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Unser Sonntag: Wider den Debattierclub

In seinem Kommentar zum Sonntagsevangelium betont Joachim Schroedel, dass Gebet in der Stille, Mediation und Versenkung in das Allerheiligste notwendig sind – nicht der Debattierclub der „heutigen“.

Lk 10, 38-42 Lesejahr C

Wissen Sie noch, was eine „Haushälterin“ ist? In der homepage meines Bistums Mainz wird sie auch heute – vielleicht und hoffentlich mehr als früher, und besser, definiert: „Die Arbeit der Pfarrhaushälterin ist ein kirchlicher Dienst, der den Pfarrer, seine Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entlastet und zu einer einladenden und freundlichen Atmosphäre im Pfarrhaus und in der Gemeinde beiträgt.“ 

Hier zum Nachhören

Ich selber durfte als Kaplan eine Frau kennen lernen, die als Haushälterin arbeitete. Es war allerdings nicht „irgendeine“ Dame, sondern die Mutter meines Pfarrers. Und sie führte das Regiment im Hause. Sie kochte vorzüglich und führte in gewisser Weise die Pfarrei. „Der Pfarrer muss seinen Mittagsschlaf halten“! Wie oft hörte ich dies als Kaplan. Sie war diejenige, die alle Anstrengungen von meinem Pfarrer fern hielt. „Setz` Deine Kappe auf, Du hast doch sowieso keine Haare mehr, und Du wirst Dich erkälten“ – eine oft gehörte Mahnung meiner Pfarrersmutter.

Pfarrhaushälterinnen der Heiligen Martha geweiht

Nun, es ist schon wundervoll, wenn es Menschen gibt, die dem Priester zur Seite stehen und ihm seinen pastoralen Dienst erleichtern. Ich hatte, in fast 40 Priesterjahren, keine „Haushälterin“. Und es ging auch. Denn: Wer es einmal übernommen hat, für einen Priester zu sorgen, der tut es zumeist aus ganzem, liebevollen und beschützenden Herzen. Und viele Haushälterinnen waren in besonderer Weise der Heiligen Martha geweiht. Eben diese war es, die den Herrn „freundlich aufnahm“.

„Von Martha heißt es im griechischen Originaltext, sie war „völlig abgelenkt“,“

Und nun? Maria, die Schwester der Martha, lässt sich zu Füssen Jesu nieder um ihm zuzuhören. Keine Hilfe, kein Bemühen um den „Hohen Gast“. Von Martha heißt es im griechischen Originaltext, sie war „völlig abgelenkt“, weil sie um ihn sich sorgen wollte. „peri-spao“, das griechische Wort, drückt es noch besser aus, als unser deutscher Ausdruck „ganz davon in Anspruch genommen“. Durch alle Mühen für den Gast war sie abgelenkt davon, dass es eigentlich ER ist, der dienen will.

Jesus sagt an anderer Stelle (MK 10,45): „Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern, um zu dienen, und sein Leben zu geben als Lösegeld für die Sünden“.

„Menschen, die sich im Dienste Gottes verzehren, wollen bestimmt von ganzem Herzen Gutes tun.“

Und nun beginnt selbst diese zunächst so „ungerechte“ Geschichte, einen Sinn zu bekommen. Jesus verurteilt keinen, der sich darum bemüht, ihm selbst „Gutes zu tun“. Er lässt es geschehen, vielleicht auch, weil er weiß, dass Menschen, die sich im Dienste Gottes verzehren, bestimmt von ganzem Herzen Gutes tun wollen.

Nächstenliebe wird heute fast als Gegenposition zur Gottesliebe benutzt. Wir erinnern uns an das Evangelium des letzten Sonntags: Gottes- und Nächstenliebe gehören zusammen. Aber dabei stehen bleiben hieße, die Botschaft Jesu rein innerweltlich zu verstehen.

Jesus ist das Fleisch gewordene Wort

Maria, die Schwester der heiligen und so fleißigen Martha, lässt sich zu den Füssen Jesu nieder. Ich sehe geradezu, wie fromme Menschen auch in anderen Religionen sich niederwerfen und niederbeugen, um meditierend die „Botschaft des Meisters“ anzunehmen. Maria scheint intuitiv zu verstehen: Dieser Jesus verkündet nicht nur eine Botschaft der Nächstenliebe und des Friedens. Er IST selber das Fleisch gewordene Wort Gottes, der in sich selbst die Botschaft der Liebe Gestalt werden lässt. Er selbst ist „das Wort Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt“.

...und weit mehr als ein Veränderer der Welt

Wenn wir heute Jesus als einen Propheten verstehen wollen, der uns eine Botschaft verkünden will, wie wir die Welt schöner und besser machen können, wenn wir (vermeintlich) ihm in unserem Leben, als Veränderer der Welt, als friday-for-future Gestalt, einen Weg ebenen wollen .... – dann haben wir ihn eben nicht verstanden!!

Jesus arbeitet nicht „an unserer Seite“. Er hilft und nicht nur, „den Alltag zu bestehen“. Er gibt uns mit Nichten Rezepte für das Überleben der Welt im 21sten Jahrhundert. Jesus selbst IST das HEILSAME WORT. Er ist der fleischgewordene Sohn Gottes, dessen Botschaft keine Ideologie, sondern er selber ist. Er selber, in seiner absoluten Hingabe am Kreuz!

Schauen wir einmal auf unsere Mitchristen. In Deutschland und in der Welt. Welch große Mühen versuchen alle vermeintlich Verantwortlichen, dass die Kirche „überlebt“. Welche seltsamen Reduktionen der christlichen Verkündigung müssen wir noch überstehen? Wie lange noch müssen wir die Botschaft der Kirche zu verändern versuchen, damit „endlich“ die „moderne Kirche“ entsteht?

Geschäftigkeit und Pastoralplanung reichen nicht

Kaum jemand, der dazu aufruft, zu den Füssen Jesu zu sitzen, um ihm zuzuhören. Kaum ein Bischof, der offen bekennt, dass jede Geschäftigkeit, jede Pastoralplanung, jede Taktik für die Kirche sich letztlich umkehrt und zum Zeugen des Unglaubens wird!

„Martha, Martha, Du machst Dir viele Sorgen und Mühen!“. Die Kirche, die sich – bestimmt zu Recht – als in Dienst genommen für die Gläubigen versteht, sieht nicht mehr, dass Jesus eben nicht einer ist, der mit einem „special program“ diese Kirche weiter führen will. Jesus ist vielmehr derjenige, der als LEBENDE PERSON in dieser Kirche ernst genommen werden will.

„Maria hat das Bessere erwählt, das soll ihr nicht genommen werden!“

Wenn der Kirche es nicht endlich gelingt, sich von Planungen und welchen auch immer Wegen zu verabschieden, wenn es ihr nicht gelingt, in ständiger „Bekehrung zum Herrn“ zu seinen Füssen zu sitzen und bei ihm auszuharren, wenn die Kirche, besonders auch in Deutschland, nicht das Vorbild aller Heiligen nimmt, in der Betrachtung und Meditation zum Herrn stets neu zu begegnen.

Meditation und Versenkung vor dem Allerheiligsten

Wenn die Verantwortlichen in unserer Gemeinschaft der an Christus Glaubenden nicht immer wieder, wie unser Heiliger Vater vor und nach jeder wichtigen Missionsreise, in Meditation und Versenkung vor dem Allerheiligsten und der Allerseligsten Jungfrau Maria inne hält und betet – dann wird kein noch so synodaler Weg zur Freiheit der Kinder Gottes und zur Erlösung finden.

Martha war bestimmt ein Mensch, der Jesus, dem Rabbi von Nazareth, alle Ehre erweisen wollte. Sie hat aber nicht verstanden, dass es ER ist, der IHR den Dienst der Erlösung schenken will!

Nur Einer wendet die Not

„Nur eines ist Notwendig“ – nur Eines wendet die Not. Oder: Nur EINER wendet die Not: „Sich zu den Füssen Jesu zu setzen, und sein Wort zu hören.“

Und wir wissen: Das „Logos“, das Wort – oder die Worte – die Maria hörte, ist Jesus selbst. Er ist das „fleischgewordene Wort Gottes“. Wir können heute keine Kirchenreform angehen, keine neue Pastoral planen und (natürlich!) auch keine Kirchensteuer fordern, ohne die beständige, kontemplativ-hingebungsvolle Wendung zu Jesus. Papst Benedikt XVI. hatte gebeten, dass beim Weltjugendtag in Köln eine lange Anbetung statt finden soll. Zehntausende Jugendlicher saßen still und meditierend vor dem Allerheiligsten.

Beten in der Stille

Papst Franziskus tut dies, er kann, bei all dem Vielen, was er sagen muss oder meint, sagen zu müssen, immer wieder in der Stille verweilen. Große Heilige tun das. Mutter Therese tat dies stundenlang. Ein Heiliger Pfarrer von Ars (+1859) betete still, Stunden um Stunden, Tage um Tage.

„Wir Heutigen“ sind ein Debattierclub geworden. Synodale Kirche, wir schaffen das!

Oh nein: Maria hat das Bessere erwählt; das soll ihr nicht genommen werden.

(radio vatikan - redaktion claudia kaminski) 

 

 

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16. Juli 2022, 11:00