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Kardinal Christoph Schönborn bei Radio Vatikan/Vatican News Kardinal Christoph Schönborn bei Radio Vatikan/Vatican News 

Österreich: Frauenfrage ist „sehr dringend“

„Ich denke, vor allem die Frauenfrage ist sehr dringend und drängend“, sagte der Wiener Erzbischof in einem Interview mit der Wiener Kirchenzeitung „Der Sonntag". Es stelle sich dazu die Frage, ob es nur um das Thema „Frau und Amt“ gehe oder ob es „zuerst eine Frage der christlichen Kultur des Miteinanders“ sei, die „nur gemeinsam beantwortet werden kann."

In dem ausführlichen Interview war dies jedoch nur ein Aspekt. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt laut der österreichischen Presseagentur Kathpress auf dem 25-Jahr-Jubiläum Schönborns als Erzbischof von Wien. Schönborn hat dieses Amt am 14. September 1995 angetreten.

Kirche wird weiter gehört

Der Kardinal nahm in dem „Sonntag"-Beitrag auch zur Entwicklung Stellung, dass immer mehr Menschen auf Distanz zur Institution Kirche gehen. Manche beklagten, so Schönborn, dass die Kirche marginal geworden sei. Er sehe das nicht so: „Ich glaube, in vieler Hinsicht ist die Kirche heute gerade durch den Papst eine Stimme, die weltweit gehört wird."

„Ich glaube, in vieler Hinsicht ist die Kirche heute gerade durch den Papst eine Stimme, die weltweit gehört wird.“

Doch im Raum der säkularen Gesellschaft gebe es vor allem zwei Phänomene, die die gegenwärtige kirchliche Situation prägen würden: Das eine sei die besagte Distanz Institutionen gegenüber, speziell auch den religiösen. Schönborn: „Es gibt eine starke Individualisierung, aus dem Gefühl, dass wir Institutionen gar nicht brauchen - weil sie selbstverständlich geworden sind und weil sie funktionieren, zumindest in unseren Breiten. So gibt es einen massiven Auszug aus den institutionellen Kirchen."

Das zweite weltweite Phänomen sei die Individualisierung des Christentums in der Form der evangelikalen Strömungen. Man schätzt, dass heute neben den 1,2 Milliarden Katholiken die Freikirchen mit geschätzten 400 Millionen die zweitgrößte Gruppe der Christenheit sind. Er stelle sich die Frage, die offensichtlich auch für Papst Franziskus sehr präsent sei: „Was heißt das für die größte der Großkirchen, für die katholische Kirche?" Papst Franziskus suche das Gespräch, den Kontakt, auch die Glaubensgemeinschaft mit diesen fluiden Formen von Kirchlichkeit. Und auch schon Papst Benedikt XVI. habe dazu die Frage gestellt: „Geht es letztlich nicht darum, dass wir aufeinander hören und voneinander lernen, was es heute heißt, Christ zu sein?"

Nüchterner Blick auf Reformen

Manche im säkularisierten Europa glaubten, dass radikale institutionelle Reformen entscheidend für die Zukunft der Kirche seien - etwa in Bezug auf die Frauenfrage oder die Sexuallehre. Er sehe das nüchtern, so Schönborn, „im Blick auf die schwindende Bedeutung Europas: Wir sind noch acht Prozent der Weltbevölkerung und werden 2050, sagt man, nur mehr vier Prozent sein." Diese Fragen hätten freilich trotzdem ihren Platz.

Eine weitere Frage, die den Kardinal sehr bewege: „Die Überraschungen, die Gott der Menschheit bereitet mit der Coronakrise! Es hat noch nie eine Pandemie gegeben, die wirklich die gesamte Welt in ihrem Griff hält. Was bedeutet das für die Christenheit, für die Kirche in der Zukunft?"

(kap – sst)

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10. September 2020, 11:17