Eines der herrlichen Fresken aus der Chora-Kirche von Istanbul Eines der herrlichen Fresken aus der Chora-Kirche von Istanbul 

Türkei: Als nächstes die Chora-Kirche?

Nach der Umwidmung der Hagia Sophia von Istanbul zu einer Moschee fürchten orthodoxe Christen, dass auch der Chora-Kirche ein ähnliches Schicksal drohen könnte.

Die Kirche im Stadtteil Edirnekapi stammt aus dem 11. Jahrhundert; sie steht wegen ihrer Mosaiken zum Leben Jesu und Mariens auf der Liste des UNESCO-Welterbes. Seit 1948 ist der Bau, der als eines der schönsten Beispiele byzantinischer Kunst gilt, ein Museum; zuvor hatte er seit der Eroberung von Konstantinopel im 15. Jahrhundert lange als Moschee gedient.

Schon im November letzten Jahres hatte der türkische Staatsrat den Museums-Charakter der Chora-Kirche aufgehoben; doch hatten das nur orthodoxe Kreise in Russland und Griechenland bemerkt, während die größere Öffentlichkeit darauf nicht aufmerksam wurde. Nach der Umwidmung der Hagia Sophia fordern islamische Exponenten in der Türkei nun, auch die Chora-Kirche zu einer Moschee zu machen. Der Bau gehört, wie die Hagia Sophia, dem türkischen Staat.

„Keine Angelegenheit anderer Länder“

Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu wies jetzt darauf hin, dass die Chora-Kirche ebenso wie die Hagia Sophia „keine Angelegenheit anderer Länder, sondern eine Frage der nationalen Souveränität“ sei. Schon 2011 ist die historische Hagia Sophia von Iznik, dem früheren Nizäa, zu einer Moschee umgewandelt worden; in der Kirche hatte 287 das zweite Konzil von Nizäa getagt. Ebenfalls zu einer Moschee wurde 2013 die Hagia Sophia von Trabzon. Beide früheren Kirchen waren zuletzt Museen gewesen.

Derweil haben orthodoxe Christen am 4. August – wie alljährlich – der Weihe der Christus-Pantokrator-Kirche am Goldenen Horn, der bedeutendsten Klosterkirche Konstantinopels, gedacht. Das Kloster war Heimstätte bedeutender Mönche, der bekannteste unter ihnen war Gennadios Scholarios, der erste Ökumenische Patriarch unter osmanischer Herrschaft, der von 1454 bis 1464 als Erzbischof von Konstantinopel, dem Neuen Rom, amtierte. Schon bald nach seinem Tod wurde die Christus Pantokrator-Kirche in eine Moschee umgewandelt, die den Namen Molla Zeyrek Cami trägt.

Der Komplex der Christus Pantokrator-Kirche bestand aus drei miteinander verbundenen Gotteshäusern. Diese Struktur blieb auch in der Zeyrek-Moschee erhalten. Besonders kennzeichnend sind in dem nach der Hagia Sophia zweitgrößten Sakralgebäude, das am Bosporus aus dieser Zeit heute noch erhalten ist, die vielkuppeligen Anlagen, die insbesondere in den Klosterkirchen des Athos, aber auch in Russland und auf dem Balkan vorbildlich wurden.

(cath.ch/pro oriente – sk)
 

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07. August 2020, 14:11