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Flüchtlinge warten am Bahnhof in Lviv auf ihren Transfer nach Polen. Flüchtlinge warten am Bahnhof in Lviv auf ihren Transfer nach Polen. 

„Solange ein Ukrainer da ist, wird es die Ukraine geben“

Lemberg (Lviv) ist einer der letzten großen und halbwegs sicheren Rückzugsorte in der Ukraine. Wie der Lemberger Weihbischof Wolodymyr Hruza berichtet, seien die Solidarität in der Stadt und der Zusammenhalt der Menschen riesengroß. „Man kann Gebäude zerstören, die Städte, die Kirchen, aber den Glauben der Menschen kann man nicht zerstören“, so der Bischof in einem Video-Gespräch mit dem steirischen Diözesanbischof Wilhelm Krautwaschl, über das die Diözese Graz-Seckau am Dienstag informierte.

„Die Ukraine wird es geben, solange ein Ukrainer da ist“, so Hruza. Es gebe viel Hilfe und moralische Unterstützung aus dem Westen, sagte Weihbischof Hruza. Politisch habe Europa aber versagt. Da sich die westlichen Staaten aus Selbstschutz aus dem Krieg heraushalten, habe man die Ukraine an Russland ausgeliefert und die Bombardierung der Städte erst möglich gemacht, wie auch die Angriffe auf die Atomkraftwerke. „Wenn dort etwas passieren sollte, dann betrifft das ganz Europa“, warnte der Weihbischof.

Zustrom nimmt nicht ab

In der westukrainischen Großstadt kommen nach Angaben des römisch-katholischen Erzbischofs Mieczyslaw Mokrzycki täglich mehr Geflüchtete aus dem Osten und dem Zentrum des Landes an. Der Zustrom von Menschen nehme nicht ab, wie er zunächst angenommen habe, sondern noch weiter zu, sagte Mokrzycki der polnischen Nachrichtenagentur KAI. Allein die römisch-katholischen Pfarreien der Stadt hätten 600 Flüchtlinge aufgenommen, hauptsächlich Frauen und Kinder. Sie wurden laut dem Bischof in Pfarrsälen, Schulen und sogar in Büros untergebracht, die von Katholiken zur Verfügung gestellt worden seien. Jeden Tag reisten von diesen Geflüchteten etwa 150 weiter nach Polen.

Humanitäre Katastrophe

Bischof Hruza sprach von einer humanitären Katastrophe in vielen Teilen der Ukraine und einer Situation gegen jede Menschlichkeit, wenn es keine Lebensmittel, keine Medikamente, keinen Strom und kein Wasser mehr gebe: „Was kann die Zivilbevölkerung, was können die Kinder, die noch nicht lange gelebt haben und nun so etwas erleben müssen, für diese Situation?“

Trotz allem gebe es Hoffnung. „Wenn die menschlichen Kräfte versagen, dann steigen die Engel ein“, so der Bischof. Er verwies auf den Erzengel Michael, den Stadtpatron von Kiew: „Wir haben die Hoffnung, dass er seine Flügel über die Stadt ausbreiten wird.“ Die Gegenwart Gottes sah der Bischof in jeder einzelnen Rettung eines Menschen. Und er verwies auf die wichtige Rolle der Kirche: „Um die Pfarreien dreht sich alles, die Versorgung, die Kommunikation, der Wohnraum für Flüchtende. Wenn etwas passiert, laufen alle zum Pfarrer. In unseren Pfarren ist viel los, die Kirche ist weiter bei den Menschen. Man sagt uns, wir sollen auch flüchten - aber wohin sollen wir, wenn wir doch hier gebraucht werden?“ Und der Weihbischof fügte hinzu: „Wir dürfen die Kraft der Sakramente nicht unterschätzen.“

Ukrainische Flüchtlinge an der polnischen Grenze
Ukrainische Flüchtlinge an der polnischen Grenze

Hruza betonte, dass man trotz allem Übel die Feinde nicht verfluchen dürfe. Denn bis zum letzten Moment könne man sich bekehren „und das Urteil über uns alle fällt letztendlich Gott“. Wer Böses aussäe, werde durch das Böse letztendlich umkommen.

Seit seinem Besuch in der Ukraine im Sommer 2016 verbindet Bischof Krautwaschl und den griechisch-katholischen Weihbischof Wolodymyr Hruza eine gute Bekanntschaft. Die Diözese Graz-Seckau hilft über die Caritas und über ihr „Welthaus“ seit mehr als 20 Jahren Partnerorganisationen in der Ukraine.

(kap/pm – mg)

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08. März 2022, 12:21