Papst Johannes Paul II. beim Weltfamilientreffen 2000 Papst Johannes Paul II. beim Weltfamilientreffen 2000 

Radioakademie (2): Johannes Paul II., Kämpfer für die Menschenwürde

Im Mai 2020 hätte Papst Johannes Paul II. seinen 100 Geburtstag gefeiert: Aus diesem Anlass hatten wir ihn in einer vierteiligen Radioakademie gewürdigt. Diese ist nun quasi in die Verlängerung gegangen: Aus unserem Archiv haben wir auch für Juni bedeutsame Aufnahmen aus seiner Amtszeit – teilweise auch auf Deutsch - ausgewählt. An diesem Sonntag: Johannes Paul II. sein Einsatz für den Menschen als Programm.

Sie prägt uns alle ganz besonders: Die Familie. Das war auch bei Johannes Paul II. nicht anders.

Apostel der Familien


Papst Johannes Paul II. war schon in jungen Jahren Halbwaise, die Mutter starb als er acht, der ältere Bruder, als er 12 Jahre alt war.

Karol wurde also von seinem Vater erzogen, der starb, als der künftige Papst 20 Jahre alt war. Vielleicht rührt von daher seine lebenslange Beschäftigung mit dem Thema Ehe und Familie. Er, der wenige Jahre seiner Jugend eine vollständige Familie um sich hatte, wurde zum Apostel der Familien.

Familie, ein Zufluchtsort


Für Papst Johannes Paul II. bedeutete sie Nestwärme, Hauskirche, Keimzelle und geheime Kraftquelle der Gesellschaft - die Familie:
„Das öffentliche Klima ist nicht immer freundlich gegenüber Ehe und Familie... und doch erweisen sie sich in unserer anonymen Zivilisation als Zufluchtsort auf der Suche nach Geborgenheit und Glück: Ehe und Familie."

Hier können Sie einen Ausschnitt aus unserer Radio-Akademie hören.

Karol war Priester geworden, als mit seinem Vater sein letzter direkter Angehöriger verstarb. Die Hochachtung vor, ja beinahe Sehnsucht nach Familie hat den polnischen Papst nie verlassen. Es ist kein Zufall, dass er als erster Papst im Jahr 2001 zwei Eheleute und Familiengründer gemeinsam selig sprach. „Ehe und Familie sind wichtiger denn je, Keimzellen zur Erneuerung der Gesellschaft, Kraftquellen, aus denen das Leben menschlicher wird.“

Klare Position


Johannes Paul II. hat auch bei heftigem gesellschaftlichen Gegenwind immer an der kirchlichen Ehe-Moral festgehalten, sie immer wieder offensiv vorgetragen - ob das gelegen kam oder ungelegen:

„Man kann nicht nur auf Probe lieben, nur auf Probe und Zeit einen Menschen annehmen." ... „Die Ehe ist der einzig angemessene Ort für die Zeugung und Erziehung von Kindern."

Papst Wojtyla bei einer Ungarnreise
Papst Wojtyla bei einer Ungarnreise

Wiederentdeckung der Selbstlosigkeit

Die Gefährdungen, die heutzutage einen großen Teil der geschlossenen Beziehungen scheitern lassen, hat dieser visionäre Papst klar benannt. Er sah vor allem den Egoismus am Werk und warb für eine Wiederentdeckung der Selbstlosigkeit:

„Materialismus,Konsumdenken und egoistisches Streben nach Vergnügen können der Ehe keinen Bestand geben da, sie der in der Ehe geforderten Hingabe diametral entgegen gesetzt sind.“

Sorge um alle, deren Lebensentwürfe scheitern

Wenn Johannes Paul II. gegen den Trend für eine funktionierende christliche Ehe stritt, blieb in der Öffentlichkeit oft der Eindruck einer gewissen Härte und Unnachgiebigkeit - aber zu Unrecht. Denn da gab es auch den pastoralen Johannes Paul mit seiner Sorge um alle, deren Lebensentwürfe scheitern.

Die deutschen Bischöfe bat er einmal, ausdrücklich: ,,Eure Sorge muss auch den mit Christen gelten, die in einer ungeregelten Beziehungen leben. Sie bedürfen ebenso der liebevollen Zuwendung der Kirche. Dazu gehören auch die Geschiedenen, die sich zivil wiederverheiratet haben. Sie sind getaufte Christen, es ist unsere Pflicht, ihnen unsere pastorale Sorge angedeihen zu lassen.''

Er gab deutlich die Richtung vor


Johannes Pau II. war nicht nur der Charismatiker, der das Evangelium auf zahlreichen Auslandsreisen in die Welt trug. Abseits von medienträchtigen Events hat Papst Wojtyla auch programmatisch viel geleistet, um die Kirche nach den Vorgaben des Konzils zu modernisieren und gleichzeitig auf Kurs zu halten.

Bei einer Messfeier
Bei einer Messfeier

Gott und Mensch im Zentrum


Er hatte einen Standpunkt, er gab mit großer Deutlichkeit die Richtung vor. Aber Papst Johannes Paul II. war nicht links und nicht rechts, nicht modern und nicht altmodisch. Sein Geheimnis, der Grund seiner oft überraschenden Entscheidungen war sein Glaube, seine unerschütterliche Überzeugung. Im Zentrum seines Denkens stand Gott - und deshalb der Mensch.

Redemptor hominis


Gott war Mensch geworden, damit der Mensch Anteil haben konnte am göttlichen Leben. Schon in der ersten Enzyklika Redentor hominis von 1979 wurde dem Papst der Einsatz für den Menschen zum Programm:

„Der Mensch als Individuum, als Mitmensch und als Kind Gottes ist auch das Thema der Kirche. Dieser Mensch ist der erste Weg, den die Kirche bei der Erfüllung ihres Auftrages gehen muss."

Einsatz für den Menschen, das hieß einerseits Kampf für die Menschenrechte, ein Thema mit dem der Papst vielen aus dem Herzen sprach. Andererseits bedeutete es Kampf auch für den ungeborenen Menschen, für das gefährdete, verkaufte, missachtete abgetriebene Leben.

Evangelium vitae


Vor allem in der Enzyklika Evangelium vitae von 1995 trat ein visionärer Johannes Paul scharf einer menschenfeindlichen Kultur des Todes entgegen. Mit diesem Thema macht er sich Feinde - aber wie eingangs gesagt: Wer glaubt, hat einen Standpunkt. Der Papst wiederholte seinen Standpunkt für das Leben immer wieder ungeachtet aller Kritik:

„Keine Friedensbewegung verdient doch diesen Namen, wenn sie nicht mit gleicher Kraft den Krieg gegen das ungeborene Leben anprangert und dagegen anzugehen versucht.“

Bei einer Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel
Bei einer Begegnung mit dem Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel

Centesimus annus

Den Menschen retten vor seinem Gefährdungen, ihm zu der Freiheit verhelfen, die seine Berufung ist. Hier liegt auch der Kern des politischen Denkens Johannes Pauls. Mit dieser menschenfreundlichen Einstellung brachte er nicht nur den Sowjetkommunismus ins Wanken, sondern ging auch den Kapitalismus scharf an.
In der Enzyklika Centesimus annus, zwei Jahre nach Fall der Mauer, warnte er unverhohlen vor einer radikalen kapitalistischen Ideologie und ihrem, so wörtlich, „blinden Glauben“ an die freie Entfaltung der Marktkräfte. die würde vor allem der arbeitenden Menschen, dürfe beim Goldrausch der Moderne nicht zur Disposition gestellt werden:

„Die Arbeit gehört zum Menschen, sie ist Ausdruck seiner Ebenbildlichkeit mit Gott und so unverzichtbarer Bestand menschlicher Würde."

Auch in Wissenschaft und Forschung machte der Papst den Menschen zum entscheidenden Kriterium für jeden Fortschritt:

„Die zentrale Frage lautet: Hat der Mensch noch Vorrang? Wem dienen in Wahrheit die Anstrengungen menschlichen Fortschritts und Forschens?“

Ut unum sint


Beinahe anthropologisch war auch das Kirchenbild Johannes Pauls II.. Die Kirche, das war Maria unter dem Kreuz, die Kirche, das war der Leib Christi-leider zerfallen in eine Vielzahl von Gliedern. Sie musste wieder ein Leib werden: von daher sein ökumenisches Engagement.

In der Enzyklika Ut unum sint von 1995 lud er zu einer Diskussion über das Papstamt ein und in seinem Gesprächsbuch „Die Schwelle der Hoffnung überschreiten“ räsonierte er in beinahe privatem Tonfall darüber, das geschichtliche Bezeichnungen wie „Papst", „Seine Heiligkeit" oder „Stellvertreter Christi" doch nur eine sehr geringe Bedeutung hätten.

Die Kirche als ein Leib - das war dem Papst auch innerkirchlich das Grundanliegen. er war stolz darauf das Zweite Vatikanische Konzil vom ersten bis zum letzten Tag miterlebt zu haben. Wie die großen Päpste nach dem Trienter Konzil machte er es sich zur Aufgabe, die Bestimmungen und den Geist des zweiten vatikanums festzuschreiben.

Warum wird von den administrativen Taten Johannes Pauls so wenig gesprochen? weil seine menschliche Ausrichtung, seine Botschaft von Menschen, sein Kampf für Menschenwürde alles überstrahlte. Dieses Pontifikat war ein großes „ecce homo“, ein großes: seht, da ist der Mensch....

Bestellen Sie unsere CD

Die neue fünfteilige Radioakademie steht unter dem Motto „in memoriam – Die schönsten Aufnahmen von Papst Johannes Paul II.“  Die Beiträge, die von 31. Mai bis 28. Juni 2020 jeweils am Sonntagabend bei uns im Programm laufen, haben wir aus einer gleichnamigen Doppel-CD ausgewählt, die Radio Vatikan nach dem Tod Johannes Pauls II. im Jahr 2005 produzierte.

Wenn Sie sich für diese Radioakademie interessieren, können Sie sie, wie üblich, auch auf CD bei uns bestellen. Eine Mail an cd@radiovatikan.de genügt; wir bitten um eine Spende zur Deckung der Unkosten. Die Bestellnummer lautet „S7“ für die Doppel-CD von 2005.

(vatican news - sst)

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06. Juni 2020, 08:15