Matthias Türk: vom Päpstlichen Einheitsrat zurück nach Würzburg Matthias Türk: vom Päpstlichen Einheitsrat zurück nach Würzburg 

Vatikan: Ökumenefachmann Matthias Türk kehrt zurück nach Deutschland

Seit 1999 wirkte der Würzburger Priester Matthias Türk als Mitarbeiter im päpstlichen Einheitsrat. Die diesjährige Gebetswoche zur Einheit der Christen, die auch in Rom groß begangen wird, wird seine letzte in der Ewigen Stadt: Am 1. März tritt Türk seine neue Stelle in Würzburg an. Ein Gespräch über Ökumene mit den Lutheranern, die angeblich protestantisierte Kirche in Deutschland und Dinge, die ein Heimkehrer an Rom vermissen wird.

Gudrun Sailer - Vatikanstadt

Vatican News: Herr Türk, der Papst begibt sich alljährlich im Rahmen der Gebetswoche für die Einheit der Christen zu einer ökumenischen Gebetsvigil in die Basilika Sankt Paul vor den Mauern. Welche Bedeutung hat diese Gebetswoche aus römischer Perspektive?

Matthias Türk: „Oft ist die römische Sicht ganz überraschend für Besucher: Sie merken, dass in Rom viel mehr an ökumenischem Leben vorhanden ist, als sie das vielleicht aus ihrer Heimat kennen. Rom wird oft als rein katholisch angeschaut, und man merkt nicht, wie sehr die verschiedenen Konfessionen und Christen hier in Rom zusammengewachsen sind und ein ganz intensives Gebetsleben mit einem sehr intensiven Austausch pflegen. Ausdruck davon ist alljährlich diese Gebetswoche für die Einheit der Christen in Sankt Paul vor den Mauern mit Blick auf das Fest der Bekehrung des Heiligen Paulus. Ein Zeichen dafür, dass unsere ökumenische Ausrichtung auch von Bekehrung, von Umkehr gekennzeichnet sein soll. Umkehr zu dem wahren Grund unseres Christseins - zu Jesus Christus selber. Wenn wir uns ihm nähern, nähern wir auch uns untereinander und gewinnen so die verlorene Einheit wieder.”

Hier zum Hören:

Vatican News: 20 Jahre haben Sie im Vatikan die Beziehungen mit den Lutheranern mitgestaltet. Wie sehen Sie auf Ihre Jahre hier im Dienst der Ökumene zurück?

Matthias Türk: „Das war eine Höhenwanderung, ein Ausblick in Weiten - und vielleicht manchmal auch in Tiefen. Es ist eine sehr engagierte, anfordernde aber auch bereichernde und sehr positiv geistliche Erfahrung gewesen. Angefangen hat es mit der gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 in Augsburg, die wir mit unserem internationalen ökumenischen Partner, dem lutherischen Weltbund mit auf den Weg gebracht haben. Dieser Weg ist zu einer Erfolgsgeschichte geworden in der ökumenischen Welt und zur Grundlage für viele andere Dokumente und Konsense, die wir gefunden haben - bis hin zum Reformationsgedenkjahr 2017 auf Weltebene, das sich auch der Papst zu eigen gemacht hat in der Kathedrale zu Lund in Schweden. Dort war der Weltbund 1947 gegründet worden.“

Vatican News: Man spricht ja heute vom „Lund-Event“, inwiefern ist dieser Schritt in der Ökumene mit Papst Franziskus 2017 ein echter Meilenstein?

Matthias Türk: „Das Lund-Event greift auf, was in der gemeinsamen Erklärung grundgelegt worden ist und jetzt noch andere ökumenische Partner einbezogen hat. Also nicht nur Lutheraner und Katholiken, die in der Lund-Erklärung eine Grundlage gegeben haben, sondern dann auch den methodistischen Weltrat, die Weltgemeinschaft der Reformierten Kirchen, auch die anglikanische Gemeinschaft. Sie alle sind zu Unterzeichnungspartnern der Gemeinsamen Erklärung geworden. Also – es gab eine Intensivierung der ökumenischen Kontakte, und eine Konzentration auf die wesentlichen Inhalte.“

Vatican News: Wo sind denn heute aus Ihrer Sicht die offenen Punkte, die einer theologischen Vertiefung zwischen Lutheranern und Katholiken bedürfen?

Matthias Türk: „Das was vor uns liegt, was einer Vertiefung bedarf, sind die Punkte Kirche, Sakramentales Leben, hier vor allem die Eucharistie, und das Amt. Diese drei zentralen Punkte liegen vor uns und kennzeichnen den Weg, den wir gemeinsam gehen wollen. In nicht allzu weiter Ferne scheint bereits ein anderes Jubiläum auf. Nicht direkt Trennungsgeschichte, sondern 500 Jahre Einigungsgeschichte oder Versuch einer Einigung mit der sogenannten ,Confessio Augustana', mit dem augsburgischen Bekenntnis, das 1530 noch einmal den Versuch dargestellt hatte, in der Reformationszeit die Spaltung der Kirche zu verhindern und eine gemeinsame theologische Grundlage zu erarbeiten. Dieses Jubiläum, das wir 2030 vor uns haben, hat genau diese inhaltlichen Punkte: Kirche, Eucharistie und Amt. Das sind die Punkte, die uns jetzt zu beschäftigen haben mit Blick auf die volle sichtbare Einheit der Kirche.“

Vatican News: Sie sind Jahrgang 1962, haben an der Universität Würzburg Theologie studiert, sind dann nach Rom gewechselt ans Collegium Germanicum-Hungaricum. Die Priesterweihe haben Sie am 10. Oktober 1989 von Kardinal Joseph Ratzinger empfangen. Was bedeutet Ihnen das heute?

Matthias Türk: „Die Priesterweihe und vorher die Weihe zum Diakon bedeuten eine grundlegende Lebensentscheidung, die immer wieder eingelöst wird. Das ist eine ganz wertvolle Erinnerung an diese Zeit und ein Ausblick auf den Dienst, den ich noch für die Kirche tun kann. Mit der Theologie Joseph Ratzingers hatte ich mich schon immer intensiv auseinandergesetzt, sein Beitrag für das kirchliche Leben, in der Leitungsfunktion der Kirche ist unersetzlich. Er hat Maßstäbe gesetzt und er wird weiter wirken in unserem Katholischsein – und auch ganz stark für die Ökumene. Deswegen freue ich mich natürlich, von einem so bedeutenden Zeitgenossen und Vertreter der Kirche die Weihe empfangen zu haben.“

Vatican News: Sie kehren nach Ablauf Ihrer derzeitigen Dienstperiode – also 4 mal 5 Jahre - nach Würzburg zurück. Dort werden Sie zum 1. März 2019 persönlicher Referent von Bischof Franz Jung. Was erwartet Sie da genau?

Matthias Türk: „Es ist immer eine spannende Aufgabe, in die Zukunft zu gehen in der Verbundenheit mit der Gemeinschaft der Priester, mit dem Bischof in einer Diözese, und ich freue mich sehr, nach diesen Jahren im römischen Dienst für die Universalkirche jetzt wieder in meiner Heimat für die Ortskirche von Würzburg tätig sein zu können. Welche genauen Themen und Inhalte anstehen, werden wir noch genauer besprechen, sicherlich die Zukunft der Pastoral, aber auch des Glaubens und der kirchlichen Lehre insgesamt.“

Vatican News: Von außen betrachtet, sehen ja manche den Zustand der katholischen Kirche in Deutschland etwas problematisch. Eines der Stichworte heißt, die katholische Kirche in Deutschland sei „protestantisiert“. Was ist Ihre Wahrnehmung?

Matthias Türk: „Ich habe schon immer vor Schubladendenken gewarnt, vor Klischees und Vereinseitigungen. Wenn wir die evangelische Seite vom Evangelium her verstehen wollten, wären wir gut beraten, ihre wertvollen Anregungen aufzunehmen, nämlich den Evangelien gemäß zu leben und unseren Glauben zu verwirklichen. ,Protestantisierung´ als reine Protesthaltung zu verstehen, ist auch nicht gut für das Leben der Kirche. Es gilt, konstruktiv in die Zukunft zu gehen, also die berechtigten und wertvollen Anliegen des anderen Partners aufnehmen, um das gemeinsame Fundament freizulegen, das verschüttet worden ist durch den Lauf der Zeiten, durch viele politische und kirchenpolitische und andere Anliegen. Das wieder zu gewinnen, als gemeinsamen Schatz hervorzuheben und so in eine gemeinsame Zukunft zu gehen, die naturgemäß ökumenisch ist und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche beinhaltet.“

Vatican News: Was werden Sie von Rom vermissen?

Matthias Türk: „Ich habe mich in diesen Tagen öfter gefragt, welchen Grund es gäbe, unbedingt hierbleiben zu müssen! Und mir ist neben dem Reiz und der Schönheit der italienischen Landschaft besonders das Licht in den Blick gekommen, das die Landschaftsmaler so geschätzt haben, die unvergleichliche Helligkeit, die es hier im Süden, im Mittelmeerraum gibt, die vielleicht nördlich der Alpen so nicht vorhanden ist. Mehr Licht, als Idee für einen zukünftigen Weg….“

(vatican news)

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18. Januar 2019, 13:07