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Schweiz: Priesterkreis kritisiert Verhaltenskodex zu Missbrauch

Rund 40 Priester in der Schweizer Diözese Chur verweigern die Unterzeichnung eines Verhaltenskodex zum Problem des sexuellen und spirituellen Missbrauchs. Einzelne Punkte widersprächen ihrer Meinung nach offen der katholischen Lehre zu Homosexualität und Ehe, kritisieren die Priester.

Auch sie seien für die Prävention von Übergriffen, heißt es in einer Erklärung der 43 Geistlichen. 95 Prozent der im Kodex thematisierten Inhalte „betrachten wir als Ausdruck des gesunden Menschenverstands und des Anstands“, so die Stellungnahme auf der Webseite des Priesterkreises.

Die Diözese Chur hat die Unterzeichnung des Dokuments mit dem Titel „Verhaltenskodex zum Umgang mit Macht - Prävention von spirituellem Missbrauch und sexueller Ausbeutung“ für alle kirchlichen Mitarbeitenden als verbindlich erklärt. Der Bischof von Chur, Joseph Bonnemain, die drei Generalvikare und die obersten Vertreter der sieben Kantonalkirchen in der Diözese hatten es am 5. April unterschrieben.

Der Priesterkreis, den laut einem Bericht der „Luzerner Zeitung“ in der Freitagsausgabe rund 80 weitere Geistliche als Sympathisanten unterstützen, begründet seine Ablehnung mit Beispielen, die die kirchliche Sexualmoral und das katholische Eheverständnis betreffen. Auf Kritik stößt etwa der Satz: „Ich verzichte auf pauschal negative Bewertungen von angeblich unbiblischem Verhalten aufgrund der sexuellen Orientierung.“ Wer diesen Satz unterschreibe, könne nicht mehr die kirchliche Lehre zur Homosexualität verkünden, wie sie im Katechismus festgehalten sei.

Missfällige Passagen

Den Kritikern missfällt auch die Passage: „In Seelsorgegesprächen greife ich Themen rund um Sexualität nicht aktiv auf. In jedem Fall unterlasse ich offensives Ausfragen zum Intimleben und zum Beziehungsstatus. Dies gilt auch für Gespräche, die ich als Vorgesetzte führe.“ Mit dieser Vorgabe dürften Pfarrer künftige Eheleute im Traugespräch nicht mehr fragen, ob sie einer Ehe als sakramentaler Lebens- und Liebesgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau zustimmen.

Auch der Satz „Ich unterlasse jegliche Form von Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder Identität“ widerspreche der gesamtkirchlichen Ordnung. Denn es wäre nicht mehr möglich, „Personen, welche Homosexualität praktizieren“ aus dem Priesterseminar zu entlassen. Die Forderung im Verhaltenskodex, wonach man Betroffenen bei einem Coming Out zu sexueller Orientierung „unterstützend“ zur Seite stehen müsse, empfindet der Priesterkreis als „Zumutung“.

Bessere Prävention

Es sei notwendig, alles zu tun, „um für eine bessere Prävention zu sorgen“, betonen die Geistlichen. Sie befürchten aber, die Kirche in der Diözese Chur werde durch den Kodex zu einem „Sonderfall, weil ihr durch den VK betreffend die Verkündigung der Glaubens- und Sittenlehre ein Maulkorb umgehängt würde“, und kritisieren die Andeutung „arbeitsrechtlicher Konsequenzen“ im Falle einer Verweigerung. Bischof Bonnemain forderten sie auf, seine Unterschrift unter dem Dokument zurückzuziehen. Zudem warfen sie ihm vor, den Kodex nicht den diözesanen Beratungsgremien vorgelegt zu haben.

Bonnemain bedauerte am Freitag, dass die Priester den Kodex öffentlich kritisierten, „bevor eine persönliche Begegnung stattgefunden“ habe. Er nehme die Stellungnahme ernst und wolle sich für eine Klärung einsetzen, teilte die Pressestelle des Bistums mit.

(kath.ch/kap – mg)

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30. April 2022, 12:15