Hunger im Südsudan Hunger im Südsudan 

Südsudan: „Schaut nicht weg!“

Krieg und Krisen prägen das Land, das vor rund sieben Jahren mit viel Enthusiasmus in die Unabhängigkeit aufbrach. Dazu kommt noch eine fehlende Aufmerksamkeit von Seiten der internationalen Staatengemeinschaft, wie ein deutscher Entwicklungsberater sagt.

Die Berichte, die in den vergangenen Tagen aus dem jüngsten Land der Welt eintrafen, sind als außerordentlich besorgniserregend einzustufen: Am Montag wies die UNO in einer eindringlichen Warnung darauf hin, dass das Land unmittelbar vor einer weiteren Hungersnot stehe. Sieben Millionen Menschen, rund zwei Drittel der Bevölkerung, seien in den kommenden Monaten von Hunger bedroht, sollte die humanitäre Hilfe nicht ausgedehnt werden. Sebastian Kämpf ist Entwicklungsberater im Südsudan. Als Caritas-Koordinator ist er in der Diözese Wau tätig. Als Fachkraft der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH) lebt er schon seit neun Jahren in dem ostafrikanischen Land. Der Projektpartner des Kindermissionswerks ,Die Sternsinger‘ berichtet im Interview über die aktuelle Lage vor Ort:

 

„Es werden Frauen vergewaltigt, es findet nach wie vor eine große Straflosigkeit statt.“

 

„Die Situation ist in allen Landesteilen sehr volatil. Es herrscht eine große Unsicherheit, es gibt sehr viel Kriminalität, vor allem von bewaffneten Gruppen. Es werden nach wie vor Leute getötet, es werden Häuser geplündert, es werden Frauen vergewaltigt, es findet nach wie vor eine große Straflosigkeit statt, und es wird gehungert. Viele Leute sind von den Nahrungsmittelhilfen abhängig. Die Situation hatte sich die letzten Monate etwas gebessert dadurch, dass in einigen Teilen geerntet werden konnte, aber viele Leute konnten eben nichts anbauen, nichts ernten, und man kann sehr sicher sein, dass sich in den nächsten Monaten die Situation deutlich verschärfen wird. Die geernteten Nahrungsmittel werden zur Neige gehen, und dann wird der Hunger noch größer werden als im letzten Jahr.“

Kämpf mache sich deshalb große Sorgen, dass die Situation in 2018 in der Mitte des Jahres noch schwerwiegender sein wird als in den letzten Jahren.

„Es hat sich immer weiter verschlechtert, und die Tendenz geht dahin. Eine Sorge, die ich habe ist, dass die Katastrophe vergessen wird, das andere Katastrophen mehr in den Vordergrund rücken werden und dass man dieses Land, das sicher die nächsten Jahre noch unter Krieg und Konflikt leiden wird, dass man das nach und nach vergessen wird. 2017 hat der Südsudan relativ viele Spenden bekommen, sodass die ganz große Katastrophe noch ausgeblieben ist, aber es kann durchaus sein, dass uns das jetzt bevorsteht. Und dass auch die politische und militärische Situation schlechter wird und dadurch dann auch noch eine Verschärfung eintritt. Und dass die Katastrophe nicht mehr die Aufmerksamkeit bekommt, im Vergleich zu anderen Katastrophen, die mehr im Vordergrund stehen.“

Die Kirche leiste im Südsudan vor allem Nothilfe, so Kämpf und zwar vor allem in jenen Gebieten, wo andere internationalen Hilfswerke und Institutionen nicht hinfahren.

 

„Wir als Kirche allen wollen demonstrieren, dass wir uns nicht an der Stammeszugehörigkeit orientieren.“

 

„Also, wir suchen uns ganz bewusst die Gegenden aus, wo die Notlage am größten ist, wo sich andere Hilfsakteure nicht hinwagen oder sich nicht auskennen. Wir besuchen auch ganz bewusst von verschiedenen Ethnien bewohnte Gebiete, um dort Hilfe zu leisten, weil wir als Kirche allen demonstrieren wollen, dass wir uns nicht an der Stammeszugehörigkeit orientieren, also Hilfe für alle leisten und auf diese Weise auch einen Friedensbeitrag hoffen zu leisten. Im Landwirtschaftsbereich wollen wir Leute, die vertrieben worden sind und die im Moment von Nahrungsmittelhilfe abhängig sind, dabei unterstützen, auch in der kommenden Regenzeit Nahrungsmittel für sich selber und ihre Angehörigen anzubauen, indem wir ihnen Saatgut und Ackergeräte zur Verfügung stellen, und hoffen dann, dass sie eben selbst Nahrungsmittel produzieren können.“

Ein Schwerpunkt der Hilfsarbeit betrifft auch die Schulen, welche vom Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ unterstützt werden.

Bei den Schulen ist es so, dass wir mit Spendengeldern aus Deutschland in der Lage sind, die Schulen am Laufen zu halten. Von den acht Schulen, die die Diözese direkt betreibt, laufen sieben unverändert. Eine Schule liegt in einem abgelegenen Rebellengebiet, da sind die Lehrer auch dabei, zum Teil unter Bäumen – zusammen mit Kollegen von staatlichen Schulen – den Unterricht für viele vertriebene Kinder zu leisten.“

(sternsinger/nzz - mg)

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01. Februar 2018, 11:29