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D: Männer bei Gewalt-Prävention mehr integrieren

Mit Blick auf den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen an diesem Freitag appelliert das Hilfswerk Misereor an Politik, Kirche und Gesellschaft, gängige Männerrollen stärker zu reflektieren und an einem umfassenden Bewusstseinswandel mitzuwirken.

„Wir sollten die Bekämpfung von Gewalt systemisch angehen“, meint Barbara Schirmel, Referentin für Gendermainstreaming und Diversity bei Misereor. „Es handelt sich um eine ganzheitliche Aufgabe, die nicht zuletzt in Familien alle betrifft. Patriarchale Strukturen, die Gewalt fördern, werden auch von Frauen und ihren Rollenmustern begünstigt.“

Schirmel zitiert aus Statistiken, nach denen etwa Frauen in Äthiopien mit großer Mehrheit die Frage bejahen, ob es gerechtfertigt sei, die eigene Ehefrau zu schlagen. Ähnliche Erkenntnisse gebe es auch in Ländern wie Ghana, Ruanda, Uganda, Indonesien, Laos oder Pakistan. „Gerade in Ländern, wo der Bildungsstand der weiblichen Bevölkerung tendenziell eher niedrig ist, wachsen Mädchen damit auf, dass sie im Leben eine untergeordnete Rolle spielen. Insofern müssen Männer und Frauen an neuen Rollenbildern und Denkmustern arbeiten - auch wenn es um Gewalt geht.“

Paare und Familien in den Blick nehmen

Die Gender-Fachfrau berichtet von Erfahrungen aus von Misereor geförderten Projekten – etwa bei Partnerorganisationen in Peru. Zur Vorbeugung von Gewalt sei dort die Arbeit mit Paaren und ganzen Familien sehr wichtig. Neben der Reflexion von Männer- und Frauenrollen gehe es dabei auch um eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation, die Vermittlung von effektiven Agrar-Techniken oder die Umgestaltung von Wohnraum. „Sexualisierte Gewalt an Kindern wird erleichtert, wenn alle Familienmitglieder, inklusive vielleicht auch Onkel oder Cousins, in einem Raum schlafen. Dem kann man entgegenwirken“, so Schirmel. 

Sie bricht eine Lanze für einen stärkeren Fokus auf Projektarbeit mit Männern. „Es hat sich gezeigt, dass eine reine Fokussierung auf die Unterstützung von Frauen auch Schaden anrichten kann. Wenn es zum Beispiel um einkommensschaffende Maßnahmen für Frauen geht, die dann auch mehr Unabhängigkeit gewinnen, kann das innerhalb einer Paarbeziehung zu Konflikten führen. Gerade wenn die Frau bisher eher in der zweiten Reihe gestanden hat und nun plötzlich mehr verdient als der Mann. Es kommt oft zu Gewalt, wenn ein Mann der ihm von der Gesellschaft typischerweise zugeschriebenen Rolle als Ernährer und Oberhaupt der Familie nicht mehr gerecht werden kann“, so die Misereor-Expertin. 

Feministen gesucht

Schirmel fordert, dass feministische Ideen nicht nur im Außen- und Entwicklungsministerium zu einer der Leitlinien werden, sondern in allen Ressorts der Bundespolitik. „Bei Friedensverhandlungen gehören grundsätzlich Frauen mit an den Tisch. Hier setzt sich bisher zumeist die männliche Perspektive durch.“ Es gelte, durchgreifend umzudenken: „Wir brauchen mehr männliche Feministen, vielleicht auch Männlichkeitsbeauftragte, sowie die stärkere Förderung von Männer-Initiativen, die alternative Maskulinitätskonzepte fördern.“

(misereor – mg)

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25. November 2022, 09:25