2014: Franziskus bei einem Besuch am Ufer des Jordan 2014: Franziskus bei einem Besuch am Ufer des Jordan  

Jordanien: Tausende Katholiken ziehen zur „Taufe des Herrn“

Die Kirche hat eingeladen, und sie kamen zu Tausenden: Zum 23. Mal pilgerten am Freitag katholische Christen aus allen Teilen Jordaniens an der Jordan-Fluss, um das Fest der „Taufe des Herrn“ zu feiern.

„Hunderte von Bussen sind ein Zeichen dafür, dass die Pandemie vorbei ist und wir zu einem normalen Leben zurückgekehrt sind“, sagte der Lateinische Patriarch von Jerusalem, Erzbischof Pierbattista Pizzaballa, an der als Taufstelle Jesu verehrten Stätte „Al-Maghtas“ am Ostufer des Jordan. Wiederholt äußerte der italienische Franziskaner seine Freude über die Menge, die nicht nur die Kirche bis auf den letzten Platz füllte, sondern sich weit über den Kirchplatz drängte.

Mit der Taufe im Jordan habe Jesus sein öffentliches Wirken begonnen, erinnert der Patriarch vor Beginn der Messe im Gespräch mit den Medien. Öffentlich sichtbar wie selten waren auch Jordaniens Katholiken, eine Minderheit innerhalb der christlichen Minderheit des Landes. Jordanische Soldaten, akkurat aufgereiht entlang der Straße, säumten die letzten Kilometer des Weges. Immer tiefer schlängelt der sich hinunter durch die Wüstenlandschaft, vorbei an historischen Ruinen und einem halben Dutzend Kirchneubauten, zur kurz vor ihrer Vollendung stehenden lateinischen Kirche.

Um die heilige Stätte selbst patrouillierten Sicherheitskräfte. Papst Benedikt XVI. hatte bei seinem Jordanien-Besuch 2009 ihren Grundstein gelegt, Papst Franziskus 2014 hier mit syrischen und irakischen Flüchtlingen eine Messe gefeiert. Wenn die Kirche vollendet und zwei nahe gelegene Klöster - eines für Priester und eines für Nonnen - eingeweiht seien, wolle man Gläubigen spirituelle Rückzugsräume anbieten, kündigte Patriarch Pizzaballa an.

Doch am Freitag herrschte laute Freude in dem Gebiet Hunderte Meter unter dem Meeresspiegel. „Die Taufe ist Stolz, aber sie ist auch eine Verantwortung, die dazu dient, Liebe sowie humanitäre und spirituelle Werte zu verbreiten“, predigte Pizzaballa, bevor er energisch ein Bündel aus Oliven- und Rosmarinzweigen in den Tonkrug geweihten Jordan-Wassers tauchte, um die anwesenden Bischöfe, Diplomaten, Regierungsvertreter und Gläubigen zu segnen. Wieder und wieder reckte er den Arm über die Köpfe, bis auch der Boden der Kirche nass war und einige Ordensfrauen kichernd die Tropfen auf den Liedheften mit dem Ärmel ihres Gewandes trockneten.

„So voll war es noch nie“

„So voll war es noch nie“, sagte Mamar aus Anjara, rund eine Stunde weiter nördlich. Jedes Jahr komme er mit seiner Familie, „weil es ein schöner Ort ist, aber vor allem wegen seiner religiösen Bedeutung“. Auch Dana aus Amman ist angetan von der Entwicklung, die die traditionelle Wallfahrt in den vergangenen Jahren genommen hat. „Vor vier Jahren haben wir hier unseren Sohn Karam taufen lassen. Jetzt sind wir wiedergekommen und überrascht, wie gut alles organisiert ist.“

Die Menge drinnen wie draußen ist jung - jünger, als man es in vielen Kirchen Europas erwarten würde. „Jordanien ist anders als andere Länder“, erzählten die Mittdreißiger Nour Ghattas und Zaid Diab aus Amman. „Wir wachsen mit Religion auf. Unsere Eltern gaben uns den Glauben, als wir klein waren, und wir werden ihn an unsere Kinder weitergeben.“ Bibellektüre, Kirchbesuche und ehrenamtliches Engagement gehörten selbstverständlich dazu. An der Taufstelle seien sie an diesem Tag aus religiösen Gründen, ergänzt Zaids Verlobte Razan, „aber auch, um einander zu sehen“. Die gesellschaftliche Komponente des Fests lässt sich schwer leugnen, lauschte doch so manche Familie der über Lautsprecher übertragenen Liturgie beim Picknick unter den Bäumen.

Die Taufe Jesu sei gewissermaßen die Weiterführung des Exodus und Jesus der neue Moses, der die Heilsbotschaft für alle Menschen verkünde, so Patriarch Pizzaballa. Genau daher rühre die Botschaft, dass Al-Maghtas ein Ort für alle sein möge. Ein Ort, der inmitten aller Spannungen, Spaltungen und Grenzen im Nahen Osten ein Beispiel dafür werden könne, dass Frieden und Einheit in Verschiedenheit möglich seien – „wenn man nur will“.

(kap – pr)


 

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14. Januar 2023, 14:37