Das ist die Freiheit, die Gott uns an Ostern schenkt, und damit gleichzeitig auch die österliche Freude.

(vatican news)

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01. April 2023, 09:11