Suche

"In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern...." "In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern...."  (@ Vatican News)

Unser Sonntag: Zumutung der Feindesliebe

Im Evangelium fordert uns Jesus mit einer radikalen Botschaft heraus. Er verwirft jede Form von Verteidigung, Rache und Vergeltung und lädt ein zu einer Haltung der Gewaltlosigkeit. Und mehr noch: Das Gebot der Nächstenliebe wird erweitert um die Zumutung der Feindesliebe.

Prof. Elmar Nass

Mt 5,38-48

Vor Beginn der Fastenzeit öffnet uns das heutige Evangelium die Augen dafür, was zu tun ist. Jeder von uns mag hier eigene konkrete Anliegen haben, wenn wir an die Zeit der Buße und Umkehr denken. Aber der Umgang mit dem Bösen und der Versuchung ist ganz sicher eine Frage, die uns alle in unterschiedlicher Form bewegt und herausfordert.

Hier zum Nachhören
UNSER SONNTAG mit Prof. Dr. Elmar Nass I Sonntag - 19.02.23

Umgang mit Erniedrigung und Missachtung

Und dann gibt es natürlich auch unsere ganz privaten und persönlichen Verletzungen, wo Menschen uns auch seelische Gewalt angetan haben oder antun: Erfahrungen von Intrige, Erniedrigung und Missachtung. Wie gehen wir damit um? Die Antwort auf diese Frage müssen wir aus zweierlei Gründen geben: Zum einen haben wir nur so einen ethischen Kompass für unsere Einschätzung etwa von Krieg und Streit. Zum anderen haben wir so eine praktische Handlungsnorm für den Umgang mit denen, die uns persönlich kränken und beleidigen.

„Jesus verwirft hier jede Form von Verteidigung, Rache und Vergeltung“

Im heutigen Evangelium fordert uns Jesus mit einer radikalen Botschaft heraus. Jesus verwirft hier jede Form von Verteidigung, Rache und Vergeltung. Auch nirgendwo sonst im Evangelium ruft Jesus zu Krieg und Gewalt auf. Es lädt vielmehr ein zu einer Haltung der Gewaltlosigkeit auch im Angesicht des Bösen. Und mehr noch: Das Gebot der Nächstenliebe wird erweitert um die Zumutung der Feindesliebe. Diejenigen die Böses in die Welt bringen, auch gegen uns persönlich, sollen wir lieben, das ist der Weg zur Vollkommenheit. Ziel dieser Botschaft ist die Logik der Entfeindung. Der Teufelskreis von Hass und Gewalt soll im Großen wie im Kleinen durchbrochen werden. So sollen Frieden und Vergebung das Miteinander der Menschen bestimmen.

Den Teufelskreis von Hass und Gewalt durchbrechen

Die Konsequenz daraus ist weder trivial noch einfach umzusetzen.
- Manche leiten aus diesen Passagen der Bergpredigt Jesu eine Haltung des Pazifismus ab. „Schwerter zu Pflugscharen“ bedeutet dann auch den Verzicht auf Notwehr. Diese Konsequenz aber ist umstritten. Der Katechismus der Kirche lehnt sie ab und erlaubt unter strengen Bedingungen und als ultima ratio auch Gewalt als Notwehr gegen den Aggressor. Denn das Ziel der Entfeindung und Vergebung kann ja gar nicht erzielt werden, wenn der Aggressor sein Gegenüber tötet.

Die Kirche erlaubt Notwehr

Hier also muss genau geschaut werden. Und es bleibt dabei: Wo Entfeindung möglich ist, da ist Gewaltverzicht das christliche Gebot.
- Wenn wir auf die inneren und schmerzlichen Gräben innerhalb der Kirche schauen, sehen wir hier auch viele Wunden und Verletzungen. Hier gilt das gleiche Prinzip. Eine Grenze aber ist dort zu ziehen, wo in solchem Streiten der Heilige Geist beleidigt wird. Wo also Theologen oder Kirchenvertreter ihre eigenen Meinungen und Eitelkeiten über das Evangelium und den Geist Gottes stellen, da ist Widerstand erlaubt. Dazu hat uns Jesus den Auftrag gegeben.

„Wir sind aufgerufen zu Empathie und Vergebung“

- Und blicken wir nun auf diejenigen, die uns persönlich gekränkt und beleidigt haben. Wir sind aufgerufen zu Empathie und Vergebung. Widerstand oder gar Rache sind hier nicht erlaubt. Solche Entfeindung soll ja gar in einer Kultur der Liebe ihre Krönung finden. Selbst wenn solche Liebe nicht die gleiche sein soll wie die zu meiner Familie und meinen Freunden bleibt sie ein sehr hoher Anspruch: Ich schaue jetzt also einmal ehrlich in Gedanken auf solche Menschen und ihre Taten, und ich merke ehrlich, wie schwer es mir fällt, dieses Gebot Jesu einzuhalten. Es ist der Weg zur Vollkommenheit, und ich werde mir bewusst, wie weit ich davon entfernt bin. Der Anspruch aber bleibt bestehen. Was mir heute bleibt, ist Demut und das innere Ringen, dem Anspruch noch mehr gerecht zu werden …


(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

Danke, dass Sie diesen Artikel gelesen haben. Wenn Sie auf dem Laufenden bleiben wollen, können Sie hier unseren Newsletter bestellen.

18. Februar 2023, 10:57