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Die Delegation um Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bei Papst Franziskus (Martina Breyer: 3.v.r.) Die Delegation um Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer bei Papst Franziskus (Martina Breyer: 3.v.r.) 

Missbrauchsaufarbeitung: „Keinen Schluss-Strich herbeiwünschen“

Eine hochkarätige Delegation aus Sachsen war dieser Tage in Rom unterwegs, um politische und kirchliche Themen anzusprechen. Gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten von Sachsen, Michael Kretschmer, und dem Bischof von Dresden-Meißen, Heinrich Timmerevers, war auch die Vorsitzende des Katholikenrates des Bistums, Martina Breyer, mit dabei. Sie konnte am Rande der Privataudienz für den Ministerpräsidenten ebenfalls kurz mit Papst Franziskus sprechen.

Zwar habe sie nicht mit dem Papst so ausführlich über den Synodalen Weg sprechen können, wie sie sich das im Vorfeld gewünscht habe, so Breyer im Anschluss an das Treffen im Gespräch mit Radio Vatikan. Doch sie werde den Wunsch nach mehr Austausch, der in Rom immer wieder in den Gesprächen mit Kirchenvertretern geäußert wurde, mit nach Hause nehmen, versprach die Vorsitzende des Katholikenrates in Dresden-Meißen, die gleichzeitig auch Synodale im Dialogprozess des Synodalen Weges in Deutschland ist.

Martina Breyer und Michael Kretschmer bei der Pressebegegnung im Vatikan
Martina Breyer und Michael Kretschmer bei der Pressebegegnung im Vatikan

Sie habe den Papst bei der Begegnung im Vatikan als sehr „lebendigen“ und „wachen“ Menschen erlebt, da „sollte man sich von dem Rollstuhl nicht täuschen lassen“, betonte sie: „Ich habe die Menschen gefragt, was ich dem Papst sagen solle, und sie haben mir aufgetragen, ihm zu sagen, dass wir ihn brauchen und auch für ihn beten. Das habe ich ihm gesagt. Und daraufhin hat er mir gesagt, ja, das habe ich auch nötig. Ich denke, das ist eine Verbundenheit, die wir Katholikinnen und Katholiken auf der Welt auch teilen, also die Verbundenheit mit dem Papst und auch das Wissen um seine Verantwortung und seinen Dienst für uns alle.“

Noch viel Erklärungsarbeit nötig

Sie habe auch aus den jüngst medial verbreiteten Äußerungen des Papstes zum Synodalen Weg den Eindruck, dass der Papst sich über das Reformprojekt der deutschen Kirche auf dem Laufenden halte, meint Breyer. Allerdings glaube sie, dass es noch „viel Gespräch“ und Erklärung darüber brauche, was genau behandelt und „in welchem Geiste“, mit welcher Zielsetzung, in Deutschland bei den Diskussionen vorgegangen werde. „Aber auch: wer sind die Menschen, die das tun? Was ist Ihre Motivation? Ich habe den Eindruck, dass da nach wie vor Bilder existieren, die nicht ganz der Wirklichkeit entsprechen.“

„Synodale wie viele andere auch“

Sie sei zwar keine „intellektuelle theologische Elite“, aber trotzdem „Synodale wie viele andere auch“, die sich aus der „Taufe und Firmung heraus in tiefster Verbundenheit mit ihrer Kirche“ bei dem Reformprojekt engagierten und ihre Leben- und Glaubenserfahrung dort mit viel Energie einbrächten. „Und ich möchte mich aber nicht von den angesprochenen Eliten distanzieren. Die braucht es nämlich auch, damit Papiere entstehen, die auch Bestand haben, die eine theologische Tiefe haben, die maßgeblich sind, und die nicht an der Oberfläche bleiben.“

Kurz habe sie Franziskus auch von einem an seiner Umweltenzyklika Laudato si angelehnten Projekt berichtet, das in Kürze im gesamten Bistum gestartet werde, erzählte Breyer. Diese sei - langsam, aber stetig - mittlerweile bis an die Basis vorgedrungen und wirke dort weiter, so ihre Einschätzung, die sie auch dem Papst mitgeteilt habe.  

Wenn Theorie von der Wirklichkeit eingeholt wird

Besonders beeindruckt zeigte sich die Vertreterin des Katholikenrates in dem sächsischen Bistum Dresden-Meißen von dem Gespräch, das am Vorabend der Papstaudienz mit dem Präventionsexperten P. Hans Zollner in der deutschsprachigen Anima-Gemeinde stattgefunden hatte. Dies sei einerseits eine „Auffrischung“ dessen gewesen, was man sowieso schon wusste. „Aber wenn man das verbunden mit der Persönlichkeit von Pater Zollner, der ja mit einer enormen Kraft die Dinge anspricht und vertritt, hört, dann bewegt einen das nochmal mehr.“ Am gleichen Tag sei ihr in einer völlig anderen Situation unerwartet ein Betroffener begegnet. „Und diese zwei Ebenen, sich theoretisch damit auseinanderzusetzen, strukturell in so einem Gespräch - und dann diese persönliche Begegnung - das hat mich so tief bewegt, dass ich in der Nacht noch darüber nachdenken musste. Ja, wir müssen dranbleiben, ganz, ganz intensiv. Und uns keinen Schluss-Strich herbeiwünschen.“

Am Rand der Begegnung in der katholischen Anima-Gemeinde hatte Bischof Heinrich Timmerevers angekündigt, dass „noch in diesem Jahr“ nach der Sommerpause eine gemeinsame Aufarbeitungskommission für die Bistümer Dresden-Meißen, Görlitz und das Erzbistum Berlin eingerichtet werden solle. Bereits Ende Januar hatte Dresden-Meißen dies für das Frühjahr 2022 angekündigt. Die Einrichtung solcher Kommissionen hatten die deutschen katholischen Bischöfe im Juni 2020 mit dem früheren Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, vereinbart. Bischof Timmerevers wird Papst Franziskus in der kommenden Woche im Rahmen einer Privataudienz begegnen.

(vatican news/kna - cs)

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17. Juni 2022, 16:28