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Pfarrer Ludwig Waldmüller aus Memmingen Pfarrer Ludwig Waldmüller aus Memmingen 

Unser Sonntag: Christen als Salz und Licht

Pfarrer Waldmüller erläutert uns, dass beides - Salz und Licht - schon in geringer Dosis wirksam sein können. Und, dass es an uns liegt, ob das Salz tragen kann oder das Licht verdunkelt wird. Wir dürfen aber auch sicher sein, dass wir in der großen Gemeinschaft derer, die Salz und Licht sind, gut aufgehoben sind.

Pfarrer Ludwig Waldmüller

Mt 5, 13–16

Zu meinen Nebenbeschäftigungen als Schüler gehörte die Redaktion der Schülerzeitung. An unserem Gymnasium hieß dieses Medium „Zeigefinger“, und viele Jahre durfte ich diese Zeitschrift mit verfassen. Für mich persönlich war das eine super Erfahrung; da konnte man unglaublich viel lernen für das Leben. Nicht nur, dass Schreiben und Redigieren von Artikeln eine echte Arbeit sind. Sondern auch Buchführung bei der Kalkulation unserer Ausgaben.

Unser Sonntag - hier zum Nachhören

Oder auch die Grundlagen von Layout. Irgendwann durfte ich auch einmal an einem Schülerzeitungsseminar teilnehmen – und diese Erfahrung war wirklich großartig für mich. Ich weiß noch, dass wir in dieser Woche einfach unglaublich viel Spannendes erlebt und gelernt haben. Zum Beispiel habe ich damals wirklich selbst Fotos entwickelt und Abzüge hergestellt. Im Zeitalter der Digitalfotografie kann man sich das schon gar nicht mehr vorstellen. Besonders hat mich aber eine Einheit in den Bann genommen, bei der Tricks der journalistischen Sprache erklärt wurden. Verschiedene Grundsätze wurden uns da durch Profis beigebracht. Und einen dieser Merksätze habe ich nie mehr vergessen.

„Was missverstanden werden kann, wird missverstanden“

Es war der Grundsatz: „Was missverstanden werden kann, wird missverstanden.“ Da gab es die unterschiedlichsten Beispiele. So etwa der Satz: „Der Langstreckenläuferin griffen tausend Zuschauer hilfreich unter die Arme.“ Dass man sich dabei sofort unzählige Menschen vorstellt, die einer Läuferin an die Arme fassen, ist eine lustige, aber vor allem eben logische Idee. So geht das mit vielen Formulierungen, vor allem mit Bildsprache. Ich hab mich gefragt, wo das eigentlich herkommt. Und ich meine, das liegt daran, dass Bilder oft ganz viele verschiedene Assoziationen hervorrufen. Wenn Sie das eine oder das Bildwort hören, haben Sie sofort eine Idee vor Augen. Die kann aber ganz anders sein als jene, die ursprünglich gemeint war. Ob sie deshalb falsch ist, ist eine ganz andere Frage. Das Evangelium dieses Sonntags bringt auch eine ganz deutliche Bildsprache. Es sind mit die ersten Sätze der Bergpredigt, die wir an diesem Sonntag hören. Die Seligpreisungen, die davor kommen, hat am letzten Sonntag das Fest der Darstellung des Herrn aus dem Leseplan der Kirche verdrängt. Also: Wir sind ganz am Anfang der Bergpredigt – und Jesus spricht in Bildern, die, glaube ich, leicht missverstanden werden können. Bilder, die aber sehr viel erzählen, weil sie so viele unterschiedliche Bedeutungen haben können. Machen wir doch einen kleinen Ausflug in die Welt der Bilder.

Man muss nicht groß sein

„Ihr seid das Salz der Erde. Wenn das Salz seinen Geschmack verliert, womit kann man es wieder salzig machen? Es taugt zu nichts mehr; es wird weggeworfen und von den Leuten zertreten.“ So spricht Jesus. Und weiter: „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf dem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben.“ Nun kann man lange darüber nachdenken, wie Salz seinen Geschmack verliert. Und was dann damit geschieht. Und wie es auf die Straße kommt, um dann von den Leuten zertreten zu werden. Aber viel wichtiger ist für mich doch der Satz: „Ihr seid das Salz der Erde.“ Wir, die Hörerinnen und Hörer der Bergpredigt, dürfen, ja, müssen uns von dieser Anrede angesprochen fühlen: Wir sind Salz. Und da kommen jetzt die verschiedenen Bilder ins Spiel, die einem bei einer solchen Aussage durch den Kopf gehen. Was heißt das denn? Was sagt das aus?

„Ihr seid das Licht. Das Licht der Welt“

Salz der Erde… Wahrscheinlich fallen Ihnen viele Dinge ein – das Salz in der Suppe, das etwas schmackhaft macht. Das Salz, das den Gefrierpunkt verändert, und so weiter. Und gleichzeitig hören wir den Satz: „Ihr seid das Licht.“ Das Licht der Welt. Auch da gehen einem doch ganz viele verschiedene Gedanken durch den Kopf. Helligkeit im Gegensatz zur Dunkelheit. Licht als Orientierung – und so vieles andere. Mir fällt da gerade etwas ein, was Salz und Licht gemeinsam haben: Die große Menge ist meist nicht entscheidend. Das normale Maß für Salz in den Rezepten, die ich kenne – und in den Mengen, die ich koche, ist „eine Prise Salz“ oder „eine Messerspitze Salz“. Oft braucht es nicht viel, um die nötige Menge Salz zur Verfügung zu haben. Beim Licht ist es so ähnlich: Die kleinste Flamme einer Kerze ist stärker als die größte Dunkelheit. Natürlich ist eine starke LED-Lampe viel besser zu sehen als eine Kerzenflamme, aber das Licht an sich reicht schon in ganz kleiner Menge aus, um etwas zu sehen. Wenn man ganz im Dunkeln steht, reicht oft ein Zündholz, um sich zu orientieren. Dieser Gedanke des Bildworts vom Salz und vom Licht macht mich nachdenklich: Es braucht nicht die ganz große Menge, nicht die riesengroße Masse, um etwas zu bewegen. Auch das Kleine, das Wenige und das Unscheinbare haben ihre Wirkung.

 

Wirkung schon als kleine Prise: Salz

Oft klagen wir Christinnen und Christen darüber, dass wir so wenige seien. Dass die Gemeinden immer kleiner werden. Dass sich immer weniger für uns interessieren. Und dass wir als eine kleine Herde nur in geringem Maße etwas ausrichten können. Das ist sicher alles richtig. Und ich möchte auch gar nicht behaupten, dass es nicht tragisch ist, dass wir nicht in großen Zahlen in unseren Gemeinden da sind. Aber ich finde das Bildwort vom Salz und vom Licht sehr ermutigend: Schon als kleine Prise, als etwas armselige Flamme können wir etwas bewirken. Das heißt nicht, dass die kleine Gruppe das Maß aller Dinge ist. Im Gegenteil. Aber es macht mir ganz schön Mut. In der Prise Salz steckt viel Kraft, wenn sie denn ihren Geschmack nicht verloren hat, um mit Jesus zu sprechen. Und in der kleinen Flamme eines Teelichts liegt ganz viel Strahlkraft, wenn man nur genau hinsieht. Ich muss mich da selbst ordentlich an der Nase fassen: Es braucht manchmal vielleicht einen Perspektivwechsel. Weg vom Lamentieren darüber, dass wir nicht mehr die große Masse der Menschen stellen, hin zum Schauen auf das, was wir als kleine Flamme und als Prise Salz doch bewirken können.

Licht leuchtet nicht von selbst

Wie gesagt: Was missverstanden werden kann, wird missverstanden. Man könnte sich jetzt auf dieser Deutung der Bildrede Jesu vom Salz und vom Licht ausruhen. Passt ja, wir sind zwar wenige, aber Salz und Licht, das sind wir schon immer noch.
Ja, stimmt. Aber das ist nicht alles. Wenn ich mir das Bild noch einmal vor Augen hole, fällt mir etwas anderes auf. „Eine Stadt, die auf dem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Man zündet auch nicht ein Licht an und stülpt ein Gefäß darüber, sondern man stellt es auf den Leuchter; dann leuchtet es allen im Haus. So soll euer Licht vor den Menschen leuchten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.“ Jesus spricht von der Wirkung des Lichtes. Und davon, dass es nicht von alleine leuchtet. Es muss auf den Leuchter. Oder die Stadt auf den Berg. Vielleicht klingt das auf den ersten Blick etwas arg banal. Natürlich, steht ja da: Das Licht soll auf den Leuchter. Aber damit wird, glaube ich, etwas Wichtiges gesagt: Das Licht muss wirklich zum Leuchten gebracht werden. Der stärkste aller Scheinwerfer bringt nichts, wenn man ihn in einen kleinen Raum sperrt, Türen und Fenster schließt, und sein Licht von niemandem gesehen werden kann. Das Licht hat eine Funktion, nämlich zu leuchten. Und das braucht im Bild Jesu den Leuchter. Oder eben den Berg für die Stadt.

 

„Ich bin immer wieder einer, der ein Gefäß über das Licht stülpt. Mit meinem Fehlverhalten.“

Salz kann tragen: Das tote Meer

Und noch einmal: Was missverstanden werden kann, wird missverstanden. Bilder haben eine unglaubliche Kraft, etwas zu sagen, was anders nicht aussprechbar wäre. Mir fällt da zum Salz der Erde noch etwas ein, was mich beschäftigt: Immer wieder darf ich im Heiligen Land sein und mit anderen zusammen diesen unbeschreiblich großartigen Flecken Erde besuchen. Dazu gehört immer auch ein Ausflug an das Tote Meer. Das Meer, in dem nichts mehr leben kann, weil da so viel Salz drin ist. Im Wasser dieses Meeres zu baden, ist aber echt faszinierend. Viele von Ihnen haben das sicherlich auch schon erlebt: Im Wasser des Toten Meeres kann man nicht untergehen – man schwebt einfach so. Und zwar weil das viele Salz einen trägt. Auch dieser Gedanke ist für mich ein sehr bestechender: Wenn Jesus sagt, dass wir das Salz der Erde seien, dann sind wir – um im Bild des Toten Meeres zu bleiben – wenn wir beieinander bleiben, etwas, das einen tragen kann.

„Mir tut es zum Beispiel sehr gut zu hören, wenn mir Menschen sagen, dass sie für mich beten.“

Diese Erfahrung habe ich immer wieder machen dürfen und kann sie bei vielen anderen beobachten: Es trägt einen unglaublich, wenn man die Gemeinschaft derer erfahren darf, die auch das „Salz der Erde“ sind. Mir tut es zum Beispiel sehr gut zu hören, wenn mir Menschen sagen, dass sie für mich beten. Genau dadurch fühle ich mich getragen, wie vom Salz im Toten Meer. Und dass das Zueinander-Stehen uns hilft, auch durch die schweren Momente unseres Lebens zu kommen, ist eine Erfahrung, die wir immer wieder machen dürfen. Gottlob. Ich glaube, das Bild vom Salz erzählt auch etwas von der Einheit, von der Freundschaft und vom Miteinander all derer, die zu Christus gehören. Dass das Licht immer mehr Orientierung gibt, je mehr einzelne Lichtquellen zusammenkommen, unterstützt mich im Verstehen dieses Bildwortes.

Liebe Hörerin, lieber Hörer,
Was missverstanden werden kann, wird missverstanden, habe ich einmal gelernt. Das erzählt vor allem davon, wie vielschichtig Bildworte sind. So wie das Bild vom Salz und vom Licht aus dem Evangelium des heutigen Sonntags. Schon in geringer Dosis ist es wirksam, wir können durch unser Tun die Wirkung eindämmen, ganz gewaltig. Aber wir dürfen uns vor allem getragen wissen in der großen Gemeinschaft derer, die Salz und Licht sind. Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag – und ich hoffe, Sie haben mich nicht missverstanden!
(vatican news - claudia kaminski)

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07. Februar 2020, 11:00