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Der Reiche und die gute Ernte... Der Reiche und die gute Ernte... 

Unser Sonntag: Sinnloses Treiben

Wie der Reiche im Evangelium, so seien auch wir als Kirche Jesu in der Gefahr, zu meinen, man sollte die „alten Scheunen“ abreißen, und neue bauen. Dabei, so Joachim Schroedel, stellen wir unseren doch eher vernebelten Geist an die Stelle des Heiligen Geistes…

Msgr. Joachim Schroedel 

Lk 12,13-21 Lesejahr C


Erlauben Sie mir zu Beginn eine kleine biographische Notiz. Mein Vater selig, der eigenartigerweise einen größeren Anteil an meiner religiösen Erziehung hatte, als meine Mutter, sagte immer: „Die meisten Menschen werden von einem Gedanken beherrscht: ‚Haben, haben, haben!’. Christen aber, so meinte er weiter, sind aber Menschen, die sagen: ‚Geben, geben, geben!’.“

Hier zum Nachhören

Und sie folgen damit Jesus selbst, der buchstäblich ALLES gegeben hat, letztlich eben auch sein eigenes Leben.

Habgierige Menschen

Das heutige Evangelium entlarvt die Menschen, die habgierig sind. Sehr eindringlich schildert Jesus, wie es einem Gutsbesitzer gehen kann, der plötzlich eine größere Ernte bekommt, als er gedacht hatte. Wie so oft, darf man auch hier schmunzeln über die Art, wie Jesus den Reichen sprechen lässt. Der Mann muss sich gerade wegen seines großen Reichtums sorgen machen; wo soll ich das alles aufbewahren? – das ist seine größte Sorge. Er überlegt „hin und her“. Was er denn nun machen könne, und er hat die Idee schlechthin: Ich reiße die kleinen Scheunen ab, baue größere, und dann brauche viele Jahre nicht mehr zu arbeiten.

„Ruh dich aus, iss und trink und freu dich des Lebens!“ Könnte man diesen Mann nicht beneiden? Bestimmt haben Jesu Zuhörer eine gewisse Sympathie zum Großbauern entwickelt – gepaart freilich auch mit einem gehörigen Maß an Neid. „Der ist clever, der hat es gut“.

„Das letzte Hemd hat keine Taschen“

Doch nun tritt Gott auf den Plan und ruft ihm zu: DU NARR! Im griechischen Urtext steht hier afron; als adjektiv kann das auch „sinnlos“ bedeuten. Welch ein sinnloses Tun ist das alles doch! Denn, wie sagen wir: „Das letzte Hemd hat keine Taschen!“ Und auch im Islam gibt es diesen Gedanken, wenn es heisst: „Das Totentuch hat keine Taschen!“.

Im Gleichnis vom superreich gewordenen Mann geht es zunächst um den materiellen Reichtum.

Gerade auch heute ist die „Narretei des Reichtums“ ein Thema unserer Gesellschaft. Wenn etwas einmal teurer wird, dann „jammern wie auf hohem Niveau“. Seit Jahrzehnten kennt die Wirtschaft, mit wenigen Ausnahmen, ein ständiges „Aufwärts“. Und dabei muss man nicht nur auf die „Superreichen“ sehen. Wir in der so genannten „ersten Welt“ leben auf Kosten anderer. Wir beuten die Welt aus, und jammern dennoch, es würde nicht reichen. Das Gefälle von Arm und Reich wird selbst bei uns immer größer. Wie häufig sehe ich bettelnde Menschen, oder Menschen, die sich durch den Müll wühlen, um Plastikflaschen zu finden, die sie abgeben wollen, um vom Flaschenpfand zu leben.

Reich vor Gott?

Nein, Gott hat das nicht so gewollt! Obwohl das immer wieder Menschen behaupten; nicht zuletzt auch in dem Kulturkreis, in dem ich lebe, dem Orient. Die soziale Verantwortung ist bei uns in Europa jedenfalls immer noch höher als in anderen Ländern der Erde, und in manch anderen Religionen.

Der Großgrundbesitzer, der ohnedies genug zum Leben hatte und seine Ernte in Scheunen lagerte, hätte ja auch sagen können: Wunderbar, ich kann mit dem Überfluss, den ich jetzt habe, die Not anderer lindern. Dann wäre er, wie Jesus am Ende des Evangeliums sagt, „reich vor Gott“ gewesen.

Der Evangelist Lukas stellt die verschiedenen überlieferten Stücke zu einer durchgängigen Jüngerbelehrung zusammen. Unmittelbar nach unserem heutigen Evangelium (die Fortsetzung hören wir am kommenden Sonntag) ruft Jesus seine Jünger auf, sich um nichts zu sorgen! (Lk 12,32-48)

„Euch soll es zuerst um das Reich Gottes gehen, dann wird euch alles andere dazu gegeben.... Wo Euer Schatz ist, da ist Euer Herz.“ (Lk12,31.34)

Basteln an der Lehre der Kirche

Doch es ist nicht nur der materielle Reichtum der Sorge macht und letztlich so beschämend schnell zu Staub zerfällt. Er kann auch der intellektuelle Reichtum sein, vielmehr: die Hybris, unsere Zukunft zu planen und zu gestalten. Leider ist auch die Kirche selbst inzwischen dieser Anmaßung verfallen: Man meint, wenn Pastoralkonzepte für die Zukunft entwickelt werden, wenn man an der Lehre etwas herum bastelt und sie für die Menschen „verständlicher“ macht – und sie freilich auch entschärft – dann wird die Zukunft sicher sein.

„Ruh dich aus, iss und trink, und freu dich des Lebens!“

Auch wir als Kirche Jesu sind in der Gefahr, zu meinen, man sollte die „alten Scheunen“ abreißen, und neue bauen. Und wir stellen unseren doch eher vernebelten Geist an die Stelle des Heiligen Geistes. Dabei geht es noch nicht einmal um eine „größere Ernte“, die wir einzubringen und festzuhalten suchen. Es ist eine ersponnene Phantasie, dass man ohne Rücksicht auf Gottes Willen und ohne jeden „Gehorsam“ (dieses Wort steht wohl im Zusammenhang mit dem Wort „Hören“) und ohne jeden Kontakt mit der lebendigen Tradition der Kirche eine Zukunft der Kirche, ja, eine „neue Kirche“ planen will.

„Du Narr! Was treibst Du Sinnloses!“

So höre ich Gott selber auch zu uns sagen. Statt zu hören, was Gott uns sagt, statt in der Stille des „Einsamen Berges“ und in der Tiefe des bittenden Gebetes von Gott und durch Jesus Christus das Leben neu zu erhalten und das Reich Gottes suchen, wollen viele von uns „das Reich Gottes bauen“.

Ein Unterfangen, das mit Sicherheit fehl schlägt.

Schließlich denke ich an das Evangelium des 16. Sonntags im Jahreskreis zurück, das wir vor 14 Tagen betrachtet haben.

„Martha, Martha, Du machst Dir viele Sorgen und Mühen. Aber nur eines ist notwendig.“ (Lk 10,41.42a)

Notwendigkeit, auf Gott zu vertrauen

Es ist die Notwendigkeit, auf Gott zu vertrauen und die Nachfolge Jesu anzugehen, der sich ganz in die Hände des Vaters gegeben hat. „Vater, in deine Hände empfehle ich meinen Geist“ (Lk 23,46).

Die Selbsthingebe des Sohnes ermöglicht unsere Hingabe an den Vater. Und diese Hingabe bedeutet absolutes Vertrauen in seine, Gottes, liebende Fürsorge.

Wer auf sich selbst vertraut, wird scheitern. Auch wenn er noch so große Vorsorge trifft. Wer auf IHN vertraut, wird nie zuschanden! (Jes 28,16; Röm 10,11).

Vielleicht können wir unsere Scheuen besser öffnen für die Not der Armen, der Flüchtlinge, der Hilfesuchenden. Das wäre allemal besser, als den Blick auf den eigenen Wohlstand. Gerade unsere Zeit mit einem Krieg in Europa fordert uns hierzu auf!

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski)

 


 

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30. Juli 2022, 10:11