Feier in Uganda Feier in Uganda 

Kirche in Afrika: Auch Kinderschutz wird immer wichtiger

Es ist wie eine große Synode in Afrika: Über 400 Delegierte vom Kontinent und aus Madagaskar, aber auch Kirchenvertreter aus Europa, Amerika und Asien feiern diese Woche in Kampala das 50. Jubiläum der Bischofskonferenzen Afrikas und Madagascars (SECAM). Aus Deutschland ist Maria Klatte, Leiterin der Afrika-Abteilung des Hilfswerkes Misereor, in der Hauptstadt Ugandas. Im Interview mit Radio Vatikan geht sie auf das Treffen und die Herausforderungen in Afrika ein.

Vatican News: Bei dem Bischofstreffen in Uganda (20. bis 29. Juli) gibt es etliche Veranstaltungen. Vor allem der Auftakt der Versammlung in Kampala muss besonders gewesen sein.

Klatte: Ja, die Versammlung bestand insgesamt aus einer Woche mit verschiedenen Elementen und am ersten offiziellen Tag, dem vergangenen Sonntag, gab es einen sehr feierlichen Auftakt der Versammlung. Diese Feier wurde in Form eines sehr festlichen Gottesdienstes gestaltet, bei dem die Mitglieder der panafrikanischen Bischofskonferenz, also die Bischöfe und Kardinäle Afrikas, vertreten waren, bei denen aber auch eine ganze Reihe von Gästen aus dem Ausland, auch aus Afrika von anderen Religionsgemeinschaften und Organisationen vertreten waren und dazu gehören eben auch Hilfswerke, mit denen SECAM in den letzten Jahren zusammengearbeitet hat.

Zum Nachhören

Vatican News: Haben sich auch die Politik und die Behörden an der Versammlung beteiligt?

Klatte: Es gab ein Grußwort vom ugandischen Präsidenten. Seit Montag läuft nun ein Workshop, der verschiedene Facetten der Arbeit von SECAM beleuchtet, also ein großer Schwerpunkt im Programm sind Reflexionen über die Missionsarbeit und Evangelisierung im afrikanischen Kontext, sowohl mit Rückblicken auf die Vergangenheit also auch mit einer Befassung möglicher Perspektiven für die Zukunft und was dafür wichtig ist. Es geht aber auch um Aufgaben, die SECAM über die rein pastorale Aufgabe hinaus wahrnimmt, nämlich die Arbeit im Bereich von „Iustitia et Pax“, Gerechtigkeit und Frieden. Auch da ist SECAM schon seit langen Jahren unterwegs.

Vatican News: Auch das Umweltschutz-Thema stand auf der Agenda. Die Konferenz hat vertiefend über „Laudato si“ debattiert. Inwieweit ist das Papstschreiben für Afrika wichtig? Weshalb ist es für Misereor wichtig?

Klatte: Für Misereor ist die Enzyklika ein wichtiges Leitinstrument, was uns auch in unserer aktuellen Vision und Orientierung sehr stark begleitet. Wir haben uns für die nächsten Jahre vorgenommen, mit unserer Projektarbeit, aber auch mit unserer politischen Arbeit und unserer Bildungsarbeit auf einen sozial-ökologischen Wandel hinzuwirken. Dabei sehen wir „Laudato si“ auch als eine Inspiration an, dies gemeinsam mit unseren Partnern zu tun. Misereor wirkt mit bei der Vorbereitung der Amazonas-Synode und wird eben auch über die verschiedenen Ansätze der Bischofskonferenzen mitwirken bei den Überlegungen, die dann in Rom weiter dazu stattfinden.

Vatican News: Und gibt es denn Schwerpunkte, die Sie zu den Anliegen von „Laudato si“ sehen?

Klatte: Ein Schwerpunkt der aktuellen Arbeit der „Iustitia et Pax“-Kommission von SECAM ist die Arbeit an globalen Herausforderungen. Dazu gehört eben auch die Arbeit zum Thema Klimawandel und das wird auch im Kontext zu „Laudato si“ angegangen und diskutiert. Die Konferenz hat dazu am Montag getagt und eben auch noch einmal versucht zu vermitteln, was „Laudato si“ ganz konkret für Afrika bedeutet und welche Fragen der politischen, sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit in Afrika wichtig sind. Also die Enzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus wird auch hier in Afrika als Chance gesehen, das Verhältnis von Mensch zur Umwelt kritisch zu betrachten und sich Gedanken darüber zu machen, wie man das wieder gut in Einklang bekommen kann. Wie also die Lebensstile der Menschen in Einklang gebracht werden können mit einer nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen.

Ich denke, dass die afrikanische Kirche nach meiner Beobachtung und nach dem, was auch gestern diskutiert wurde, teilweise noch am Anfang ist, sich mit „Laudato si“ zu befassen, teilweise gibt es aber auch schon ganz konkrete Schritte, die da gegangen werden. So hat SECAM auch als eine Antwort auf die Amazonien-Debatte, wozu ja auch im Herbst eine Synode in Rom stattfinden wird, begonnen mit Überlegungen für eine spezifische Arbeit im Kongobecken. Es geht dabei darum, zunächst einmal zu eruieren, welche ökologischen Schäden der Wald im Kongobecken schon aufzeigt und dann zu überlegen, wie man gemeinsam agieren kann, um hier auch dem Klimawandel entgegenzuwirken bzw. auch ökologischer Zerstörung entgegenzuwirken. Dieser Prozess ist noch in Planung.

Die Gremien, die sich mit dieser exemplarischen Studie und dem exemplarischen Handlungsfeld „Kongobecken“ beschäftigen, werden eben auch bei der Amazonas-Synode in Rom vertreten sein, um dann auch auf globaler Ebene mit anderen Bischofskonferenzen zu reflektieren, wie diese Arbeit weitergeführt werden kann.

Vatican News: Die Bischofsvereinigung Afrikas SECAM feiert ihr 50jähriges Bestehen. Wie hat sich die katholische Kirche in den vergangenen Jahrzehnten denn in Afrika entwickelt?

Klatte: Ich spüre in der Konferenz, dass auch einfach sehr diverse Stimmen zu hören sind. Es gibt bewahrende Stimmen, die sehr stark erinnern an den Anfang von SECAM. Die afrikanische Bischofskonferenz wurde ja auch im Kontext des Zweiten Vatikanischen Konzils gegründet und insofern wurde auch nochmals Paul VI. sehr viel Tribut gezollt und überlegt, inwieweit er auch zu den Entwicklungen von SECAM beigetragen hat. Auch die danach folgenden Päpste, Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben durch ihre jeweiligen Reflexionen und ihre spezifischen Verlautbarungen zu Afrika beigetragen und darüber wurde in den letzten zwei Tagen sehr viel gesprochen.

Interessant fand ich bei den ganzen Diskussionen auch, dass es sehr viele Stimmen gibt, die sagen, dass es für die Zukunft auch gilt, noch mehr und kreativer zu reflektieren, wie Afrika seine Pastoralarbeit, aber auch die Arbeit in den Bereichen Gerechtigkeit und Frieden so gestalten kann, dass die afrikanische Tradition und die afrikanische Stimme dabei auch deutlich werden.

Mission und Gegenmission

Es wurde sehr viel darüber gesprochen, wie im Einzelnen eine gute Pastoralarbeit gestaltet werden kann, wie man Mission im heutigen Kontext verstehen kann. Dabei war auch die Rede, was wir ja auch vielfach in Deutschland direkt selbst erfahren, davon, dass es inzwischen eine Gegenmission gibt. Dass also viele Afrikaner auch in Europa unterwegs sind in Kirchen, um sozusagen auch dort mitzuwirken in den Gemeinden und spirituelle Grundlagen auch mitzuverbreiten.

Diese Aspekte wurden stark reflektiert und desgleichen wurde auch immer wieder darum gerungen und darüber, sich zu verständigen, was es bedeutet, dass Kirche auch in politischen Konflikten agieren sollte, dass sie Beiträge in solchen Konflikten leistet, um z.B. Frieden zu reinstallieren oder auch Wahlen zu beobachten und zu begleiten.

Das sind ja Elemente, die Kirchen sowohl auf diözesaner, nationaler, aber eben auch auf internationaler Ebene einbringen können. Es ging sehr viel um Ressourcen, extraktive Industrien, inwieweit sich die Kirche einbringen kann und ganz generell auch einfach um die Frage, was das Besondere einer Begleitung von Politikern und Politikerinnen durch die Kirche ist.

Vatican News: Welches sind die Herausforderungen der kommenden Jahre für die Kirche in Afrika und wie will und kann Misereor ihr unterstützen?

Klatte: Als Misereor sind wir das katholische Hilfswerk der Deutschen Bischofskonferenz für Entwicklungszusammenarbeit. Insofern würde ich jetzt diese Frage auch verstehen als eine Frage an das Hilfswerk. Da würde ich jetzt auch meine eigene, persönliche Reflexion wiedergeben.

Ich glaube, dass Herausforderungen der kommenden Jahre für die Kirche in Afrika weiterhin sein werden, weiterhin Beiträge zu Frieden und Entwicklung zu leisten. Ich denke, angesichts der aktuell zu beobachtenden Konflikte, dass es dabei sehr viel auch um Engagement im interreligiösen, gemeinsamen Dialog gehen wird.

Die katholische Kirche sollte da auch nicht allein unterwegs sein, sondern auch mit anderen Religionsgemeinschaften arbeiten. Dafür gibt es auch sehr viele Beispiele. Ich denke, dass eine sehr große Herausforderung nach wie vor die Bildungsarbeit ist. Das wurde jetzt auch in den letzten beiden Tagen immer wieder hervorgehoben und das beobachtet auch Misereor in den Projekten in Afrika.

Ich denke, dass das eine Herausforderung bleiben wird und dass man da auch, sowohl im formellen als auch im informellen Sektor, sehr viel leisten muss, um einfach die wichtigste Grundlage für Entwicklung, nämlich eine gute Bildung, auch schaffen zu können.

Ich glaube, dass eine Herausforderung der Kirche sein wird, sich weiterhin für gute Regierungsführung einzusetzen in allen möglichen Ländern. Wir haben sehr viele Situationen, wo die Kirche da auch aktiv gefragt ist, wo sie aber auch unterschiedlich agiert, muss man ehrlich sagen.

Große Herausforderung Kinderschutz

Also die CENCO, das ist die Bischofskonferenz der Demokratischen Republik Kongo, hat, wie auch bekannt ist, schon mehrfach eine sehr aktive, konstruktive Rolle eingenommen. In anderen Kontexten ist das auch einfach sehr schwierig, weil eben die Spielräume für zivilgesellschaftliches Engagement auch der Kirchen nicht immer so gegeben ist. Wenn ich da an den Tschad denke, das ist ein sehr restriktives Umfeld, wo auch durch entsprechende Gesetzgebung in den letzten Jahren sich die Situation sehr zugespitzt hat und man dann auch einfach sehr klug handeln muss, um politisch sich zu äußern, dabei aber nicht zu riskieren, gar nicht mehr agieren zu können.

Eine sehr große Herausforderung für die Kirche in Afrika wird sicher auch werden der Umgang mit der ja auch in Deutschland, in Europa in der amerikanischen Kirche und vermutlich in allen Kirchen sich stärker stellenden Frage nach Schutz von Kindern und nach Umgang mit sexuellem Missbrauch. Ich glaube, dass hier wir alle aufgefordert sind, gute Antworten zu finden, gute Prävention zu leisten und viel Bewusstsein und Training auch zu entwickeln, um die Frage angemessen anzugehen.

Misereor möchte diese Prozesse auch unterstützen, möchte mehr Bewusstsein bei den direkten Partnerorganisationen schaffen und möchte auch auf Vorschläge hin und in Kooperation und Reflexion mit den Partnerorganisationen Wege entwickeln, Seminare durchführen, Reflexion fördern, die das Thema Missbrauch in der Kirche in angemessener Weise angehen.

Vatican News: Uns was sind weiteren Herausforderungen?

Klatte: Ich glaube, ich habe schon interreligiöser Dialog, Mitwirken im Bereich von Konflikt- und Friedensarbeit genannt. Die Thematik „Laudato Si“ bzw. Klimawandel ist so präsent, dass man eigentlich gar keine Projektarbeit mehr macht, ohne mit dem Thema direkt konfrontiert zu werden.

Es wird bei Besuchen in ländlichen Entwicklungsprojekten immer deutlich, dass die Menschen in den südlichen Ländern besonders stark unter den Folgen des Klimawandels leiden. Sie müssen dann eben auch sehr kreativ sein, um z.B. Anbautechniken anzupassen, um ausgebeutete Erde auch wieder nutzbar zu machen. Das ist ein Feld, in dem wir auch mit Partnern im Bereich der ländlichen Entwicklung sehr viel weiterarbeiten werden und gleichzeitig auch versuchen wir, natürlich da auch die globalen Rahmenbedingungen zu beeinflussen, indem wir politisch die Stimme gemeinsam mit unseren Partnern erheben.

Das Gespräch führte Mario Galgano.

(vatican news)

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24. Juli 2019, 14:10