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Lackner: Orientalisches Christentum für Weltkirche bedeutsam

Die Bedeutung des christlichen Erbes des Tur Abdin für die gesamte Christenheit, aber auch für die verbliebenen syrisch-orthodoxen Christen in der Südosttürkei standen am Dienstagabend im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion in Salzburg. „Wir schulden den Orten, wo Jesus gelebt hat, und überall dort, wo seine Muttersprache Aramäisch im Leben der Menschen und in den liturgischen Feiern noch beheimatet ist, sehr viel - nämlich einen Gutteil der Lebendigkeit unseres Glaubens“, sagte Erzbischof

Lackner verwies in seinen Ausführungen u.a. auf das Ökumenismusdekret „Unitatis Redintegratio“ des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65). Darin wird betont, dass die altorientalischen Kirchen in ihrer Liturgie und in ihren geistlichen Traditionen einen Schatz besitzen, aus dem auch die Kirche des Abendlandes geschöpft habe. Und er wolle hinzufügen, so Lackner, dass die Kirchen im Westen „daraus immer noch schöpfen und auch weiterhin schöpfen mögen“.

Der Name „Tur Abdin“ ist aramäisch und bedeutet „Berg der Knechte Gottes“. Das nimmt Bezug auf das syrische Mönchtum, das im 4. Jahrhundert in dieser Region entstand. Der Tur Abdin ist das einstige Kerngebiet der Syrisch-orthodoxen Kirche. Von der glanzvollen christlichen Vergangenheit ist heute nicht mehr viel übrig. Rund 80 Klöster gab es einst, heute sind nur mehr sechs ständig bewohnt. Um 1900 gab es in der Region noch 200.000 Christinnen und Christen. Krieg, wirtschaftliche Not und ein ablehnendes muslimisches Umfeld zwangen ab den 1970er-Jahren zigtausende Christen zum Auswandern in den Westen. Noch in den 1960er-Jahren sollen im Tur Abdin bis zu 70.000 Christen gelebt haben, aktuell sind es nur mehr rund 2.500, die ständig im Tur Abdin leben. Über die Sommermonate würden freilich jedes Jahr zahlreiche ehemalige Bewohner in ihre alte Heimat zurückkehren, berichtete der syrisch-orthodoxe Theologe Aho Shemunkasho.

Shemunkasho, der selbst aus dem Tur Abdin stammt, hat im Sommer 2020 Karl Habsburg-Lothringen bei einer Reise in die Region begleitet bzw. geführt. Habsburg-Lothringen setzt sich in seiner Funktion als Präsident von „Blue Shield Austria“ für die Bewahrung des bedrohten christlichen Erbes dieser Region ein. „Eine Reise durch den Tur Abdin ist ein Blick zurück auf die eigene Geschichte. Auf einmal kann man sehen, wie sie in unsere Zeit hereinreicht“, sagte Habsburg in seinem Reisebericht.

Auf dem Besuchsprogramm des „Blue Shild“-Präsidenten standen unter anderem die Klöster Deyrulzafaran, Mor Gabriel, Mor Augin, Mor Yakoub (Salah) und Mor Yakoub (Karno), die antike Jakobskirche in Nisibis und die berühmte Marienkirche in Hah. Habsburg traf mit den beiden Abtbischöfen Timotheos (Mor Gabriel) und Philoxenos (Deyrulzafaran) zusammen, suchte aber genauso das Gespräch mit der lokalen Bevölkerung in den Dörfern der Region.

Sorge und Hoffnung

Aho Shemunkasho berichtete bei der Veranstaltung laut „Pro Oriente“-Informationsdienst u.a. über seine Kindheit im Tur Abdin. Damals gab es noch rein christliche Dörfer, in denen Aramäisch die Umgangssprache war und die Kinder in einem rein syrisch-christlichen kulturellen Umfeld aufwuchsen. Das sei heute so gut wie nicht mehr möglich, zeigte sich der Theologe, der in Salzburg lehrt, besorgt.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Seit rund 20 Jahren gibt es eine leichte Rückkehrbewegung aus Westeuropa in den Tur Abdin. Das hat zwar die Zahl der beständig vor Ort lebenden Christen nicht wesentlich erhöht, aber zumindest hat diese Zahl auch nicht mehr stark abgenommen.

Ein kleiner Hoffnungsschimmer ist zudem, dass von den heute sechs bewohnten Klöstern des Tur Abdin zwei erst in den vergangenen Jahren revitalisiert wurden, so Shemunkasho: Das Kloster Mor Augin am Berg Izlo im südlichen Tur Abdin wurde 2011 von einem syrisch-orthodoxen Mönch neu besiedelt und wurde seither auch renoviert. Zwei Mönche leben derzeit beständig vor Ort. Das Kloster geht auf das 4. Jahrhundert zurück. Das nicht weit entfernte Kloster Mor Yakoub (Karno) wird seit 2013 wieder von einem Mönch bewohnt. Beide Klöster gehören zur syrisch-orthodoxen Diözese Midyat/Tur Abdin, die von Erzbischof Timotheos Samuel Aktas, der zugleich auch Abt des Klosters Mor Gabriel ist, geleitet wird.

Tenor der Veranstaltung im Salzburger Kardinal-Schwarzenberg-Haus: Das Christentum bzw. die Christen im Tur Abdin verdienen wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Solidarität im Westen, als dies bisher der Fall ist. Der Tur Abdin sei nach wie vor das Herz des syro-aramäischen Christentums, aber weit darüber hinaus für das gesamte Christentum von Bedeutung.

Zu der Veranstaltung hatten die Erzdiözese Salzburg, das „Zentrum zur Erforschung des Christlichen Ostens“ (ZECO) an der Paris-Lodron-Universität, „Blue Shield-Austria“, das Syrische Institut Salzburg und die „Pro Oriente“-Sektion Salzburg eingeladen.

(kap – mg)

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09. September 2021, 09:35