Schwester Ann Rose Nu Tawng hält Militärs auf, damit jugendliche Demonstranten fliehen können Schwester Ann Rose Nu Tawng hält Militärs auf, damit jugendliche Demonstranten fliehen können 

Myanmar: „Das Volk ist zusammengewachsen und will Freiheit“

Sie wurde bekannt, als sie auf Knien die Militärs in Myanmar bat, nicht auf Demonstranten zu schießen. Fotos der mutigen katholischen Ordensfrau gingen um die Welt. Jetzt sieht Schwester Ann Rose Nu Tawng ihr Volk durch die Unterdrückung der vergangenen Monate in Einheit wachsen. Die Spannungen zwischen Buddhisten, Muslimen, Christen und Hindus seien nicht mehr relevant, sagte sie bei einer Videoschalte aus dem Vatikan an diesem Donnerstag.

Im buddhistischen Myanmar wurde christlichen Priestern und Ordensfrauen früher nicht viel Respekt entgegengebracht, aber das habe sich nun geändert, sagte die Schwester. Das Bild, auf dem sie vor einer Phalanx bewaffneter Militärs kniet, hat nach ihrem Eindruck auch in Myanmar selbst etwas bewirkt: „Dank dieses Eingreifens beginnen alle die Christen zu respektieren, die Ordensleute und die Priester“, so die Schwester.

„Es ist positiv, dass es da jetzt nicht mehr diese Barrieren zwischen den Religionen gibt. Vorher gingen Buddhisten, Muslime, Christen und Hinduisten getrennte Wege, es gab innere Spannungen. Aber diese Grenzen sind gefallen. Das Volk ist sehr zusammengewachsen. Es will nur Freiheit und Demokratie.“ 

Ordensfrauen mit der Flagge von Myanmar am 25. April auf dem Petersplatz
Ordensfrauen mit der Flagge von Myanmar am 25. April auf dem Petersplatz

„Das Volk ist sehr zusammengewachsen. Es will nur Freiheit und Demokratie“

Schwester Ann Rose Nu Tawng äußerte sich in einer Online-Pressekonferenz des italienischen Missionsverlages Editrice Missionaria Italiana (EMI), der soeben ein Interviewbuch mit der Ordensfrau vorgelegt hat. „Schwester Courage“, wie manche Medien sie nannten, arbeitet in einer Klinik in Myitkyina, der Hauptstadt des Bundesstaates Kachin. Sie habe an jenem Tag, dem 28. Februar 2021, auf der Straße Lärm gehört, sei hinausgerannt. Militärs und jugendliche Demonstranten standen sich gegenüber. Die Geste des Hinkniens habe sie spontan gesetzt, einer Eingebung des Heiligen Geistes folgend, erzählte die Schwester den Medienschaffenden: „Ich glaube, Gott hat sich in diesem Augenblick meiner bedient, um dieses Volk zu retten.“

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Die Proteste im Land gingen aber bis heute weiter. „Die Jugendlichen versuchen in jeder Weise, sich auszudrücken, obwohl sie wissen, dass sie das ihr Leben kosten könnte“, referiert die Ordensfrau. „Die Sicherheitskräfte kommen in Zivil, mit Waffen, sie schießen und schlagen, aber die Jugendlichen machen trotzdem weiter mit den Demonstrationen.“

Soldaten bewachen in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw den Zugang zum Parlament
Soldaten bewachen in Myanmars Hauptstadt Naypyidaw den Zugang zum Parlament

So selten wie möglich auf die Straße gehen

Auch Schwester Ann Rose weiß sich nach wie vor in Lebensgefahr. „Die Sicherheitskräfte kommen manchmal in die Klinik, um mich zu kontrollierten. Sie befragen mich, fotografieren mich. Die Oberen haben mir vorgeschlagen, so selten wie möglich hinauszugehen. In einer Nacht wurde ich zu einer Gebärenden gerufen. Ich ging ohne Lampe, um der Frau bei der Entbindung zu helfen.“  

Lichtblick: Papstmesse für Myanmar

Außerordentlich dankbar ist die burmesische Ordensfrau für die Heilige Messe, die Papst Franziskus am kommenden Sonntag für den Frieden in Myanmar feiern wird.

„Der Heilige Vater ist eine internationale Gestalt. Was er sagt, ist mehr wert als alles Geld, weil die ganze Welt ihm zuhört. Wenn ich die Gelegenheit hätte, ihn um etwas zu bitten, dann das: dass er auf die Staats- und Regierungschefs einwirkt, einzugreifen. 800 Menschen sind in Myanmar in diesen Monaten getötet worden. Ich sorge mich sehr um die Zukunft meines Landes. Es geht darum, diesem Volk zu helfen.“

Die Papstmesse für Myanmar geht auf die Eingebung eines burmesischen Seminaristen in Rom zurück, der Franziskus einen Brief schrieb und um diesen Gottesdienst bat. Joseph Buan Sing, der seit einem Jahr in Rom studiert und zuvor in Myanmar als Lehrer wirkte, gab bei derselben Video-Pressekonferenz ebenfalls bedrückende Einblicke in das Leben junger Menschen in dem Land unter der Militärdiktatur.

Demo gegen das Regime am 11. Mai in Yangon
Demo gegen das Regime am 11. Mai in Yangon

„Und statt des Kugelschreibers haben sie eine Pistole“

„Meine Schüler sind davongelaufen. Statt zur Schule oder zur Universität zu gehen, sind sie im Wald. Und statt des Kugelschreibers haben sie eine Pistole. Das bedrückt mich sehr. Ich habe Studenten und Freunde und Verwandte in den Unruhen verloren.“

Seine Mitbrüder im Jesuitenorden hätten ihm geholfen, den Brief an den Papst aufzusetzen, erzählt der burmesische Seminarist. Als der Vatikan ihm mitteilte, Franziskus habe den Brief gelesen und werde die Messe für Myanmar feiern, habe er vor Freude geweint.

Sonntag, 10 Uhr, Petersdom

Zum Gottesdienst kommen burmesische Priester und Ordensfrauen aus mehreren Städten Italiens, knapp 200 Personen. Die Messe für Myanmar mit Papst Franziskus im Petersdom am 16. Mai beginnt um 10 Uhr am Sonntag, die Vatikanmedien übertragen sie live, auch auf Deutsch.

(vatican news) 

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13. Mai 2021, 13:52