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Österreich: Neuanfang für Pfarre Imsterberg

Der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler hat den Pfarrprovisor von Imsterberg, Stephan Müller, von der Leitung der Pfarre „entpflichtet“. Er wird künftig nicht mehr in der Pfarrseelsorge eingesetzt. Das teilte die Diözese Innsbruck diesen Samstag mit.

In den vergangenen Wochen hatte sich die Lage in Imsterberg zugespitzt. Den Volksaltar hatte der Pfarrer bereits vor langer Zeit entfernen lassen und außerhalb der Kirche gelagert. Als der Pfarrer vor einigen Tagen auf Urlaub ging, wollten einige Imsterberger das nicht mehr hinnehmen. Sie stellten den Altar wieder auf. Der blieb allerdings nur kurzzeitig in der Kirche stehen, Anhänger des Pfarrers transportierten ihn wieder ab. Das führte wiederum zu einem Polizeieinsatz.

Kein Kompromiss möglich

Noch vor wenigen Tagen habe sich der zuständige Bischof, Hermann Glettler aus der Diözese Innsbruck, bemüht, mit einem Kompromissvorschlag dem Großteil der Imsterberger die Sonntagsmessen, Taufen und Begräbnisse in deutscher Sprache nach dem gewöhnlichen Ritus zu ermöglichen und gleichzeitig Pfarrprovisor Müller in Imsterberg wirken zu lassen. Weitere Ereignisse in jüngster Zeit hätten aber die Spannungen so verschärft, „dass für ein verständnisvolles Mit- oder Nebeneinander der Gläubigen in Imsterberg und der Messbesucher von auswärts kaum mehr Aussicht besteht“, hieß es in einer Aussendung der Di özese Innsbruck am Samstag.

Ab 1. Oktober Neuordnung

Deshalb werde mit 1. Oktober die Pfarre Imsterberg dem Seelsorgeraum Zams-Zammerberg-Schönwies zugeordnet, der dortige Pfarrer Herbert Traxl übernimmt auch die Verantwortung für die Pfarre Imsterberg. Diakon Johannes Schwemberger werde als Pfarrkurator in der Leitung und Pastoral mitarbeiten, ebenso ein Aushilfspriester. Für Bischof Glettler sei es wichtig, „die Pfarrgemeinde wieder zu sammeln und sich gemeinsam auf den Weg zu machen". Seitens der Diözese werde man diesen Neuanfang gut begleiten.

Wie es in der Aussendung weiter heißt, solle dem Kirchenverständnis des  Vatikanischen Konzils und den pastoralen Vorstellungen der Diözese Innsbruck gemäß die Pfarrseelsorge möglichst viele Menschen erreichen, begeistern und miteinbeziehen. Dazu gehörten lebendige und verständliche Gottesdienste, in denen Männer und Frauen, Jugendliche und Kinder mitgestalten sowie ein pfarrliches Leben, das viele Talente und Charismen der Menschen fördert und wachsen lässt.

„Pfarre und Kirche ist keine Soloveranstaltung des Pfarrers“


Bischof Glettler: „In der Vielfalt der Menschen - wie sie ihren Glauben leben und ausdrücken - liegt ein großer Schatz. Und es braucht die Charismen und die Lebenserfahrung aller Gläubigen. Pfarre und Kirche ist keine Soloveranstaltung des Pfarrers."

Versetzung des Pfarrprovisors von Imsterberg

Mit Blick auf Pfarrprovisor Müller betonte Glettler in einem Interview mit der „Tiroler Tageszeitung" (Samstag-Ausgabe), dieser werde an einen Ort versetzt,  wo er keine pastorale Leitungsaufgabe hat. Müller werde nicht in Pension gehen, „sondern mit der Feier der Tridentinischen Messe beauftragt, an der jene Gläubigen teilnehmen können, die dies wünschen". Seit 2007 sei aufgrund einer Anordnung von Papst Benedikt XVI. jeder Bischof verpflichtet, einen Priester zu benennen, der in der Diözese die Hl. Messe in der „Außerordentlichen Form" auf Latein feiern kann.

Bischof Gletter zu den Hintergründen

Im Gespräch mit der Zeitung erläuterte Bischof Glettler ausführlich die Hintergründe seiner Entscheidung. Er führte aus, dass der Konflikt in Imsterberg schon seit fast 20 Jahren schwele. Er selbst sei erst seit etwas mehr als zwei Jahren damit betraut und habe sich zuerst ein Bild von der Situation machen müssen. „Wir dürfen auch nicht übersehen, dass sich Stephan Müller als Seelsorger in einigen Bereichen bemüht und Positives geleistet hat. Mit großem Fleiß hat er z. B. Kranke besucht und Sterbende begleitet", so Glettler. Abgesehen von der Entfernung des Volksaltars sei auch die Kirche in einem hervorragenden Zustand.

Leider habe das Handeln des Geistlichen aber zunehmend polarisiert, „weil er die Gemeindemesse nicht mehr nach den Vorgaben des Zweiten Vatikanischen Konzils gefeiert hat. Mehrmals habe ich das Gespräch mit ihm gesucht und mich bemüht, ihn für ein pastorales Umdenken zu gewinnen. Leider erfolglos. Zum letzten Mal habe ich im März zu einer klaren Entscheidung angesetzt. Corona kam dazwischen. Die geplante Pfarrversammlung musste abgesagt werden."

Einheit stärken

Sein Auftrag sei es, so Bischof Glettler, die Einheit in der Kirche und in der Gesellschaft zu stärken. „Vorurteile und Schuldzuweisungen zerstören den sozialen Zusammenhalt. Viele Verletzungen passieren durch mangelnde Wertschätzung. Auch die Unkultur des permanenten Empörens macht uns allen zu schaffen." Konflikte und persönliches Versagen werde es immer geben, entscheidend sei aber, „wie wir damit umgehen. Ich plädiere immer für eine direkte Aussprache und bitte um Geduld. Auch Versöhnung muss reifen, vorausgesetzt, dass es Einsicht gibt und die Bitte um Entschuldigung. Erst dann ist ein Neuanfang möglich.“

(kap - sst)

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18. Juli 2020, 15:39