Economy of Francesco: Die von Papst Franziskus angestoßene dreitägige Online-Konferenz startet am Donnerstag Economy of Francesco: Die von Papst Franziskus angestoßene dreitägige Online-Konferenz startet am Donnerstag 

Economy of Francesco: „Nicht auf Profit, sondern auf den Menschen setzen"

Ein saudischer Unternehmer, der Gastarbeiter vor Kredithaien schützt, ein Pariser Restaurant, das Langzeit-Arbeitslose beschäftigt und afrikanische Spar- und Kreditgruppen, die auf Solidarität und gegenseitiges Vertrauen setzen: das sind nur einige Beispiele dafür, wie eine Wirtschaft aussehen kann, die nicht den Profit, sondern den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Dargelegt werden sie in einem Dokument, das im Vorfeld der Nachhaltigkeitstagung „Economy of Francesco“ an diesem Mittwoch im Franziskanerkonvent von Assisi vorgestellt wurde.

Silvia Kritzenberger - Vatikanstadt

„Am 1. Mai 2019 lud Papst Franziskus junge Menschen auf der ganzen Welt ein, „eine Wirtschaft aufzubauen, die Leben bringt, und nicht Tod; die inklusiv ist und nicht exklusiv; menschlich und nicht entmenschlichend; eine, die für die Umwelt Sorge trägt und sie nicht ausbeutet”: So beginnt das Dokument, dessen Titel „Was kann ich für eine Wirtschaft im Sinne von Franziskus tun?“ keinen Zweifel daran lässt, dass es zum Nachdenken und - ja auch das – Nachahmen anregen will.

Das von Jean Fabre, Mitglied der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen für die Sozial- und Solidarwirtschaft (UNTFSSE), verfasste Dokument listet konkrete Erfahrungen in den fünf Kontinenten auf, von denen man lernen und sich inspirieren lassen kann. Menschen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten und Lebensbereichen haben dazu ihre Erfahrungen beigesteuert: Arbeiter, Studenten, Forscher, Bürgermeister, Regierungsbeamte, Ordensleute, Ökonomen, Unternehmer, Banker und Freiwillige.

Eine Einladung zur Reflexion, Kreativität und Zusammenarbeit

„Unser Ziel ist es, Menschen, Bürgergruppen, Verbänden, Unternehmern und lokalen Behörden aufzuzeigen, was sie konkret tun können“, stellte Projektkoordinator Flavio Lotti bei der Vorstellung in Assisi klar. Das Dokument sei „eine Einladung zur Reflexion, Kreativität und Zusammenarbeit“. Um auf die wirtschaftlichen Probleme zu reagieren, die durch die Coronakrise nun noch gravierender geworden seien, bräuchte man nämlich nicht nur gute Ideen, sondern müsse auch verstehen, wie man sie in die Praxis umsetzen kann.

„Durch die Entscheidungen, die wir tagtäglich treffen, spielen wir alle eine Rolle bei der Neugestaltung unserer Lebens-, Produktions-, Handels- und Konsumgewohnheiten – als Einzelpersonen, Unternehmer, Verwalter oder politische Entscheidungsträger. Und so müssen wir uns alle fragen: Was kann ich tun?,“ stellen die Verfasser fest – und listen dazu auch konkrete Beispiele auf.

Wie eine menschenfreundliche Wirtschaft aussehen kann...

So sei in Pantin, in der Nähe von Paris, das Restaurant „Le Relais“ ein Beispiel dafür, was Unternehmer tun könnten, die nicht nur auf Profit setzen. „Hier werden Langzeitarbeitslosen reguläre Berufsausbildungsverträge angeboten. In den mehr als 30 Jahren seines Bestehens hat das Restaurant schon vielen Menschen den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ermöglicht.“ 

Und dass auch in Dubai nicht alles Gold sein muss, was glänzt, das sehe man an Abdullah Al Atrash, wird weiter ausgeführt. Als der saudische Unternehmer die Wandmalereifabrik „MAS Paints“ übernahm, habe er sich von dem Motto „Wirtschaft in Gemeinschaft“ leiten lassen, das er während seines Studiums in Italien durch die Fokolar-Bewegung kennengelernt hatte. „Damit seine 200 Arbeiter – die meisten Gastarbeiter aus Indien oder den Philippinen – keine Kredite zu Wucherzinsen mehr aufnehmen mussten und lebenslange Verschuldung riskierten, gründete er kurzentschlossen eine firmeneigene Bank, die Kredite zu Negativzinsen vergibt. Ein Teil des von der Fabrik erwirtschafteten Gewinns wird zur Deckung der Arztkosten für die Belegschaft und der Schulgebühren ihrer Kinder zurückgestellt. Darüber hinaus engagiert sich Abdullah Al Atrash auch für die Sicherheit am Arbeitsplatz, hat Masken zum Schutz vor Chemiestaub gekauft und seine Arbeiter mit Arbeitsschuhen, Helmen und Schutzbrillen von höchster Qualität ausgerüstet. Und das Ergebnis? Die Lebensqualität seiner Arbeiter hat sich verbessert und sie sind natürlich deutlich motivierter, so effizient wie möglich für die Firma zu arbeiten.“

In Afrika dagegen haben sich lokale Spargruppen organisiert, um ihren Mitgliedern zu einem bestimmten Zeitpunkt größere Geldmengen zur Verfügung stellen zu können. Diese so genannten „Tontine“ gehen auf den italienischen Bankier Lorenzo de Tonti zurück, der im 17. Jahrhundert lebte. Ursprünglich als eine Art Lebensversicherung gedacht, können diese lokalen Spar- und Kreditgruppen beispielsweise Menschen helfen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen, oder den Kauf von Produkten sicherstellen, die eine Gemeinschaft benötigt: „Sie dienen auch dazu, gemeinsame Probleme zu lösen, wie die Betreuung von Kindern berufstätiger Eltern: In diesem Fall legen die Mitglieder ihr Geld zusammen, um die Person zu bezahlen, der man die Kinder anvertraut. Es gibt viele Formen von „Tontine“, aber sie basieren alle auf gegenseitigem Vertrauen. Sie sind keine spekulativen Kreditmechanismen, sondern folgen der Logik der Solidarität zwischen den Mitgliedern einer Gemeinschaft,“ stellt das Dokument heraus.

„Die Abwärtsspirale umkehren, die den Wohlstand vermehrt, den Menschen aber im Stich lässt“

Konkrete Beispiele dafür also, wie es möglich ist „die Abwärtsspirale umzukehren, die eine Wirtschaft des Wettbewerbs geschaffen hat, die zwar den Wohlstand vermehrt, den Menschen und die Umwelt aber im Stich gelassen hat.“

Die Umgestaltung der Wirtschaft erfordere eine eingehende Reflexion über die Werte, die unsere Gesellschaften zusammenhalten. Und dabei könne man sich an Verhaltensegeln halten, die auch Franziskus immer wieder vorlege, schließt das Dokument zur vom Papst angestoßenen Nachhaltigkeitstagung. Abzulehnen sei beispielsweise „die Konkurrenz zwischen den Menschen; das Ausnutzen der Notlage von anderen im Namen des Profits; die Erhöhung von Lebensmittelpreisen im Falle einer Hungersnot; die Erhöhung der Preise für Medikamente im Falle einer Pandemie: das Patentieren von und Spekulieren mit Medikamenten und Impfstoffen.“ Fördern dagegen müsse man „Solidarität und Fürsorge, Gemeinwohl, individuelle und kollektive Verantwortung und die Aufmerksamkeit für die Schwächsten“.

Erst dann würden wirklich wieder der Mensch und unser gemeinsames Haus, die Erde, in den Mittelpunkt gestellt - und nicht der Profit.

(vatican news - skr)

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18. November 2020, 16:19