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Jerusalem: „Christen können sich das kaum noch leisten“

In der Jerusalemer Altstadt zu leben, wird für Christen langsam unbezahlbar. Darauf macht der Rektor des österreichischen Hospizes in Jerusalem, Markus Bugnyar, aufmerksam. Ein Sozialfonds des Hospizes versucht zu helfen.

Gudrun Sailer - Jerusalem

„Gerade christliche Palästinenser haben zunehmend Schwierigkeiten, sich das Leben in Jerusalem leisten zu können“, so der aus dem Burgenland stammende Priester im Gespräch mit Radio Vatikan. Die größte Belastung seien die hohen Mietpreise in der Altstadt. Viele christliche Familien Jerusalems zögen über kurz oder lang in die günstigere Westbank, „wo man mehr Wohnraum für weniger Geld kriegt. Aber letztendlich kann das für uns aus christlicher Perspektive nicht die Lösung sein, weil es dazu führt, dass Christen zunehmend aus dem Stadtbild Jerusalems, aus der Altstadt, verschwinden“, warnte Bugnyar.

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Das Österreichische Pilger-Hospiz zur Heiligen Familie in Jerusalem entstand 1863 mit dem Auftrag, Pilger aus der Habsburger-Monarchie aufzunehmen. Ein zweiter, wesentlicher Auftrag galt von Anfang an den Geschwistern im Glauben. „Wir und andere Einrichtungen sind gegründet worden, um den Christen vor Ort beizustehen und zu helfen, nicht zuletzt dadurch, dass wir Arbeitsplätze in der Gastronomie und Hotellerie schaffen und Menschen so ein Einkommen für ihr Auskommen zu geben“, erklärt der Rektor. „Aber mein primäres Interesse wäre, und dafür haben wir vor einigen Jahren einen eigenen Sozialfonds ins Leben gerufen, massiv dabei helfen zu können – und dabei braucht es die Unterstützung unserer Freunde zu Hause -, dass Christen hier bleiben können in ihren angestammten Wohngebieten, im christlichen Viertel.“

Österreichisches Pilger-Hospiz in Jerusalem
Österreichisches Pilger-Hospiz in Jerusalem

Bugnyar nannte die Präsenz der Christen im Jerusalem „für uns essentiell“. Man dürfe nicht tatenlos dabei zusehen, „wie Jerusalem, die Heilige Stadt, die Stadt, die für uns gläubige Christen die wichtigste sein sollte, wie christliches Leben da, wo es entstanden ist, sich immer weiter verringert und in Randgebiete gedrängt wird. Das treibt mich um, und ich möchte gerne sagen, wir haben hier eine sehr konkrete Aufgabe. Und wenn es nur eine einzige Familie ist, der wir den Verbleib in Jerusalem ermöglichen können, ist es halt immer noch eine Familie mehr, anstatt abzuwandern in irgendwelche Gebiete, wo sie dann komplett von unserer Wahrnehmung abgetrennt sind.“

An Heilig-Land-Pilger richtete der Rektor des Hospizes die Einladung, sich für das christliche Leben in Jerusalem heute zu interessieren. „Hier haben wir einen gewissen Nachholbedarf, weil unsere Pilgergruppen primär hierher kommen, um die Heiligen Stätten zu besuchen, die Kirchen zu sehen und hier zu verweilen und zu beten, aber der Blick fehlt, dass es hier ja auch eine lebendige Gemeinde vor Ort gibt, dass da ja auch Christen sein müssen, die diese Heiligen Stätten pflegen, erhalten, mit Leben erfüllen, sodass dann wir, wenn wir als Pilger hierher kommen, tatsächlich noch etwas vorfinden.“ Er selbst erlebe es selten, dass von einer Pilgergruppe der Wunsch komme, eine christliche Pfarrgemeinde in Jerusalem zu besuchen und zu hören, was die Menschen beschäftigt.

Rektor Markus Bugnyar vor dem Österreichischen Pilger-Hospiz in Jerusalem
Rektor Markus Bugnyar vor dem Österreichischen Pilger-Hospiz in Jerusalem

Israel beziffert den Prozentsatz der Christen im Land nach Bugnyars Angaben mit 1,7 Prozent, in Jerusalem seien es 20.000 bis 25.000 christliche Gläubige, verteilt auf die verschiedenen Konfessionen. Das Österreichische Pilger-Hospiz liegt an der Via Dolorosa im muslimischen Viertel der Jerusalemer Altstadt. Die Auslastung ist derzeit – nach zweieinhalb Jahren Durststrecke wegen der Coronapandemie – gut: „Wir sind weit entfernt von den Zahlen von 2019, aber wir dürfen vorsichtig optimistisch sein“, so der Rektor. Während der Krise hätten sich allerdings viele Mitarbeitende beruflich umorientiert. „Wir haben im Hospiz genauso wie auch in Österreich immense Probleme, Mitarbeiter zu finden. Wir hätten theoretisch auch zu wenige Mitarbeiter, haben aber das Glück, eine große, stabile Gruppe von Freiwilligen hier im Haus zu haben, die aus Österreich kommen und uns helfen, den Betrieb am Laufen zu halten.“

(vatican news)

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20. September 2022, 10:23