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Widerstandskämpfer Fritz Michael Gerlich und sein Lehrer Romano Guardini Widerstandskämpfer Fritz Michael Gerlich und sein Lehrer Romano Guardini 

Zum 50. Todestag von Romano Guardini: „Er war einer der Großen“

Die Schriften des Religionsphilosophen Romano Guardini dokumentierten stellenweise auch ein „Leiden an der Kirche, an Klerikalismus und Selbstherrlichkeit“: Daran erinnerte mit Blick auf die aktuelle Missbrauchsdebatte in der katholischen Kirche Kardinal Reinhard Marx. Er äußerte sich bei einem Gedenkgottesdienst anlässlich des 50. Todestags von Guardini.

Es bestünde immer die „Gefahr, dass Kirche den Weg nicht öffnet, den Blick nicht weitet, sondern zur Mauer wird, zu einer Verhinderung des Glaubens, nicht zu einer Hinführung zum Glauben“, so Marx bei dem Gottesdienst in der Universitätskirche St. Ludwig am Montagabend. Die Messe fand statt im Rahmen eines Dies academicus zu Ehren Guardinis, für den Kardinal Marx im Dezember vergangenen Jahres ein Seligsprechungsverfahren eröffnet hatte.

„Die Kirche erwacht in den Seelen“

Mit Verweis auf Guardinis Satz „Die Kirche erwacht in den Seelen“ forderte Kardinal Marx eine „neue Gestalt der Kirche, die von innen her gelebt wird, so dass alle Kirche sind“. Marx verwies auf Kardinal Julius Döpfner, der beim Requiem für Guardini dessen Theologie mit den Schlagworten zusammenfasste: existenzieller Glaube, brüderlicher Glaube und redender Glaube. In diesen drei Aspekten sei Guardini auch „ein Theologe der jetzigen Zeitstunde“, so Marx. Als existenziell ziele der Glaube auf das Leben, bleibe nicht „leere Spekulation“, sondern sei in das Leben hineingestellt und eröffne neue Möglichkeiten. Als geschwisterlicher Glaube führe er zusammen, sei „eine Einladung an alle, mitzugehen, eine Gemeinschaft, kein exklusiver Club“ zu sein. Als redender Glaube müsse er schließlich „ins Wort, in ein Wort, das verständlich ist, nicht banal, aber aufschließend, niemanden ausschließend“. Gerade mit Blick auf diese Aktualität und Bedeutung Guardinis für die Kirche betonte Marx: „Einen solchen Seligen brauchen wir für unsere Zeit.“

„Einer der Großen“

Auch Heiner Koch, Erzbischof von Berlin, würdigte den vor 50 Jahren verstorbenen katholischen Theologen und Philosophen. „Er war zweifelsohne einer der Großen, ein begnadeter Lehrer der Theologie und Philosophie - und zugleich immer ein Lernender“, sagte Koch bei einem Gedenkgottesdienst am Montagabend in der Sankt-Ludwig-Kirche in Berlin.

Christus sei im Zentrum von Guardinis Denken gewesen, hob der Erzbischof hervor. „Wer die Wahrheit sucht, findet sie in Christus, in der Relation zu ihm - das war für Guardini der Maßstab“, so Koch. „Vielleicht kann eine Gesellschaft und jeder Christ im Schauen auf Guardini neu lernen, zu lernen und die Mitte neu zu finden.“

Der Berliner Gottesdienst war Höhepunkt einer Predigtreihe in Sankt Ludwig, die die Guardini-Stiftung zum 50. Todestag ihres Namensgebers initiierte. Guardini wurde 1885 in Verona geboren und zog mit seinen Eltern ein Jahr später nach Deutschland. An der Friedrich-Wilhelms-Universität, der heutigen Humboldt-Universität, unterrichtete er als Professor für Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung, bis die Nationalsozialisten seinen Lehrstuhl abschafften. Nach Kriegsende lehrte er in München, wiederum als Professor, wo er auch als Universitätsprediger wirkte.

Schüler Guardinis: Hannah Arendt, Geschwister Scholl und Fritz Michael Gerlich

Zu Romano Guardinis Schülern und Anhängern zählten die Politikwissenschaftlerin Hannah Arendt und Widerstandskämpfer wie die Geschwister Scholl und Fritz Michael Gerlich. An der Berliner Humboldt-Universität gibt es heute eine Romano-Guardini-Stiftungsprofessur.

(kna/pm – hoe)

 

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02. Oktober 2018, 11:09