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Das Gleichnis vom Sämann Das Gleichnis vom Sämann 

Unser Sonntag: Gott bewirkt, was er bewirken will

Anhand des Gleichnisses vom Sämann macht Sr. Elisabeth Kampe deutlich, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, wenn auch das ein oder andere schief geht in unserem Bemühen, am Reich Gottes mitzuarbeiten. Der Mensch, der aus Gottes Wort lebt, der bringe Frucht und werde zum Segen für andere.

Sr. Elisabeth Kampe CJ

Mt. 13 1-9


Das Evangelium an diesem Sonntag ist das Gleichnis vom Sämann im 13. Kapitel des Matthäusevangeliums. Ich beschränke mich auf die Kurzfassung, die nur die Verse 1 bis 9 umfasst. Der Evangelist Matthäus beschreibt zunächst und führt uns hinein in die Situation, in der Jesus das Gleichnis erzählt. „An jenem Tag verließ Jesus das Haus und setzte sich an das Ufer des Sees.“ 

Unser Sonntag - zum Nachhören:

Jesus ist noch in Galiläa. Erst später wird er hinaufziehen nach Jerusalem.
So liegt die Vermutung nahe, dass mit dem See der See Genezareth gemeint ist. Ein wunderschöner Ort. Jesus lässt sich am Ufer nieder, schaut in die Weite des Sees, der umrahmt ist von sanften Hügeln. Er hört die kleinen Wellen, die am Rand des Sees über die Steine plätschern. Es ist ein Ort der Ruhe, der Stille und Einkehr. Stundenlang könnte man dort sitzen und schauen und meditieren.

„Und er sprach lange zu ihnen in Form von Gleichnissen.“

Doch Jesus bleibt nicht lange allein. Wie so oft - irgendjemand muss ihn dort entdeckt haben und ist losgelaufen, um auch noch andere herbei zu rufen, denn binnen kurzer Zeit versammelte sich eine große Menschenmenge um ihn: so heißt es weiter im Text. Unglaublich, wie dieser Jesus die Menschen anzieht. Sie lassen alles stehen und liegen und kommen zu ihm. Welche Kraft muss von ihm ausgegangen sein. Wo immer er auftaucht, strömen die Menschen zusammen. Sie wollen ihn hören. Es sind so viele, dass Jesus in ein Boot steigt, so dass alle ihn hören können und er auch alle sehen kann.

Und er sprach lange zu Ihnen in Form von Gleichnissen. Der Alltag der Zuhörer und Zuhörerinnen Jesu, ihr tägliches Mühen als Bauern oder Hausfrauen wird zum Ausgangspunkt seiner Worte. Jesus spricht in Gleichnissen zu ihnen. Er knüpft in seiner Rede da an, wo die Menschen stehen. Oder er nutzt Bilder aus der Natur. Aber er bleibt nicht bei der Beschreibung ihres Alltags stehen. Er will die Menschen weiterführen und auf eine andere, tiefere Wirklichkeit hinweisen. 

„Die Erzählung beginnt ganz schlicht. „Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen.“ Ein wunderbares Bild. Ein Urbild unseres Lebens.“

Die Erzählung beginnt ganz schlicht. „Ein Sämann ging aufs Feld, um zu säen.“ Ein wunderbares Bild. Ein Urbild unseres Lebens. Der Sämann sät einen Teil der Frucht des letzten Jahres aus, damit es neue Frucht bringt. Jedes einzelne Korn ist wichtig und bedeutsam, denn es birgt Leben. Jedes einzelne Korn unterliegt auch dem Prozess des Sterbens, damit neues Leben wachsen kann. Das in ihm ruhende Leben bricht dann auf, ein neuer Spross wächst, wird zum Halm und dann zur Ähre. Die Hülle des Samens bleibt zurück in der Erde. Die neuen Körner werden zu Mehl gemahlen, aus dem Brot gebacken wird - ein Grundnahrungsmittel unseres Lebens. In Palästina wurden zur Zeit Jesu die Felder nicht vorbereitet für die Aussaat. Die Felder lagen brach seit der letzten Ernte. Erst nach dem Ausstreuen der Samen wurden die Felder umgepflügt. So erklärt sich leichter, warum Jesus davon spricht, dass manches Samenkorn auf den Weg fällt, anderes unter die Dornen oder auf felsigen Boden. Nur die Samenkörner, die auf guten Boden gefallen sind, bringen Frucht, erstaunlich viel Frucht.

Was ist die tiefere Wirklichkeit?

Nicht jede Ähre bringt die gleiche Menge an Körnern. Auch der gute Grund hat noch einmal eine unterschiedliche Beschaffenheit. Das ist die alltägliche Erfahrung der Bauern in Palästina.

So weit so gut. Aber…, was ist die tiefere Wirklichkeit? Geht es um Erfolg und Misserfolg als ganz natürliche Erfahrungen unseres Lebens? In der Tat ist es so, dass man im Leben oft den Eindruck hat, dass man sich redlich müht, aber der Erfolg bleibt aus oder ist nicht sichtbar. Eltern können ein Lied davon singen. Auch im Beruf kann man erfahren, dass es relativ selten den wirklich großen Durchbruch gibt. In der Regel ist es so, dass wir viel Kraft, Mühe und Zeit einsetzen und in der Folge die Erfahrung machen: manches gelingt - anderes auch nicht.

Betrachten wir dies in Bezug auf die Situation der Kirche heute. Priester, pastorale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und Ehrenamtliche in den Gemeinden mühen sich redlich, den Glauben weiterzugeben, das Gemeindeleben zu fördern und junge Menschen für den Glauben an Jesus Christus zu begeistern. Und trotzdem leeren sich die Kirchen. Was über Jahrzehnte ein guter Weg war, bewährt sich nicht mehr. Nach dem Fest der Erstkommunion z.B. sieht man viele Kinder und Eltern nicht mehr im Gottesdienst und nach der Firmung wird die Zahl noch kleiner.

Der Weg als Bild für unsere Geschäftigkeit

Es ist noch ganz offen, wie sich die gegenwärtige Corona-Krise auf das kirchliche Leben auswirken wird. Kirche lebt davon, dass die Gläubigen sich treffen, sich austauschen, Eucharistie miteinander feiern, sich engagieren. Kehren wir zur Normalität zurück oder wächst auch etwas Neues?

Im aufmerksamen Hören des Gleichnisses können wir bereits Parallelen zu unserem eigenen Leben ziehen. Ein Teil der Körner fällt auf den Weg. Dort können die Samenkörner nicht in die Erde eindringen und Wurzeln schlagen. Ich sehe den Weg hier als ein Bild für unsere Geschäftigkeit. Wir sind so beschäftigt mit äußeren Dingen, dass das Wort Jesu keine Chance hat, bei uns anzukommen. Ein anderer Teil fällt auf felsigen Boden. Das heißt, es erreicht nur unsere Oberfläche. Wir sind schnell begeistert, aber die Tiefe unseres Herzens bleibt unberührt.
Ein anderer Teil fällt unter die Dornen. Die Dornen stehen für unsere Sorgen; Sorgen um die Zukunft, um unsere Gesundheit, den Arbeitsplatz, die Finanzen. Sorgen um die Familie, die Kinder, die alten Eltern. Sorgen können uns so vereinnahmen, dass wir nur noch schwer anderes wahrnehmen…

Zahlen in der Bibel weisen auf Wesentliches hin

Ein anderer Teil der Samen aber fällt auf fruchtbares Erdreich und dort bringt es reiche Frucht: 100fach, 60fach, 30fach. Interessant, ich würde die Reihenfolge umgekehrt wählen: 30fach, 60fach, 100fach. In der Bibel haben Zahlen oft eine tiefe Bedeutung und wollen uns auf etwas Wesentliches hinweisen. 10 steht für die Fülle. 100fache Frucht heißt dann: 10x10 - die Fülle mal die Fülle der Frucht!!. - 100fache Frucht, das ist nicht mehr zu überbieten. Das übersteigt unsere Vorstellungskraft. Körner in Fülle. Lebenskraft in Fülle.

Die tiefere Wirklichkeit ist, dass eine alltägliche Erfahrung plötzlich eine überraschende Wende erfährt, die über unseren Erfahrungsbereich hinausgeht. Es ist die nicht zu überbietende Lebenskraft, die der Samen des Wortes Gottes bringt, wenn er auf guten Boden fällt: 100fach, 60fach, 30fach.

Sr. Elisabeth Kampe CJ
Sr. Elisabeth Kampe CJ

Das Reich Gottes ist wie ein Samenkorn. Wenn es auf guten Boden fällt, dann zeigt sich seine Kraft. Das Reich Gottes ist diese Kraft Gottes, die sich letztendlich durchsetzen wird. Auch wenn viele Samen nicht aufgehen, weil sie auf den Weg, auf felsigen Boden oder unter die Dornen geraten sind, - das Reich Gottes wird sich durchsetzen. Es ist schon unter uns: verdeckt, oft nicht sichtbar, aber es ist da. Die erste Lesung an diesem Sonntag aus dem Alten Testament ist wie eine Ouvertüre dieser Wirklichkeit. Der Prophet Jesaja schreibt:

„Denn wie der Regen und der Schnee vom Himmel fällt und nicht dorthin zurückkehrt, sondern die Erde tränkt und sie zum Keimen und Sprossen bringt, wie er dem Sämann Samen gibt und Brot zum Essen, so ist es auch mit dem Wort, das meinen Mund verlässt; es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will und erreicht all das, wozu ich es ausgesandt habe“.
(Jes. 55, 10-11)

Gottes Einladung zu Gelassenheit und Vertrauen

Welch gute Nachricht. Das Wort Gottes kehrt nicht leer zurück, sondern bewirkt und erreicht alles, wozu es ausgesandt wurde. Es ist eine Einladung zur Gelassenheit, zum Vertrauen. Wir brauchen uns keine Sorgen machen, wenn das ein oder andere schief geht in unserem Bemühen, am Reich Gottes mitzuarbeiten. Gott bewirkt, was er bewirken will, auch wenn manchmal seine Wege so ganz anders sind als wir sie uns vorstellen.

„Wer Ohren hat, der höre.“

So endet das Gleichnis vom Sämann. Natürlich haben wir Ohren und wir hören auch die Worte des Evangeliums. Hören wir auch die Einladung, unser Herz von Gott verwandeln zu lassen und ihm zu folgen? Der Mensch, der aus Gottes Wort lebt, der bringt Frucht und wird zum Segen für andere. Da wo wir lebendig sind und mit ganzer Hingabe etwas tun, da wird deutlich, dass das Wort Gottes uns erreicht hat und dass es auf guten Boden gefallen ist.

Und es wirkt, auch wenn wir selbst oft gar nicht den Eindruck haben und uns dessen gar nicht bewusst sind.

Wenn der Same Gottes in uns aufgeht, dann wird Gottes Reich sichtbar und erfahrbar, dann trägt unser Leben Frucht und wir werden auch zum Segen für andere.

(radio vatikan - claudia kaminski)

 

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01. Juli 2020, 11:00