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Lagerraum mit Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung in der Ukraine Lagerraum mit Hilfsgütern für die Zivilbevölkerung in der Ukraine 

Ö/Ukraine: „Die Hilfe kommt an“

Österreichs kirchliche Hilfe für die Kriegsopfer in der Ukraine kommt an und wirkt: Dieses Resümee hat der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am Mittwoch nach Abschluss seines Ukraine-Besuchs gezogen. Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner warnte davor, sich an den Krieg zu gewöhnen.

Es sei deutlich geworden, „dass über die kirchliche Arbeit und die kirchlichen Netzwerke sehr viel Hilfe zu den Menschen kommt“, sagte Bischof Krautwaschl nach seiner Rückkehr aus der Ukraine gegenüber Kathpress. Der steirische Bischof und der Salzburger Erzbischof waren Dienstag in Lemberg/Lwiw mit kirchlichen und politischen Vertretern zusammengetroffen und hatten zudem eine Reihe von kirchlichen Hilfsprojekten besucht.

Die Diözese Graz-Seckau ist seit mehr als 20 Jahren über ihre Einrichtung „Welthaus“ in der Ukraine mit Sozial- und Pastoralprojekten tätig. Intensive Kontakte gab und gibt es mit den ukrainisch-katholischen Diözesen Ivano-Frankivsk, Donezk/Zaporizhia, Kolomyya, Buchach, Ternopil-Zbori und Odessa. Bischof Krautwaschl hat bereits 2016 Lemberg, Ivano-Frankivsk und Buchach besucht und unterhält viele persönliche Kontakte zu Vertretern der ukrainisch-katholischen Kirche.

Aufstockung der Ukraine-Hilfe

Gleich zu Beginn des Krieges wurde von Welthaus ein Spendenaufruf gestartet und die Diözese Graz-Seckau hatte die Ukraine-Hilfe aufgestockt: 100.000 Euro wurden für die notleidende Bevölkerung der Ukraine zusätzlich zur Verfügung gestellt. Im Blick auf den Herbst und Winter dürfe man in der kirchlichen Hilfe freilich nicht nachlassen, so der Bischof.

Die Solidarität müsse zudem auch den Geflüchteten gelten, betonte Krautwaschl. Der steirische Bischof besuchte in diesem Zusammenhang am Mittwoch die ostpolnische katholische Diözese Rzeszów, wo die Diözese Graz-Seckau ebenfalls schon seit vielen Jahren aktiv ist und wo tausende Geflüchtete aus der Ukraine versorgt werden. Im Rahmen seines Besuchs vor Ort überbrachte Krautwaschl auch eine Spende.

Totengedenken für Soldaten

Tief betroffen zeigte sich Krautwaschl vom Besuch des Lemberger Lytschakiwski-Friedhofs, wo er gemeinsam mit Erzbischof Lackner und dem orthodoxen Bischof Dymytrij von Lwiw ein Totengedenken für die ukrainischen Soldaten abhielt. Sie beteten zudem auch spontan mit einer Mutter, die das Grab ihres gefallenen Sohnes besuchte. 140 Gefallenen wurden allein auf diesem Friedhof in den vergangenen vier Monaten bestattet.

Einmal mehr sei an den Gräbern der oft kaum älter als 20-jährigen Soldaten für ihn die Botschaft deutlich geworden: „Suchen wir nicht das Trennende. Suchen wir das Miteinander, beginnen wir immer wieder, den anderen verstehen zu lernen. Begreifen wir, dass wir selbst immer auch der Ergänzung durch die Begegnung mit dem Anderen bedürfen.“

Zeugnis der Hoffnung

Gerade in diesen so existenziell schwierigen Momenten schenke der Glaube Trost und Hoffnung, so der Bischof. Und so habe er in allem Leid bei den Begegnungen mit den Menschen auch viele ermutigende Zeichen der Hoffnung erlebt. Er habe dies auch am Montag bei seinem Besuch bei der Bischofssynode der Ukrainisch-katholischen Kirche zum Ausdruck gebracht, die im polnischen Przemysl tagt, so Krautwaschl: „Ich habe den Bischöfen für ihr Zeugnis der Hoffnung gedankt, dass sie uns in dieser für sie so schwierigen Zeit geben.“ Das relativiere auch so manche Schwierigkeiten in Österreich.

Mut hätten ihm besonders auch die vielen Begegnungen mit Kindern gemacht. Diese strahlten trotz aller Not und allem Leid immer auch Hoffnung aus, „und ich möchte ihnen durch meine Nähe ein bisschen Hoffnung vermitteln“. Er wünsche diesen Kindern nichts sehnlicher als Frieden, „und dass sie in ihrem Leben niemals aufhören werden, aufeinander zuzugehen“.

Lackner: „Nicht an Not gewöhnen”

Der Salzburger Erzbischof Franz Lackner betonte nach seiner Rückkehr: „Wir dürfen uns nicht an die Not in der Ukraine gewöhnen und uns mit dem Leid der Menschen abfinden.“ Die großen Probleme, die nun mit der zunehmenden Ressourcenknappheit auch auf die Menschen in Österreich zukommen, dürften nicht gegen das Leid in der Ukraine und die Not der ukrainischen Flüchtlinge ausgespielt werden. Beides gelte es gleichermaßen im Blick zu haben, so der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz am Mittwoch in seinem Resümee zur Reise.

Lackner und Krautwaschl waren Dienstag in Lemberg/Lwiw zuerst mit dem römisch-katholischen Erzbischof Mieczyslaw Mokrzycki zusammengetroffen und hatten eine Einrichtung für Flüchtlinge aus dem Osten der Ukraine besucht. In der Lemberger Garnisonskirche nahmen sie schließlich Dienstagmittag an einem Gottesdienst teil, bei dem für den Frieden, für Gerechtigkeit und die Freiheit der Ukraine gebetet wurde.

Notwendige Rehabilitationsprogramme

Erzbischof Lackner kommt von seiner Ukraine-Reise auch mit einigen ganz konkreten Projektideen zurück nach Österreich, wie er gegenüber Kathpress sagte. Das betreffe etwa einen Spielplatz für ein Benediktinerinnenkloster am Stadtrand von Lemberg, in dem Dutzende Flüchtlingsfamilien - fast ausschließlich Mütter mit ihren Kindern -, aber auch alte alleinstehende Menschen aufgenommen wurden.

Großen Bedarf gebe es auch bei der medizinischen Versorgung und vor allem Rehabilitation schwerst verwunderter Soldaten. Er würde es begrüßen, so Lackner, wenn es hier Möglichkeiten bei heimischem Spitälern, auch Ordensspitälern, und Rehabilitationszentren geben würde. Er werde dieses Anliegen jedenfalls weiter verfolgen. - In diesem Zusammenhang hatte auch der Lemberger Bürgermeister Andrij Sadowij bei seiner Begegnung mit den Bischöfen den Plan eines Rehabilitationszentrums in Lemberg vorgestellt, für das noch Unterstützung gesucht wird.

Luftschutzalarm

Sicherheitsbedenken habe er bei seiner Reise vor Ort kaum gehabt, so Lackner gegenüber Kathpress. Als die beiden österreichischen Bischöfe am Dienstag in der Lemberger Garnisonskirche einen Gottesdienst feierten, wurde Luftschutzalarm ausgelöst. Lackner: „Wie ich die Leute in der bis auf den letzten Platz vollen Kirche gesehen habe, wie sie ruhig geblieben sind und weiter im Gebet verharrten, hat mir das auch Ruhe geschenkt.“

Abgeschlossen wurde die Reise nach Lemberg mit einem Besuch in dem von der griechisch-katholischen Caritas und Kirche betriebenen Flüchtlingsheim „Haus der Barmherzigkeit“. Dieses dient seit Kriegsausbruch u.a. als temporäre Notunterkunft für tausende Flüchtlinge, aber zudem auch als zentrale Koordinationsstelle für den Weitertransport von Hilfsgütern in den Osten der Ukraine. Ein dringliches Anliegen der Verantwortlich: Es braucht viel mehr psychologische Hilfsangebote für die unzähligen Kriegstraumatisierten im Land. Auch die psychischen Langzeitfolgen für die ukrainische Gesellschaft seien enorm, hieß es.

(kap – pr)


 

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13. Juli 2022, 14:09