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Protestaktion gegen schleppende Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche Protestaktion gegen schleppende Aufarbeitung von Missbrauchsfällen in der Kirche 

D: Betroffenenbeirat erwartet kaum neue Erkenntnisse aus München

Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz erwartet sich „nicht wirklich neue Erkenntnisse" vom Missbrauchsgutachten, das das Erzbistum München-Freising am Donnerstag vorstellen will. Vieles sei bereits bekannt und viele Opfer hätten ähnliches erlitten. „Insofern wird auch das Gutachten des Erzbistums München und Freising keine neuen systemischen Erkenntnisse bringen", hieß es in einer Pressemitteilung des Rats vom Mittwoch.

Besondere Brisanz und öffentliche Wahrnehmung gebe es möglicherweise jedoch, weil die Leitungsverantwortlichen nicht nur Ortsbischöfe waren, „sondern auch Kardinäle und der emeritierte (Anm.d.Red.) Papst selbst sind", heißt es weiter in der Erklärung. Für Opfer von sexuellem Missbrauch und die anschließende Vertuschung sei „aber letztlich unerheblich, wer vertuscht: Ob der vor Ort wohnende Weihbischof, der am Bischofssitz residierende Kardinal oder ein nach Rom Berufener."  Der Rat wirft der katholischen Kirche vor, dass unabhängig von Hierarchien „auf jeder Hierarchiestufe Täterschutz vor Opferschutz stand und damit Opfer unfassbaren Schaden haben erleiden müssen."

„Das ganze Volk Gottes, Geweihte wie Laien, sind für missbrauchsbegünstigende Faktoren verantwortlich. Also haben sie auch die Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen“

Statt weiterer Gutachten verlangt der Betroffenenbeirat mehr gegen sexuelle Gewalt in der katholischen Kirche zu tun: 

„Das ganze Volk Gottes, Geweihte wie Laien, sind für missbrauchsbegünstigende Faktoren verantwortlich. Also haben sie auch die Verantwortung für die Zukunft zu übernehmen: - hinzuschauen und Einzuschreiten, dort wo Missbrauch geschieht; - hinzugehen und hinzuhören auf die Betroffenen, wenn es um das erlittene Leid, wenn es um Täterstrategien und Verhinderung für die Zukunft geht; - einzuschreiten und Einhalt zu gebieten, dort wo vertuscht wird, dort wo Täter glorifiziert und Opfern wie deren Angehörigen nicht geglaubt und Mobbing ausgesetzt werden;  - endlich mutige Entscheidungen zu treffen, die missbrauchsbegünstigende, systemische Rahmenbedingungen verhindern - und endlich für eine adäquate und die institutionelle Schuld würdigende Anerkennung des erlittenen Leids zu sorgen."

Hintergrund

Der Betroffenenbeirat bei der Deutschen Bischofskonferenz besteht aus 12 Personen, die von sexualisierter Gewalt und Missbrauch im Zuständigkeitsbereich der katholischen Kirche betroffen sind. Die Mitglieder sind durch den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz berufen; er soll die Bischofskonferenz in Fragen des Missbrauchs und der sexualisierten Gewalt beraten, aber auch eigene Initiativen und Sichtweisen aus der spezifischen Sichtweise der Betroffenen einbringen. Der Betroffenenbeirat hat sich im Oktober/November 2020 konstituiert; die Amtszeit beträgt drei Jahre.

(pm - sst)

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19. Januar 2022, 16:46