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Pater Anselm Grün fordert auf zur Selbsterkenntnis als erstem Schritt Pater Anselm Grün fordert auf zur Selbsterkenntnis als erstem Schritt  

Anselm Grün: Führen heißt Dienen

Wirtschaft und Glauben verknüpft Anselm Grün. Er war 36 Jahre lang Cellerar, also wirtschaftlicher Leiter im Kloster. Diese Tätigkeit versteht er als eine Form weltlicher Seelsorge, dafür zu sorgen, dass Menschen gerne arbeiten, denn wenn sie acht Stunden in einer heilsamen Atmosphäre sind, dann ist das ein Dienst an den Menschen.

Vatican News: Weltliche Seelsorge ist ein schönes Stichwort. Was ist Ihr Tipp für die Führungskräfte?

Pater Anselm Grün im Interview

Anselm Grün: Das wichtige ist, den Menschen etwas zuzutrauen. Führen heißt dienen. Das verlangt, dass ich die Menschen nicht auspresse, sondern dass ich hineinmeditiere, was braucht dieser Mensch, wie kommt das, was in ihm steckt zum Leben? So diene ich den Menschen und auch der Firma, denn wenn das Leben in den Menschen fließt, ist das für alle ein Segen.

Vatican News: Wie gelingt das?

Anselm Grün: Das hängt von mir selbst ab, mit allen meinen Schattenseiten. Nur wer sich selbst erkennt und annimmt, kann auch Vertrauen ausstrahlen. Der heilige Benedikt verlangt vom Cellerar, dass er Sapiens ist, das kommt vom Schmecken. Jemand, der sich selbst schmecken kann, von dem geht dann auch ein guter Geschmack aus.

Vatican News: Wie kann der Glaube helfen?

Anselm Grün: Der Glaube hilft im Umgang mit anderen. Wir glauben, dass im anderen ein guter Kern ist, Christen sind Geschwister, jeder hat eine unantastbare Würde.

Vatican News: Wie sieht es aus mit Machtstruktur, Führung und Führungsqualitäten in der Kirche, Ihrer Meinung nach?

Anselm Grün: Die Priester haben ja Theologie studiert, aber das bedeutet, dass ich Seelsorger bin, Führung will gelernt sein, Verantwortung zu übernehmen, klar mit Konflikten umzugehen. In der Kirche ist es oft üblich, Konflikte unter den Tisch zu kehren, wir wollen lieber Harmonie, aber harmonisieren löst die Konflikte nicht, sondern die kommen dann irgendwo anders durch. Es braucht also in der Kirche einen Lernprozess des Führens. Ein Bischof ist auch eine Führungskraft, die auch Regeln des Führens beherzigen sollte.

Vatican News: Wenn wir nun an das kommende Jahr denken, was wären da Ihre guten Wünsche in Hinblick auf eine gute Führung und ein gutes Zusammenleben in der Arbeitswelt?

Anselm Grün: In der Arbeitswelt wünsche ich mir, dass wir uns nicht von den Zahlen beherrschen lassen, sondern beim Menschen anfangen. Denn sonst wird der Mensch zum Sklaven der Zahlen. Wir sollen beim Menschen anfangen und ihm dienen, dann wird das auch zum Segen für die Firma und für die Gesellschaft. Die Firma leistet nicht nur einen guten Beitrag für die Kultur, die in der Firma herrscht, sondern letztlich auch für eine menschliche Kultur in der Gesellschaft, für ein gutes Miteinander, für Toleranz, Achtung. Ich wünsche mir also, dass viele Führungskräfte ihre Verantwortung bewusster übernehmen, dass sie das Gefühl haben, wir leisten auch einen Beitrag zur Humanisierung der Gesellschaft.

Mit Anselm Grün sprach Christina Höfferer.

(vatican news)

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27. Dezember 2018, 12:44