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Das Kreuz des Synodalen Wegs Das Kreuz des Synodalen Wegs 

D: „Synodaler Weg“ überwindet Krise

Inmitten einer schwerer Krise hat der deutsche „Synodale Weg“ am Freitag in Frankfurt seine vierte Vollversammlung fortgesetzt. Ein Text zu „Frauen in Diensten und Ämtern der Kirche“ fand nach langer Debatte am Freitagabend bei der in Frankfurt tagenden Synodalversammlung eine überraschend breite Zustimmung.

Mit einer Mehrheit von 92 Prozent stimmten die Synodalen dafür. Auch unter den Bischöfen fand der Text eine breite Mehrheit. Von 62 anwesenden Bischöfen stimmten 45 mit Ja. Der Abstimmung folgte ein lang anhaltender Applaus, und große Erleichterung war erkennbar.

Keine ausdrückliche Forderung

Das beschlossene Papier formuliert keine ausdrückliche Forderung, sondern lädt die Weltkirche ein, die Frage nach Diensten und Ämtern von Frauen in der Kirche noch einmal neu zu bedenken. Dazu gehöre auch „unabdingbar“, die unterschiedlichen theologischen Positionen unter der Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit zu reflektieren und dabei in engem Austausch mit den Sozialwissenschaften, Kultur- und Humanwissenschaften zu treten.

Das 32-seitige Papier argumentiert: „Nicht die Teilhabe von Frauen an allen kirchlichen Diensten und Ämtern ist begründungspflichtig, sondern der Ausschluss von Frauen vom sakramentalen Amt“. Für den Ausschluss von Frauen aus der Verkündigung gebe es kirchengeschichtlich „keine ungebrochene Traditionslinie“.

Plädoyer für mehr Geschlechtergerechtigkeit

Der Grundtext plädiert für mehr Geschlechtergerechtigkeit und verweist darauf, dass Frauen in der Seelsorge und in verantwortlichen Positionen unterrepräsentiert seien. In den bestehenden Strukturen hätte viele von ihnen „mit einem alltäglich erfahrbaren Sexismus“ und weiteren Diskriminierungen zu tun. Dies verstärke den Wunsch von Frauen, selbst die Leitung in seelsorglichen und sakramentalen Kontexten zu übernehmen.

Das Papier hält fest: „Angesichts des Erschreckens über geistliche und sexualisierte Gewalt an Frauen und angesichts der anhaltenden Marginalisierung und Diskriminierung von Frauen in der römisch-katholischen Kirche sind ein Schuldeingeständnis und eine Bewusstseins- und Verhaltensänderung dringend geboten.“

Schwieriges Beisammenbleiben

Vor dem Votum über den Text hatte die Synodalversammlung nach einem Eklat vom Vorabend wieder Tritt gefasst. Einige Delegierte, die am Donnerstagabend unter Protest ausgezogen waren, nahmen wieder teil. Als Ko-Präsident der Synodalversammlung rief der Bischofskonferenz-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, die Teilnehmer auf, zusammen zu bleiben. Ko-Präsidentin Irme Stetter-Karp vom katholischen Laien-Dachverband ZdK deutete an, dass ihre Organisation den gemeinsamen Weg mit den Bischöfen verlassen könnte, falls diese ihr Verhalten nicht änderten.

Bätzing kündigte an, dass er Texte, die zwar eine überwältigende Mehrheit in der Synodalversammlung, nicht aber die Zweidrittelmehrheit der Bischöfe gefunden hatten, dennoch in den „Synodalen Prozess“ der katholischen Weltkirche einbringen wolle. Sie seien keine lehramtlichen Texte, hätten aber dennoch ein erhebliches Gewicht. In den Diözesen werde es nun „unterschiedliche Bilder und Geschwindigkeiten geben“. Der Passauer Bischof Stefan Oster kritisierte dies und sprach von einem Bruch des vereinbarten Verfahrens.

Große Nachdenklichkeit in der Debatte

Der am Freitagnachmittag angenommene Text, der Frauen in der Verkündigung und in der Kirchenleitung eine stärkere Stellung eröffnen könnte, drohte zunächst an der Zwei-Drittel-Sperrminorität der Bischöfe zu scheitern. In der Debatte äußerte sich eine Minderheit von Bischöfen kritisch zu dem Text. Sie erinnerten daran, dass es klare Aussagen des päpstlichen Lehramtes in dieser Frage gebe, über die sich die Bischöfe eines Landes nicht hinwegsetzen dürften. Andere Bischöfe warben dafür, den Text als Beitrag in die weltkirchlichliche Debatte einzubringen; wieder andere, darunter der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, kündigten an, sich zu enthalten.

Die Debatte war von großer Nachdenklichkeit geprägt und gab den Gegnern des Textes deutlich mehr Raum als die Debatte am Vortag, die überraschend mit einem Scheitern der Vorlage zum Thema Sexualmoral geendet hatte. Zudem wurde der Text zur Gleichstellung der Frauen in der Kirche auf Vorschlag von Bischof Bätzing so geändert, dass er nicht als verbindlicher Beschluss, sondern als Vorschlag zur Prüfung durch den Papst verstanden werden konnte.

Vorschlag zur Prüfung durch den Papst

Auch dies trug zur Überbrückung von Gegensätzen bei. Der Riss durch die Synodalversammlung war nach dem Eklat vom Vortag zwischenzeitlich so tief gewesen, dass einige Teilnehmer vorschlugen, die gemeinsame Eucharistiefeier am Freitagmittag aus dem Programm zu nehmen. Sie verwiesen auch darauf, dass einige Bischöfe wenige Stunden zuvor separat Gottesdienst gefeiert und sich damit außerhalb der Gemeinschaft gestellt hätten.

Auslöser der schweren Krise war am Donnerstagabend das Scheitern des Grundsatzpapiers zur Liberalisierung der katholischen Sexualmoral. 27 der 60 anwesenden Bischöfe hatten dem Text ihre Zustimmung verweigert, 33 stimmten ihm zu.

Für eine Neubewertung von Homosexualität

Im weiteren Verlauf votierte die Versammlung für eine lehramtliche Neubewertung von Homosexualität in der katholischen Kirche. Niemandem dürfe die Übernahme kirchlicher Ämter oder der Empfang der Priesterweihe wegen ihrer Homosexualität verwehrt werden.

Weiter heißt es in dem Papier, das am Freitagabend von der Vollversammlung des Synodalen Weges in Frankfurt mit 92,4 Prozent Mehrheit und auch mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit der Bischöfe beschlossen wurde: „Homosexualität ist keine Krankheit.“ Deshalb seien sogenannte Konversionstherapien abzulehnen.

„Die aus der bisherigen Sexuallehre der Kirche entstandene Tabuisierung und Angstbesetztheit des Themas Sexualität im Allgemeinen und Homosexualität im Speziellen sind systemische Ursachen der Missbrauchsverbrechen in der Kirche, da in vielen Fällen dadurch die Entwicklung einer reifen Sexualität behindert oder verhindert wird.“

Liberaleres Arbeitsrecht

Auch für eine Liberalisierung des kirchlichen Arbeitsrechts setzte sich die Synodalversammlung am Freitag ein. Sie verabschiedete mit großer Mehrheit ein Papier, das sich gegen Sanktionen von wiederverheirateten Geschiedenen oder schwulen und lesbischen Paaren ausspricht. „Der persönliche Familienstand darf keine Relevanz für die Anstellung oder die Weiterbeschäftigung im kirchlichen Dienst haben“, heißt es wörtlich.

Die Stoßrichtung deckt sich mit den bereits seit Längerem laufenden Reformbestrebungen der katholischen Bischöfe. Im Entwurf der Bischofskonferenz für eine neue „Grundordnung des kirchlichen Dienstes“ heißt es unter anderem, die private Lebensgestaltung, „insbesondere Beziehungsleben und Intimsphäre“ der Beschäftigten, solle keinen Anlass mehr für Kündigungen bieten, falls diese nicht im Einklang mit der kirchlichen Lehre stehe.

Die Kirchen in der Bundesrepublik haben ein eigenes Arbeitsrecht. Dieses Selbstbestimmungsrecht ist im Grundgesetz verankert. In der katholischen Kirche gehören dazu auch Anforderungen an die private Lebensführung der 790.000 Mitarbeiter von Caritas und Kirche. Außerdem gilt ein eigener Weg der Tariffindung: Löhne werden in eigenen Gremien ohne Gewerkschaften ausgehandelt; es gibt keine Aussperrungen und Streiks. Zuletzt geriet das kirchliche Arbeitsrecht durch europäische Rechtsprechung stark unter Druck.

Grundstein für „Synodalen Rat“ gelegt

Am Samstagvormittag beschlossen die Delegierten in Frankfurt außerdem einen wichtigen Schritt zur Vorbereitung eines neuen bundesweiten Beratungs- und Leitungsorgans für die Kirche – den „Synodalen Ausschuss“. Für die Schaffung eines solchen Gremiums stimmten 167 Delegierte, das sind 92,8 Prozent. Auch die erforderliche Zweidrittel-Mehrheit der Bischöfe wurde erzielt. Hier fiel das Ergebnis mit 43 Ja-Stimmen zu 6 Nein-Stimmen ebenfalls deutlich aus.

Der Ausschuss soll die Gründung eines „Synodalen Rats“ vorbereiten, in dem Bischöfe, Priester und Laien künftig gemeinsam über kirchliche Grundsatzfragen und über die Verwendung von Finanzmitteln beraten und entscheiden. Unklar ist noch, ob der künftige Synodale Rat über oder neben der Bischofskonferenz stehen soll und welche Rolle künftig das Zentralkomitee der deutschen Katholiken spielen wird. Die bisher bestehende „Gemeinsame Konferenz“ von Bischofskonferenz und Laien-Dachverband hatte keine Entscheidungsbefugnisse, sie soll durch den Synodalen Rat ersetzt werden.

Befürworter der neuen Beratungsstruktur erklärten, die Synodalität sei ein zentrales Anliegen von Papst Franziskus. Ein solches Gremium könne die positiven Impulse des Synodalen Wegs fortführen. Kritiker des Synodalen Rates betonten in der Debatte, dass dieses neue Gremium auf eine Selbstentmachtung der Bischöfe hinauslaufe. Am 21. Juli hatte der Vatikan sich gegen die Schaffung eines neuen Leitungsgremiums ausgesprochen, sofern dieses über den Bischöfen stehen würde.

(kna – sk)

- aktualisiert um 13.20 uhr - 

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10. September 2022, 09:30