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Kreuzgang am Dom von Osnabrück Kreuzgang am Dom von Osnabrück 

D: Bischof Bode begründet Nicht-Rücktritt

Der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode bleibt trotz der Erkenntnisse des Zwischenberichts zu sexuellem Missbrauch im Bistum im Amt. Welche Veränderungen er in seinen letzten drei Amtsjahren bewirken will, erläutert er im Interview mit dem Kölner Domradio.

Interview

Sie sind am Donnerstag vor die Presse getreten, haben erste Maßnahmen verkündet. Was sind denn die wichtigsten Punkte, die Sie ändern wollen?

Bischof Franz-Josef Bode (Bischof von Osnabrück): Die wichtigsten Punkte sind, dass wir mehr Externe zuziehen. Dazu gehört ein Beauftragter, der die gesamten Prozesse nachhält, die wir in unserem Schutzprozess, den wir ja schon seit einigen Jahren ausgearbeitet haben, beschlossen haben. Der Beauftragte ist nicht von mir weisungsgebunden, sondern von der Monitoringgruppe des Schutzprozesses. Diese geht im Einzelnen den Dingen nach und steuert die Prozesse.
Ein zweiter Punkt ist, dass wir eine Ombudsstelle für Betroffene haben. Sie können sich dort hinwenden, sie werden Hilfe bekommen. Auch die Verfügung über den Fonds und alles, was damit zusammenhängt, wird an diese Stelle übertragen. Es wurde deutlich, dass, je mehr externe Expertise wire mit einbeziehen, sich die Sache in den letzten Jahren in einem Lernprozess wirklich verbessert hat. Das wurde uns auch bescheinigt.
Und das Dritte ist, dass wir in dem Personalreferat, wo ein Priester nur für Priester zuständig ist, bislang zwar auch Laien im Personalreferat haben, sich das aber künftig in der Leitung abbilden muss, dass es einen leitenden Mann oder eine Frau gibt, die auch für das Priesterpersonal zuständig ist. Das sind drei wichtige Stellen.
Außerdem will ich jedes Jahr einen Rechenschaftsbericht an unseren gemeinsamen Rat geben. Das sind aber kleinere Fragen.

„Habe tatsächlich über Rücktritt nachgedacht“

Sie selbst haben zwar in einer Pressekonferenz gesagt, Sie hätten auch über persönliche Konsequenzen, also zum Beispiel einen Rücktritt, nachgedacht. Am Ende stand für Sie aber die Entscheidung fest: Ich bleibe im Amt. Warum?

Bode: Ich habe das tatsächlich überlegt, weil es relativ massiv mit Pflichtverletzungen und so auf uns zu kam. Aber es ist ein Zwischenbericht. Das heißt, wir haben noch zwei Jahre der Begleitung vor uns.
Ich möchte natürlich gerne diese positive Lernkurve, die da beschrieben wurde, weiterführen und mit diesen Neustrukturierung den Prozess mit aller Gewalt vorantreiben. Ich sehe das als die Aufgabe meiner letzten Jahre.
Ich bin drei Jahre noch hier im Amt, sodass ich meinte, dass ich die Verantwortung für die Betroffenen besser wahrnehmen kann, als wenn jetzt eine Sedisvakanz kommt und das über ein Jahr alles unterbrochen wird und das Ganze irritiert wird.
Auch beim Synodalen Weg, wo ich eine Aufgabe habe und im Präsidium bin, möchte ich den Prozess nicht unterbrechen. Dort hat es ja auch mit der Aufarbeitung zu tun.

Sie sind jetzt 71 Jahre alt und waren mit 44 Jahren der jüngste deutsche Diözesanbischof, haben also über Jahrzehnte Verantwortung im Bistum und auch als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz übernommen. Wäre das nicht gerade ein starkes Signal in die Öffentlichkeit und auch in die katholische Kirche hinein gewesen, wenn Sie gesagt hätten: Ich habe persönliche Fehler gemacht, aber ich verantworte das jetzt und ich trete mit sofortiger Wirkung zurück?

Bode: Ohne Zweifel wäre es ein starkes Signal gewesen. Aber auch nur für eine kurze Zeit. Ich gehe jetzt den wirksameren Weg, weil so ein Signal schnell gesetzt ist. Es ist eine Lösung, die sicherlich ein Zeichen gewesen wäre. Aber wir haben wirklich gut überlegt, ob es nicht doch wirksamer ist, wenn wir jetzt die Schritte konsequent weitergehen, ob das nicht am Ende mehr bringt, als "nur" so ein Zeichen zu setzen. Sie verstehen, was ich meine.

Bischof Bode (zweiter von rechts) beim Synodalen Weg
Bischof Bode (zweiter von rechts) beim Synodalen Weg

„Es ist natürlich eine ausgesprochen schwierige Situation, was Annehmen und Ablehnen von Rücktritten anbetrifft“

Es ist bislang noch kein einziger aktiver Bischof zurückgetreten. Es wurde kein Rücktritt durch den Papst angenommen. Mit Blick auf die vergangenen Jahre: Meinen Sie, dass die Bischöfe in Deutschland ihrer Verantwortung gerecht geworden sind?

Bode: Ich denke, dass es bei den meisten Diözesen ähnlich sein wird wie bei uns. Und diese Frage des Anbietens des Rücktritts ist immer eine sehr schwierige Frage. Wenn man das dann dem Papst überlässt, finde ich es schwierig. Zumal er im Moment bei einem nicht angenommen hat. Wie wird das dann? Es stehen noch Dinge offen.
Es ist natürlich eine ausgesprochen schwierige Situation, was Annehmen und Ablehnen von Rücktritten anbetrifft. Deswegen weiß ich nicht, ob das wirklich der glückliche Weg ist. Aber das muss jeder höchstpersönlich entscheiden. Und ich denke, bei den nächsten Aufarbeitungen der Bistümer wird man das sehen.

In Osnabrück gab es jetzt einen Zwischenbericht. Die Wissenschaftler haben auch bescheinigt, dass Sie Fehler nicht persönlich beabsichtigt haben. Sie haben auch als Verantwortlicher ein Schutzkonzept in ihrem Bistum aufgesetzt, haben diese Untersuchung mit 1,3 Millionen Euro finanziert und haben trotzdem unabhängig forschen lassen. Was erwarten Sie denn von den weitergehenden Ergebnissen der wissenschaftlichen Arbeit?

Bode: Einmal werden natürlich noch mehr Einzelfälle angegangen, vor allen Dingen die ganze Zeit vor meiner Zeit, die jetzt noch nicht benannt worden ist, wo das Bistum Osnabrück noch mit Hamburg zusammen war. Das sind 50 Jahre gewesen, von 1945 bis 1990. Davon ist noch nicht so viel gesprochen worden.
Und natürlich wird der historische Zusammenhang beleuchtet. Wir haben eine Historikerin dabei, die diese systemischen Hintergründe betrachtet und erhellen kann, wo eigentlich die Gründe liegen.
Das erwarte ich mir davon. Es kann sein, dass uns das in zwei Jahren noch sehr viel mehr herausfordert als jetzt.

Sie sitzen eigentlich schon auf halb gepackten Koffern. Am Montag startet in Fulda die traditionelle Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe. Sie haben gesagt, Sie wollen sich für mehr Entschädigung der Betroffenen einsetzen, zumindest auf staatlicher Ebene. Warum ist Ihnen das wichtig?

Bode: Mit unserem System sind wir im staatlichen Reglement. Es wurde bei der Bischofskonferenz immer gesagt, dass wir mehr auf der oberen Ebene vergleichbar mit dem Staat seien. Der Professor sagt aber, dass wir bei der Bischofskonferenz eher auf der unteren Ebene sind. Das müsste geklärt werden.
Ob wir das jetzt bei diesem Mal schon können, weiß ich nicht, weil wir noch viele Hausaufgaben zu machen haben. Das wissen Sie auch nach der letzten synodalen Versammlung. Aber ich werde auf jeden Fall das Thema nochmal einbringen.

Was erwarten Sie, wird bei der Bischofskonferenz über das Abstimmungsverhalten auf der Synodalversammlung gesprochen?

Bode: Ja, wir werden auf jeden Fall darüber sprechen müssen. Wir hatten ja schon in Frankfurt darüber ziemlich reflektiert. Das ist eine lange Sitzung der Bischofskonferenz gewesen bis 23.30 Uhr. Aber wir werden uns mit Inhalten und mit den Grundproblemen, die dahinter stecken, befassen. Dass es für viele Bischöfe nicht akzeptabel ist oder sie meinen, es sei eine zu große Distanz zur Lehre der Kirche, muss man besprechen. Wir haben das schon einmal in einem Studientag getan. Das muss aber hier besprochen werden. Gerade für die Endversammlung des Synodalen Wegs ist das ausgesprochen wichtig. Denn über viele Themen müssen wir nächstes Mal die zweite Abstimmung machen. Da müssen wir uns einiger sein, das wird nicht einfach sein.

(domradio – sk)

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23. September 2022, 10:05