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 Sr. Teodora Shulak im Studio von Radio Vatikan/Vatican News Sr. Teodora Shulak im Studio von Radio Vatikan/Vatican News  #SistersProject

Ordensfrau aus der Ukraine: Danke für die Hilfe aus Deutschland

Der weltweite Orden der Missionsschwestern vom Heiligsten Erlöser hat seit Mitte Oktober eine neue Generaloberin: Schwester Teodora Shulak. Die Ukrainerin wird deshalb wohl Anfang 2023 nach Deutschland umziehen. Im Interview mit Radio Vatikan berichtet sie, was das für sie bedeutet - auch angesichts des Krieges in der Ukraine.

Stefanie Stahlhofen - Vatikanstadt

Radio Vatikan: Schwester Theodora Shulac, was bedeutet diese neue Aufgabe für Sie?

Schwester Theodora Shulac: Es bedeutet erst einmal, dass ich umziehen werde. Ich habe bis jetzt in der Ukraine gewohnt. Ich war Provinzoberin unserer ukrainischen Provinz. Und jetzt, als Generaloberin, bin ich verantwortlich für die ganze Kongregation. Und darum ziehe ich nach Deutschland. Unser Generalhaus befindet sich in Stadl, ungefähr 70 Kilometer von München.

Radio Vatikan: Sie kommen aus der Ukraine. Da ist die Lage immer noch schwierig. Was können Sie uns denn berichten von vor Ort?

Radio Vatikan Podcast: Schwester Theodora Shulac im Interview zur Lage in der Ukraine und ihrer Aufgabe als neue Generaloberin

Lage vor Ort dramatisch

Schwester Theodora Shulac: Ja, unsere Situation ist doch sehr schwierig. Auch dramatisch, würde ich sagen. Und jetzt, in diesem Moment, ist die Frage: Wie werden unsere Leute diesen Winter erleben? Weil alle Bombardierungen, die jetzt sind, treffen Infrastrukturen, wo Elektrik ist. Und wenn wir keine Elektrik haben, kein Gas, Probleme mit Wasser.. Unsere Leute haben große Sorgen, weil der Winter in der Ukraine schon sehr heftig ist. 

Und gleichzeitig spüre ich, dass die Ukrainer noch immer jeden Tag mehr Mut und Kraft haben, um zu kämpfen. Für die Freiheit, die für uns sehr, sehr wichtig ist. 

Radio Vatikan: Wo in der Ukraine waren Sie genau? Und wie hilft die Kirche vor Ort?

„Ich war geschockt, als ich wirklich mit meinen Augen gesehen habe, was das heißt, dass 3000 Häuser total zerstört sind und dass die Leute geblieben sind - mit nichts. Und sie haben auch ihre Verwandten verloren“

Psychologische Hilfe und Dasein für die Leute

Schwester Theodora Shulac: Ich persönlich habe in Lviv (Lemberg) gewohnt, in der Westukraine. Aber wir haben Klöster auch außerhalb von Lemberg. Zum Beispiel in Tschernihiw, einer Stadt ist nördlich von Kiew. Tschernihiw war eine der ersten Städte, die sehr stark von den Russen bombardiert wurden. Im Mai und Juni war ich dort, weil ich auch Psychologie studiert habe und den Leuten dort helfen wollte. Ich war geschockt, als ich wirklich mit meinen Augen gesehen habe, was das heißt, dass 3000 Häuser total zerstört sind und dass die Leute geblieben sind - mit nichts. Und sie haben auch ihre Verwandten verloren.

Wir Schwestern und auch die Redemptoristen-Patres haben versucht, mit den Leuten in Kontakt zu kommen. Ich habe auch meine professionelle Hilfe angeboten, dass die Leute mir ihre Ängste, ihre Panik und ihre inneren Zustände erzählen. Wir haben auch gebetet, Lieder gesungen, alles mögliche getan, damit sie ein bisschen spüren, dass sie nicht allein sind in dieser Situation.

Dank für Hilfe aus Deutschland und weiteren Ländern

Natürlich haben wir auch Hilfe  bekommen, aus Deutschland und anderen Ländern. Davon haben wir Lebensmittel gekauf, tMedikamente, Kleidung und den Leuten geholfen und helfen ihnen weiter.  Daher nutze ich jetzt die Möglichkeit, zu sagen: Vielen, vielen Dank.

Radio Vatikan: Ist es denn schwierig jetzt für Sie gerade in dieser Situation wegzugehen nach Deutschland? Wie fühlt sich das an?

Schwester Theodora Shulac: Ja, ein bisschen haben wir daüber auch bei unserem Generalkapitel gesprochen. Ich habe gesagt, in meinem Herzen ist ein bisschen Traurigkeit angesichts der Ukraine, aber gleichzeitig weiß ich, wenn wir die Werke Gottes tun, wo er uns ruft, dann werden wir auch tätig. Dann werde ich auf eine andere Weise helfen. 

„Wenn wir die Werke Gottes tun, wo er uns ruft, dann werden wir auch tätig. Dann werde ich auf eine andere Weise helfen“

Ich bin in dieser Gemeinschaft, ich habe mein Leben Gott und der Kongregation geweiht. Und wenn ich jetzt gerufen werde, will ich auch mit offenem Herzen antworten. Aber natürlich, mein Herz wird auch in der Ukraine sein. Und ich hoffe, ich kann ab und zu hinfahren und helfen.

Radio Vatikan: Jetzt sind Sie gerade in Rom. Aus welchem Anlass?

Schwester Theodora Shulac: Ich bin in Rom, weil wir eine Versammlung von Oberen und Oberinnen der ukrainisch griechisch-katholischen Kirche hatten. Auch unser Patriarch Großerzbischof Swjatoslaw Schewtschuk war dabei. Wir waren alle bei der General-Audienz mit dem Papst (Anm. d. Red. nicht diesen Mittwoch).

Bei unseren Beratungen ging es um die Herausforderungen von Ordensleuten jetzt in der Ukraine und darum, wie wir weiter gut zusammenarbeiten in verschiedenen Kongregationen, und darum, wie wir unserer Ukraine in dieser Situation des Krieges helfen können, als Ordensleute.

Radio Vatikan: Wie können Sie helfen?

Schwester Theodora Shulac: Wir wollen es auf ganz verschiedenen Ebenen probieren. Viele Leute sind vom Krieg betroffen, unsere Soldaten und die Familien, viele haben ihre Nächsten verloren. Wir müssen uns mit Traumata und Wunden beschäftigen. Daher denken wir, viele sollten eine psychologische Ausbildung machen, dass jeder wirklich gut zuhören kann und weiß: Wie können wir den Leuten zuhören und das sagen, was ihnen hilft und nicht, das was ihnen nicht hilft? 

Spezialteams aus Ordensleuten für die Ostukraine

Natürlich wollen wir unsere Klöster und Kirchen für Flüchtlinge öffnen. Viele Klöster haben ihre Türen schon aufgemacht und viele Ostukrainer wohnen jetzt in unseren Klöstern in der Westukraine und leben jetzt in unserer Gemeinschaft. Viele von denen, auch die Kinder, sind nicht gläubig, aber sie leben jetzt mit uns. Wir wollen ihnen nichts aufdrücken, aber doch mit offenem Herzen auch von Gott berichten. Wir haben ein großes Arbeitsfeld. Wir wissen, dass eine Kongregation nie allein etwas bewegen kann, sondern wir alle einig sein sollten. 

Wir wollen zum Beispiel auch eine Gruppe bilden aus verschiedenen Schwestern und Brüdern, die eine psychologische Ausbildung haben. Sie werden in die Ostukraine fahren, dort, wo die Leute am meisten gelitten haben. Und wir werden mit ihnen eine Zeit einfach da sein. Es wird Psychologen und Geistliche, Priester, in dieser Gruppe geben. Die für eine bis zwei Wochen dort bei den Leuten sind und sehen, was sie brauchen.

Bewegend: Gebet mit Papst Franziskus 

Radio Vatikan: Wie war die Begegnung mit Papst Franziskus?

Schwester Theodora Shulac: Ja, das war ein schönes, sehr wichtiges Ereignis. Der Papst ist zu uns gekommen. Wir haben gedacht, es wird nur ein gemeinsames Foto, weil es bei der Generalaudienz war (Anm. d. Red. nicht diesen Mttwoch), aber er ist geblieben und hat mit uns gebetet. Er hat gesagt: ,Ich will, dass wir jetzt für zwei Völker beten`. Er hat unser Volk als Märtyrer benannt. Und wir haben ein ,Gegrüßet seist du, Maria` mit ihm gebetet. Er hat uns auch seinen Segen gespendet. Ich hoffe, dieser Segen und sein Gebet werden uns einfach stärken.

„Ich hoffe, dieser Segen und sein Gebet werden uns einfach stärken“

2023 Wechsel nach Deutschland

Radio Vatikan: Wann geht es für Sie nach Deutschland?

Schwester Theodora Shulac: Ich habe jetzt in der Ukraine noch einige Aufgaben, weil ich Provinzoberin in unserer Provinz war.  Jetzt muss ich der neuen Provinzoberin alles erklären. Ich denke, zum neuen Jahr werde ich nach Deutschland fahren.

Radio Vatikan: In der Ukraine sind sie griechisch-katholisch; in Deutschland römisch-katholisch. Wie funktioniert das?

„Es gibt viele Punkte, in denen wir uns gegenseitig bereichern und ich bin glücklich, dass ich auch von der deutschen Kirche und vom lateinischen Ritus noch mal mehr erfahren kann und diese geistliche Erfahrung machen“

Schwester Theodora Shulac: Wir gehören zu einer katholischen Kirche. Wir sind zwei verschiedene Riten. Wir in der Ukraine tragen dieses schwarze Habit. Und unsere Schwestern in Deutschland zum Beispiel gehen in zivil. Aber wir haben gemeinsame Interessen. Wir haben eine gemeinsame Spiritualität. Und darum ist es für mich nur bereichernd: Ich kann etwas von mir geben, von unserem Ritus, unserer Liturgie zum Beispiel. Wir haben dieses Jesus-Gebet, das wir beten und die deutschen Schwestern mögen dieses Gebet auch. Wir schreiben Ikonen und ich will auch Kurse zum Ikonen-Schreiben in Deutschland dann vorschlagen. Es gibt viele Punkte, in denen wir uns gegenseitig bereichern und ich bin glücklich, dass ich auch von der deutschen Kirche und vom lateinischen Ritus noch mal mehr erfahren kann und diese geistliche Erfahrung machen.

(vatican news - sst)

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16. November 2022, 13:52