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Der Trierer Bischof Stephan Ackermann Der Trierer Bischof Stephan Ackermann  

D: 513 Betroffene von Missbrauch im Bistum Trier

Die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung von sexualisierter Gewalt im Bistum Trier hat an diesem Donnerstag einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. Namentlich oder anonym identifiziert werden konnten 513 Missbrauchsbetroffene. Die Taten ereigneten sich zwischen 1946 und 2021.

Als Beschuldigte beziehungsweise überführte Täter des sexuellen Missbrauchs seien 195 Personen erfasst, teilte die Unabhängige Kommission (UAK) am Donnerstag in Trier mit. Die UAK kritisierte zugleich „den Umstand, dass und wie vermeintliche oder überführte Täter innerhalb und außerhalb des Bistums versetzt wurden und dass es am neuen Ort erneut zu Missbrauchstaten an Jugendlichen und Kindern kam". Kurz zuvor war bekannt geworden, dass unter der Leitung des Trierer Bischofs Stephan Ackermann bis vor wenigen Jahren mehrere wegen Sexualstraftaten verurteilte Priester in der Krankenhausseelsorge eingesetzt worden waren.

Dem früheren Trierer Bischof Bernhard Stein (1904-1993) wirft die Kommission vor, in seiner Amtszeit von 1967 bis 1980 von sexuellem Missbrauch durch Kleriker an Kindern gewusst und Täter gedeckt zu haben.

Handlungsempfehlungen

Die Kommission legte mehrere Handlungsempfehlungen an das Bistum vor: Zum einen sei es „unabdingbar", dass man die bisherige Praxis zur Gewährung von Akteneinsicht für Betroffene „deutlich verbessert". Nötig sei dafür ein „transparenteres und wenig aufwändiges Verfahren". Das Bistum müsse Betroffene „regelmäßig" und „intensiver" über den Fortgang des kircheninternen Verfahrens unterrichtet, das in Verfolgung des jeweiligen Missbrauchs initiiert worden sei.

Auf Anregung der UAK sei eine Stiftung gegründet worden, „die die Erfüllung der finanziellen Erfordernisse der Aufarbeitung sicherstellt und die Unabhängigkeit der Kommission zusätzlich stärkt". Seit der konstituierenden Sitzung der UAK am 26. Juni 2021 gab es den Angaben zufolge 21 Treffen.

Zum Nachhören

Bischof dankt für Zwischenbericht

Der Trierer Bischof Stefan Ackermann dankte in einer ersten Stellungnahme für den Zwischenbericht. Die Gespräche mit Betroffenen, die sich bereits mit der Kommission in Verbindung gesetzt haben, „werden ein wesentlicher Baustein für die Aufarbeitung im Bistum sein, dessen bin ich mir sicher“, hieß es in der Mitteilung aus dem Bistum.

„Ich nehme die Empfehlungen und Hinweise der Kommission gerne an“

Zur Frage der Akteneinsicht für Betroffene, die die Kommission forderte, verwies Ackermann darauf, dass es seit Beginn dieses Jahres bereits „ein neues Personalakten-Gesetz gibt, das auch die Frage der Akteneinsicht transparent regelt“. Er nehme die Empfehlungen und Hinweise der Kommission „gerne an und werde mit dem diözesanen Beraterstab sowie mit dem Betroffenenbeirat beraten, wie diese konkret umzusetzen sind“, so Ackermann.

Trotz diverser Studien und Aufarbeitungsberichte gebe es für die Problematik des sexuellen Missbrauchs im Bereich der Kirche nach wie vor Forschungsbedarf. „Deshalb begrüße ich auch die von der Kommission auf den Weg gebrachte Studie mit einer historischen und einer psychologischen Teilstudie“, so der Trierer Bischof.                                

„Der Bericht zeigt, dass wir von Seiten des Bistums sehr daran interessiert sind, einerseits die Unabhängigkeit der Kommission zu achten und andererseits in guter Weise mit der Kommission zu kooperieren, indem wir dort Unterstützung leisten, wo sie von der Kommission angefragt wird“, erklärte Ackermann. Zwischen ihm und der Kommission habe es bisher keinen näheren inhaltlichen Austausch gegeben, „aber entsprechende Gespräche sind im Zwischenbericht angekündigt, und ich stehe dazu gerne zur Verfügung.“

Historische Fälle offenbaren Versagen der Kirchenleitung

Der Zwischenbericht der Unabhängigen Kommission (UAK) zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier enthält auch zwei gravierende historische Fallbeispiele. Beide dokumentieren der Kommission zufolge die damalige „Praxis der Bistumsleitungen, Fälle sexuellen Missbrauches intern zu regeln und vor der Öffentlichkeit, ja sogar vor dem Zugriff der staatlichen Strafverfolgungsbehörden zu verbergen".

Einer der Fälle ist der des Trierer Diözesanpriesters Paul Krischer. Er floh 1959 vor Strafverfolgung nach Paraguay und machte dort im Bistum Encarnación Karriere, unter anderem ab 1976 als Generalvikar. In Kirchenkreisen sei bekannt gewesen, dass Krischer sich durch die Flucht nach Paraguay einem Strafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs entzogen habe. „Die Akten legen nahe, dass das Bistum die Staatsanwaltschaft bewusst hinters Licht geführt hat", heißt im Kommissionsbericht. Krischer habe in Deutschland nachweislich sieben Schüler missbraucht, dass er in Paraguay mit dem Missbrauch aufgehört habe, sei unwahrscheinlich. 

(kna/pm – gs)

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25. August 2022, 17:31