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Konsequente Aufarbeitung - auch bei Missbrauch in Familien Konsequente Aufarbeitung - auch bei Missbrauch in Familien 

Neun Jahre „Missbrauchsskandal“ in Deutschland

Die Aufarbeitung von sexueller Gewalt gegen Minderjährige darf nicht mehr aufgehalten werden. Das betont der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. In der Arbeitsgruppe „Kirchen“ versucht er seit Ende 2018 im Dialog mit kirchlichen und staatlichen Vertretern, Kriterien und Standards der Aufarbeitung zu klären.

Im Januar 2010 hatte die Berliner Morgenpost erstmals von Missbrauchsfällen am Berliner Canisius-Colleg berichtet. Rörig ist davon überzeugt, dass sexueller Missbrauch bis heute  - neun Jahre später - nicht mit der notwendigen Konsequenz aufgearbeitet wird. Über Jahrzehnte sei sexuelle Gewalt gegen Kinder und Jugendliche „vertuscht, bagatellisiert und unter die Decke gekehrt“ worden. Aufarbeitung könne nur gelingen, wenn sie „unabhängig und transparent stattfinde und vom Vertrauen Betroffener getragen werde.“

2018 wegweisend für Aufarbeitung in der Kirche

Im Hinblick auf die Aufarbeitung im kirchlichen Kontext sei 2018 jedoch ein wegweisendes Jahr gewesen – dank der Beschlüsse der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland. Endlich hätten die Kirchen erkannt, dass „strukturelle und kirchenspezifische Bedingungen sexuellen Missbrauch in diesem Ausmaß“ ermöglicht hätten. Eine Aufarbeitung ohne Betroffenenbeteiligung sei nicht möglich, so Rörig und bekräftigte, dieser Prozess dürfe nicht mehr aufgehalten werden.

„Abbau von Widerständen und Zögern“

Die seit Ende 2018 bestehende Arbeitsgruppe „Aufarbeitung Kirchen“ hat bereits Eckpunkte für eine umfassende Aufarbeitung entwickelt. Rörig hofft auf eine staatliche Unterstützung der kirchlichen Bemühungen um Aufklärung. Im Hinblick auf den Ende Februar im Vatikan von Papst Franziskus geplanten „Kinderschutz-Gipfel“ erwartet Rörig einen Abbau von „Widerständen und Zögern“ in der katholischen Kirche und eine Stärkung aller deutschen Bistümer für die anstehenden Aufarbeitungsvorhaben.

Hintergrund

Die Berichterstattung der Berliner Morgenpost am 28. Januar 2010 löste den sogenannten „Missbrauchsskandal“ in Deutschland aus. Die Bundesregierung reagierte umgehend mit der Einrichtung eines Runden Tisches „Sexueller Kindesmissbrauch“ und des Amtes eines „Unabhängigen Beauftragten“. Im Abschlussbericht des Runden Tisches von 2011 fanden sich umfassende Empfehlungen zu Prävention und Hilfen, aber nur wenige Gedanken zur Aufarbeitung. Erst im Januar 2016 konnte nach Beschlussfassung des Deutschen Bundestages im Juli 2015 die „Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs“ vom Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, berufen werden. Sie erhielt den Auftrag, Missbrauch in Institutionen und Familien aufzuarbeiten und ist damit weltweit die einzige Kommission, die den Kontext Familie beleuchtet. Im April 2019 wird sie den Bilanzbericht ihrer bisherigen Arbeit vorstellen.
(pm – ck)

 

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24. Januar 2019, 10:29