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D: „Corona ist keine Strafe Gottes“

Die beiden großen Kirchen in Deutschland wenden sich übereinstimmend gegen die These, das Coronavirus als Strafe Gottes zu sehen.

„Jesus steht für das Leben, und Gott ist ein Gott des Lebens“, so der Vorsitzende des Rats der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, in einem Video auf bild.de. Der Hildesheimer katholische Bischof Heiner Wilmer nannte die Rede von einer Strafe Gottes „vollkommen unchristlich“.

Die Direktorin des Katholischen Bibelwerks, Katrin Brockmöller, sagte in einem Interview der Katholischen Nachichten-Agentur (KNA): „Gott straft nicht, sondern Gott rettet.“ Vor allem rechtskonversative Kreise konstruieren einen Zusammenhang zwischen Gott und der Pandemie.

„Alle, die jetzt helfen, sind so etwas wie die Hände Gottes“

Bedford-Strohm betonte, Christen glaubten, dass sich Gott in Jesus gezeigt habe. Es könne nicht sein, dass Gott ein Virus schicke, um Menschen zu töten, denn Jesus habe geheilt. Die Christen feierten Ostern, weil nicht der Tod, sondern das Leben das letzte Wort habe. Bedford-Strohm wörtlich: „Alle, die jetzt helfen und Leben retten, sind so etwas wie die Hände Gottes.“

Brockmöller erläuterte, die im Alten Testament beschriebenen Plagen bezögen sich auf das Ringen zwischen Mose und dem Pharao. Aus der Perspektive der Geretteten, also des Volkes Israel, laute die Botschaft, dass der ägyptische Herrscher bestraft werde, weil er Menschen versklavt habe. „Eine ungeheure Botschaft bis heute“, so Brockmöller.

Bibelworte: Gruselig, aber eigentlich wollen sie Mut machen

Die Bibelwerk-Chefin ging auch auf die apokalyptischen Texte im Neuen Testament ein. Auch dessen letztes Buch, die Offenbarung, nannte sie ein Hoffnungsbild: „Die in Gemälden dargestellten Visionen der apokalyptischen Reiter oder der sieben Engel mit den Schalen des Zorns sind zwar gruselig, aber sie wollen eigentlich Mut machen.“

Die im Text beschriebene Idee einer gewaltsamen Trennung zwischen gut und böse, zwischen der zu zerstörenden schlechten und der neuen, von Gott durchdrungenen Welt, ziehe bis heute Fundamentalisten an. Diese nähmen für sich in Anspruch, „bei den Guten zu sein“. Sie glaubten, „genau den einen Willen Gottes zu kennen. So wird man schnell zum Wächter des wahren Glaubens, zum Hüter der wahren Ordnung und der Moral“. Gottesbild und Weltbild hingen sehr eng zusammen.

„Ohne Verharmlosung, ohne Vertröstung“ mit Leid umgehen

Bischof Heiner Wilmer betonte im Kölner Stadt-Anzeiger von diesem Montag, der Gedanke eines strafenden Gottes, der der Menschheit eine Quittung für Fehlverhalten präsentiere, sei „fürchterlich und auch vollkommen unchristlich. Die Corona-Krise ist keine Strafe Gottes.“ Er rief dazu auf, „ohne Verharmlosung, ohne Vertröstung“ mit Leid umzugehen. Gott sei in den Leidenden und Sterbenden gegenwärtig: „Und ich bin überzeugt, dass Gott natürlich auch in den Helfern gegenwärtig ist, die all diesen Menschen beistehen, so gut es geht.“ Die Krise nannte Wilmer ein Schlüsselerlebnis: Die Kirche sei nicht für sich da, sondern für die Gesellschaft.

(kna – sk)
 

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30. März 2020, 13:46