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 Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Frau Doris Schmidauer (Mitte) mit König Willem-Alexander und Königin Máxima der Niederlande in einer Caritas-Einrichtung in Wien (Juni 2022) Bundespräsident Alexander Van der Bellen und seine Frau Doris Schmidauer (Mitte) mit König Willem-Alexander und Königin Máxima der Niederlande in einer Caritas-Einrichtung in Wien (Juni 2022) 

Österreich: Neue Caritas Aktion „Mehrkosten. Mehr Hilfe!“

Die Caritas-Inlandskampagne will die Folgen der steigenden Heizkosten und Lebensmittelpreise vor allem für die Einkommensschwache Menschen abfedern. Die neue Kampagne „Mehrkosten. Mehr Hilfe!" solle Spenden zur Unterstützung einer wachsenden Bevölkerungsgruppe erbringen, erklärte Caritas-Präsident Michael Landau bei einer Pressekonferenz zum Start der Aktion.

„Wo es massive Mehrkosten gibt und die Gefahr der Armut steigt, braucht es auch mehr Hilfe!", betonte Landau. Gemeinsam mit Caritas-Österreich-Generalsekretärin Anna Parr und der Direktorin von Caritas Steiermark, Nora Tödtling-Musenbichler, informierte Landau am Mittwoch bei der Pressekonferenz im Grazer Sozialzentrum. Für viele Menschen bedeute die Teuerungswelle „heat or eat" - also Geld fürs Heizen oder Essen auszugeben. Die Caritas forderte auch von der Politik Gegenmaßnahmen, die über die bisher getroffenen hinausgehen. Einmalzahlungen etwa nach dem Gießkannenprinzip würden nicht ausreichen, wies Landau hin. Es brauche ein „armutsfestes Sozialnetz". Die Preissteigerungen würden „alle treffen, aber nicht alle gleich". Sehr wohl Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft habe jedoch das schwindende Vertrauen in die Politik. Insofern sei Armut auch eine Gefahr für die Demokratie, gab Landau zu bedenken.

Caritas baut Beratungsangebot aus

Die Caritas habe erst jüngst ihre Sozialberatungsstellen in ganz Österreich von 56 auf 71 erhöht, um Bedürftigen möglichst regional konkrete Unterstützung anzubieten. Zudem würden Betroffene erstmals auch online beraten; seit dem Start im Frühjahr waren dies bereits 3.300 Menschen  - zusätzlich zu den 68.000 Personen, die 2021 in den Sozialberatungsstellen direkt oder indirekt Hilfe gefunden hätten.

Caritas-Präsident Michael Landau
Caritas-Präsident Michael Landau

„Die Maßnahmen reichen aktuell nicht aus“

Auch Politik gefordert

An die Politik wiederholten die Caritas-Verantwortlichen ihre zuletzt während der Teuerung erhobenen Forderungen. Bisher geleistete Hilfen seien „wichtig, aber unzureichend im Kampf gegen Armut". Für Einmalzahlungen, Teuerungsausgleiche und die ab 2023 geplanten Valorisierungen gebühre der Bundesregierung Lob, aber „gleichzeitig müssen wir betonen: Die Maßnahmen reichen aktuell nicht aus", warnte Landau. Der Preis für einen durchschnittlichen Einkauf im Supermarkt sei im vergangenen Jahr um 14,5 Prozent gestiegen, angesichts dieser Teuerungswelle seien die staatlichen Hilfen sind bereits nach ein paar Monaten aufgebraucht. „Hier braucht es noch heuer zusätzliche Hilfen", sagte Landau. Es gelte hier vor allem Alleinerzieherinnen, Arbeitslose und Mindestpensionisten besonders in den Blick zu nehmen.

Schnelle Lösung beim Heizen

Generalsekretärin Anna Parr forderte Maßnahmen den Winter betreffend. „Neben dem Stromrechnungsdeckel braucht es für alle Armutsbetroffenen jetzt schnell auch eine Lösung beim Heizen." Parr appellierte an die Bundespolitik, endlich eine solide Datenbasis zu schaffen, mit der Hilfen zielgerichtet und treffsicher ausbezahlt werden können. Diese Datenbasis fehle bisher. „Uns muss aber klar sein: Wer gezielt hilft, hilft länger", betonte die Generalsekretärin.

Parr rechnete anhand zweier konkreter Betroffener vor, dass sich die Armutssituation von Caritas-Klienten trotz der bisherigen Hilfen weiter verschlechtert: So blieben der Mindestpensionistin Barbara S. von ihrem monatlichen Einkommen von knapp über 1.000 Euro und dem Sozialhilfeempfänger Franz P. von seinen 997 Euro trotz und Energiekostengutschein noch weniger Geld pro Tag übrig als zu Beginn des Jahres. Diese Beispiele seien keine Einzelfälle. Oftmals müssten die Menschen mit neun Euro pro Tag zum Leben und Essen auskommen, so Parr.

Mehr Psychische Probleme

Die steirische Caritas-Direktorin Nora Tödtling-Musenbichler lenkte den Blick auf die soziale Seite von Armutsgefährdung. In den Beratungsstellen zeige sich, dass bei der Klientel psychische Probleme zunähmen. „Manche sind ohne Unterstützung nicht in der Lage, ihre ohnehin schwierige Lage zu meistern." Immer wieder zeige sich auch, dass Armut Scham auslöst - gerade am Land, wo man sich kennt, so die seit Juli amtierende Caritas-Direktorin.

„Ein wichtiges Ziel unserer Beratungen ist, jeweils die Wohnsituation abzusichern", sagte Tödtling-Musenbichler. „Gerade Wohnen ist ein zentrales Thema für das Sicherheitsgefühl. Wer keine Wohnadresse hat, verliert auch den Anspruch auf manche Leistungen". Für die Caritas-Verantwortliche „hört Hilfe nicht an der Tür der Beratungsstelle auf, sondern fängt manchmal erst an der Wohnungstür der Klientinnen und Klienten an, damit sie langfristig ihren Wohnraum erhalten können".

„Es braucht barrierefreie Zugänge zu Sozialleistungen“

(kap - sst)

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21. Oktober 2022, 09:23