Blick auf die Kuppel des Petersdoms Blick auf die Kuppel des Petersdoms 

Deutsche Bischöfe im Vatikan: „Ad-limina-Besuch ist Chance"

Die deutsche Bischofskonferenz (DBK) hat ihren Ad-limina-Besuch in Rom begonnen und wird in diesem Zusammenhang auch von Papst Franziskus empfangen. Ein Kollegengespräch über die Bedeutung der Visite aus Deutschland zum jetzigen Zeitpunkt.

Stefan Kempis (Radio Vatikan): Die deutschen Bischöfe sind in Rom zu ihrem Ad limina-Besuch eingetroffen. Worum wird’s gehen, und wie ist der Ablauf?

Anne Preckel (Radio Vatikan): Der letzte Ad-limina-Besuch der deutschen Bischöfe im Vatikan hat ja vor sieben Jahren stattgefunden, liegt also eine Weile zurück. Seitdem ist viel passiert, es gibt einen neuen Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, der Synodale Weg wurde aufgenommen, zu dem es manchen Einwurf aus Rom gab, und die Weltsynode ist gestartet, in die sich der deutsche synodale Prozess einordnen muss. 

Viele deutsche Bischöfe haben in den letzten Jahren zwar einzeln beim Papst vorgesprochen; der Ad-limina-Besuch ist aber jetzt die Gelegenheit, mit einer Stimme im Vatikan vorzusprechen, den Papst und die Vatikansicht anzuhören und vielleicht auch Missverständnisse aus dem Weg zu räumen.

Zur groben Struktur: Am Anfang des Ad-limina-Besuches stand an diesem Montagmorgen ein von Bischof Bätzing geleiteter Gottesdienst am Grab des Apostels Petrus, im Laufe der Woche gibt‘s die Gespräche mit den Vertretern einzelner Dikasterien - dafür haben sich die deutschen Bischöfe im Vorfeld des Besuchs aufgeteilt -, und gegen Ende der Woche gibt‘s dann einen großen gemeinsamen Austausch mit allen Beteiligten und dem Papst. Dieses Format hat es auch mit einigen anderen Bischofkonferenzen gegeben, etwa mit der von Chile. Mehrfach werden die deutschen Bischöfe außerdem in den nächsten Tagen Messen in den großen römischen Basiliken feiern (Infos zur Teilnahme hier).

Deutsche Bischöfe zu Beratungen im Vatikan - ein Kollegengespräch von Radio Vatikan

Kempis: Man hat den Eindruck, dass dieser Ad-limina-Besuch mit besonders großem Interesse verfolgt wird. Warum ist das so?

Preckel: Weil es, um es mit den Worten von Bischof Bätzing sachlich auszudrücken, einen „klar erkennbaren Gesprächsbedarf“ gibt, vor allem was den Synodalen Weg in Deutschland betrifft. Da gab es doch rund um Themen wie Beteiligung von Laien, kirchliche Sexualmoral, Ämter und Geschlechtergerechtigkeit sehr viel Bewegung. Nicht alle verstehen unter Umkehr und Erneuerung dieselben Dinge, was man auch innerhalb der deutschen Bischofskonferenz selbst gesehen hat. Nicht alle können auch Dissens aushalten oder diesen kommunikativ in etwas Konstruktives verwandeln. Der Papst selbst hat betont, dass Dissens in der Kommunikation nicht zum Bruch führen muss. Gemeinschaft bedeute schließlich keine Uniformität, es gelte vielmehr unterschiedliche Wirklichkeiten zusammenzuhalten, sagte Franziskus am Samstag noch in einer Rede an unser Kommunikationsdikasterium. Nun ist es aber so, dass Dissens mehr Aufmerksamkeit als Konsens erregt und medial auch gerne ausgeschlachtet wird. Was den Synodalen Weg betrifft, wurde sicher auch vieles von dem Gemeinsamen, dem Konstruktiven weniger berichtet.

Kempis: Der Ad-limina-Besuch wurde jedenfalls gründlich vorbereitet, nicht wahr?

Preckel: In der Tat. So war Bätzing bereits Anfang Oktober zu Vorgesprächen im Vatikan. Auch wurden die deutschen Bischöfe von Vatikanseite gebeten, einen ausführlichen Bericht zur Situation in den Diözesen vorzulegen. Das spricht dafür, dass es auch dem Vatikan ein Anliegen ist, dieses Gespräch gut zu führen. Es gibt Klärungsbedarf, aber alle Beteiligten sind vorbereitet und haben schon eine erste gemeinsame Grundlage, mit der man in die Treffen reingeht. Dass die deutschen Bischöfe in Rom viel Zeit haben, ist sicher eine große Chance.

Kempis: Papst Franziskus hat sich zuletzt auf seinem Rückflug von Bahrain nochmal explizit zur deutschen Kirche geäußert und dabei vor einem „Ethizismus“ gewarnt, „der sich als Christentum tarnt“. Was sagt uns das?

Preckel: Ja, er antwortete dabei auf die Frage eines Journalisten, der fragte, was die deutsche Kirche etwa von der kleinen Christengemeinde im Bahrain lernen könne. Und in Franziskus‘ Antwort hat man dann doch recht deutlich die Sorge des Papstes herausgehört, dass sich die deutsche katholische Kirche in Diskussionen über kirchliche Entwicklungen verliert, statt die „einfache Religiosität der Großeltern“ zu kultivieren, so hat das der Papst formuliert. Er hat also Sorge, dass die Religiosität nachlässt oder nicht genug kultiviert wird angesichts der Strukturdebatten in Deutschland.
Mein Eindruck ist: Er meint, in Deutschland sitzen immer mehr nur noch Kulturchristen. Da müssen sich die deutschen Bischöfe jetzt wohl bemühen, beim Ad-limina-Besuch ein anderes Bild zu zeigen. Bischof Bätzing hat ja schon angekündigt, er wolle dem Papst ganz viel vom Aufbruch und vom Engagement in deutschen Gemeinden berichten, die es ja – trotz der vielen Austritte – auch ganz klar gibt. Sich so zu engagieren ist sicher auch schwer ohne einen starken Glaubenskern möglich, denke ich. 

(vatican news – pr)

 

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14. November 2022, 10:21