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Unser Sonntag: Der rote Faden

Heute geht es Prof. Elmar Nass um Umwege und Irrwege. Der Theologe stellt auch klar, dass es keine gute Idee ist, sich im Glauben nur das Angenehme herauszupicken.

Prof. Dr. Elmar Nass

Mt 5,17-37


Der rote Faden meines Lebens ist nicht irgendein Faden neben anderen. Er ist mein durchgängiger Lebenskompass. Um reifende Werte und Prinzipien rankt sich mein Leben, so oder so, auch mit Umwegen und Irrwegen. Dieser rote Faden macht mich als moralische Person aus. Er hat eine Geschichte und hoffentlich eine Zukunft.

Hier zum Nachhören

Er steht jetzt für das, was mir in meinem konkreten Leben Halt, Orientierung und Richtung gibt. Genau das brauchen wir als Menschen in einer zunehmend oberflächlich schnellen Zeit. Wollen wir Jesu Botschaft als roten Faden wählen, so gibt uns das heutige Evangelium einige klare Botschaften mit auf den Weg.
Was hierzu nicht passt, das macht uns Jesus mit seinen Gegenüberstellungen aus der Bergpredigt nur zu deutlich:

Halbherziges Handeln ist ein gefährlicher Irrweg

Halbherziges Handeln ist ein gefährlicher Irrweg. Wer den Glauben nur mit schönen Worten, Taten oder Feiern dann vor sich herträgt, wo es ihm gerade passt, der verrät ihn. Das gilt im Evangelium etwa für die Gesetzeslehrer, die doch das Gesetz verdrehen. Das gilt für die Scheinheiligen, die doch auch mit ihren Händen oder Augen sündigen. Das gilt heute für alle, die im Namen Jesu und der Kirche auftreten, aber ein Doppelleben führen, in dem sie etwa unmenschlich oder lieblos handeln, nicht wirklich an Jesus glauben und je nach Gelegenheit doppelzüngig den Glauben verraten.

„[ Die Kirche der Zukunft braucht Menschen, denen das Bekenntnis zu Jesus Christus der rote Lebensfaden ist  ]“

Oberflächlichkeit ist der zweite Irrweg. Wer schöne Liturgie feiert, aber ein unanständiges Leben führt, der ist ebenso unglaubwürdig wie der, der zwar Gesetze hält, aber innerlich voller Zorn und Hass ist. Die Kirche der Zukunft braucht Glaubwürdigkeit, will sie Menschen wieder gewinnen. Sie braucht Menschen, denen es im Bekenntnis zu Jesus Christus ums Ganze ihres Lebens geht: mit ganzem Körper und ganzer Seele, und mit tiefster Überzeugung. Sie braucht Menschen, denen das Bekenntnis zu Jesus Christus der rote Lebensfaden ist.

Wer zählt nicht dazu?

Für solche Konsequenz sind die Hürden nicht niedrig:
- Nicht dazu zählen dann diejenigen, die überhaupt einen roten Faden des Lebens leugnen und einfach in den Tag hinein leben wollen. Sie brauchen keinen Kompass.
- Nicht dazu zählen auch diejenigen, die den christlichen Glauben ausdrücklich ablehnen und sich den roten Faden des Lebens fern von Gott suchen wollen.
- Bei denen, die sich zum Glauben an den dreifaltigen Gott bekennen, muss nun aber auch weiter unterschieden werden. Denn hier treffen wir auf diejenigen, die Jesus ausdrücklich kritisiert:

Der Glaube ist mehr als ein nützliches Instrument 

Etwa diejenigen, die den christlichen Glauben als ein nützliches Instrument für den sozialen Frieden der Gesellschaft ansehen. Der kanadische säkulare Sozialphilosoph Charles Taylor etwa sieht diesen Nutzen des Glaubens. Dann aber ist das Christentum ein austauschbares Instrument für einen anderen Zweck. Das ist für Jesus zu wenig.
- Ähnliches gilt für Organisationen, die christliche Werte im Arbeitskontext nur deshalb hochhalten, um damit die Arbeitsleistung zu steigern. Ganz nach dem Motto: Wertschöpfung durch Wertschätzung, wie es etwa der Soziologe Bruno Frey ausgerufen hat. Auch dann erfüllt der Glaube nur einen Zweck, um andere, höhere Ziele zu erreichen, die letztlich den roten Faden der Organisation ausmachen.

„Das Bekenntnis soll uns als Person ausmachen und ist nicht austauschbar“

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

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11. Februar 2023, 10:57