Erzbischof Paul Richard Gallagher, im Gespräch bei einer Sitzung (Archivbild) Erzbischof Paul Richard Gallagher, im Gespräch bei einer Sitzung (Archivbild) 

Gallagher: „Kultur des Friedens in Europa erneuern“

Der vatikanische „Außenminister“ Paul Richard Gallagher wünscht sich die Erneuerung einer „Kultur des Friedens und Zusammenlebens in Europa“. Das sagte der Erzbischof mit Blick auf das Thema Krieg und Flucht am Rande einer Konferenz in Rom.

Stefano Leszczynski – Vatikanstadt

„Vielleicht müssen wir hier in Europa immer mehr und wieder neu eine Kultur des Friedens und des Zusammenlebens erneuern, den anderen in all seiner Andersartigkeit zu akzeptieren“, so der vatikanische Sekretär für die Beziehungen mit den Staaten am Rande der Konferenz „Mit Flüchtlingen am Scheideweg der Geschichte“ an der päpstlichen Universität Gregoriana.

Krieg und Klimawandel, Wirtschaftskrisen und wachsende Armut treiben immer mehr Menschen in die Flucht und stellen Staaten vor neue Herausforderungen. Gallagher hofft angesichts des aktuellen Krisen-Kontextes auf gemeinsame, multilaterale Lösungsansätze. Dem Phänomen der Migration könne man nicht ausweichen, so der Erzbischof gegenüber Radio Vatikan. Was nicht bedeute, dass man es nicht gemeinsam und mit Realismus angehen müsse und könne:

„Der Mensch war immer in Bewegung und wird es immer sein. Wir müssen diesem Problem mit großem Geist der Solidarität, der Großzügigkeit, auch im Kontext des Krieges, begegnen. Aber wir müssen nach Lösungen suchen. Das ist nicht unmöglich, es gibt Lösungen, es braucht politischen Willen, Großzügigkeit und den Geist der Solidarität.“

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Menschenwürde im Zentrum

Jedes Land habe zwar „das Recht, seine eigenen Gesetze zu machen“, räumt Gallagher mit Blick auf unterschiedliche Ansätze bei der Migrations- und Asylpolitik in Europa ein. Immer müsse dabei aber die Menschenwürde im Zentrum stehen, betont der Vatikanvertreter.

„Es sind Menschen, keine Nummern, wir müssen versuchen, diese Menschen ehrlich als Schwestern und Brüder zu behandeln. Und das ist nicht einfach, ich glaube, dass wir in unserer Gesellschaft, unter uns und in unseren Gemeinschaften, einen großen Verantwortungssinn anregen müssen, um uns gegenseitig zu helfen, dieses Problem zu lösen.“

Auch wenn derzeit verschiedene Krisen parallel aufträten und die Welt vor große Herausforderungen stellten – Krieg, Energiekrise, große Fluchtbewegungen, der Klimawandel – dürften gerade jetzt nicht die verletzlichsten Menschen und Völker aus dem Fokus geraten, erinnert der Erzbischof. Die Weltgemeinschaft dürfe über einer Krise nicht all die anderen Konfliktherde, Notstände und deren Opfer vergessen, so Gallagher.

Krise als Chance

„Wir können nicht eine große Herausforderung der Menschheit lösen und dabei andere Herausforderungen vernachlässigen, wir müssen ein wenig an allem arbeiten. Und jetzt haben wir wirklich einen Moment der Krise der Menschheit – einen Moment, der aber auch eine Gelegenheit darstellt.“

Für Pater Camillo Ripamonti, den Organisator der Konferenz an der Gregoriana-Universität, gehört zu solchen Lösungen auch eine Analyse der Ursachen der Krisen, die Menschen zur Flucht bewegen. Der Präsident des von Jesuiten organisierten Aufnahmezentrums für Flüchtlinge in Rom, „Centro Astalli“, plädierte bei der Tagung für eine neue Sichtweise.

„Wir müssen die Perspektive wechseln und uns mit den Gesichtern und Geschichten der Menschen beschäftigen, die zur Flucht gezwungen sind. Mit den Ursachen, die diese enormen menschlichen Bewegungen hervorrufen – wie zum Beispiel dem Waffenhandel.“

Auch Papst Franziskus ruft immer wieder dazu auf, sich die Ursachen und auch Wirtschafts- und Macht-Interessen anzusehen, die mit Krieg und Konflikten verbunden sind. Er registriere etwa ein „Interesse am Testen und Verkauf von Waffen“, sagte Franziskus jüngst in einem Interview mit Jesuiten-Zeitschriften, in dem er sich ausführlich zum Ukraine-Krieg äußerte.


(vatican news – pr)

 

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16. Juni 2022, 10:00