12. Februar 2016: Papst Franziskus und Patriarch Kyrill in Havanna 12. Februar 2016: Papst Franziskus und Patriarch Kyrill in Havanna 

5 Jahre Havanna-Dokument: Kardinal Koch lobt soziale Dimension

Das Treffen von Papst Franziskus mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill auf Kuba am 12. Februar 2016 wurde mit einem Webinar gewürdigt. Der vatikanische Ökumene-Rat und das Moskauer Patriachat luden Gästen ein, bei dem Online-Gespräch über die Bedeutung des Treffens und der Unterzeichnung des gemeinsamen Dokuments von Havanna nachzudenken.

Mario Galgano – Vatikanstadt

Seit vier Jahren ist es nunmehr Tradition, sich am Jahrestag des Treffens von Havanna auf ökumenischer Ebene auszutauschen. Das Moskauer Patriarchat und der Päpstliche Rat zur Förderung der Einheit der Christen führten seither abwechselnd Zusammenkünfte ein, um diesen Jahrestag zu begehen. Diesmal sei es nicht möglich gewesen, „sich persönlich zu treffen“, hob der Präsident des Einheitsrats, Kardinal Kurt Koch, an diesem Freitag hervor. Niemand habe damals an eine Pandemie gedacht oder die Vorsichtsmaßnahmen der heutigen Zeit, fügte Koch in seiner Grußrede an. Er sprach bei dem Webinar – einer Online-Konferenz – das vom Moskauer Patriarchat mitorganisiert wurde.

So würdigte Kardinal Koch die vielen Punkte des Abkommens von Havanna, das Franziskus und Kyrill damals unterzeichnet hatten. Darin seien viele Elemente zu finden, die auch für die heutige Zeit einen wichtigen Beitrag leisten könnten. „In erster Linie gibt es Probleme, die den sozialen Zusammenhalt betreffen. Tatsächlich hat die Pandemie viele Elemente in Frage gestellt, die im Alltag und im gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen als selbstverständlich gelten. Während das Adjektiv ,sozial´ Nähe und Zusammengehörigkeit suggeriert, signalisiert das Wort ,distanziert´ Abgrenzung und Entfremdung. Wir stehen vor einer paradoxen Herausforderung: In dem Moment, in dem wir gezwungen sind, Abstand zueinander zu halten, spüren wir umso stärker, wie nah wir einander sind, und wir verstehen, dass wir zu größerer Solidarität miteinander aufgerufen sind.“

Die politische und staatliche Ebene

Auf politischer und staatlicher Ebene würden ebenfalls viele Fragen aufgeworfen. Um die Covid-19-Infektionen zu reduzieren, das Gesundheitssystem zu entlasten und sich um die Gesundheit der Bürger im Allgemeinen zu kümmern, hätten die Regierungen Beschränkungen erlassen, die die Grundfreiheiten und Freiheiten des Einzelnen in einem gewissen Ausmaß einschränkten. Da seien Beschlüsse gefasst worden, wie es seit dem letzten Jahrhundert, also seit dem Ende der totalitären Regime in Deutschland und der Sowjetunion, nicht mehr angewendet wurden, erinnert der Schweizer Kurienkardinal. „Dass solche Einschränkungen heute nicht mehr so einfach hinzunehmen sind, zeigen uns auch die diversen Proteste von Coronavirus-Leugnern gegen öffentliche Maßnahmen und das wilde Wuchern von Ideen in den Köpfen von sogenannten Verschwörungstheoretikern“, fügt er an.

Die Pandemie stelle aber auch große Herausforderungen an die Religionsgemeinschaften und an den Glauben „von uns Christen“. Die Entdeckung des Coronavirus mit ihren tragischen Folgen, habe einen großen Schock ausgelöst, „der an die Katastrophe des großen Erdbebens von Lissabon 1755 mit etwa 100.000 Toten erinnert“. „Damals stellte dieses Ereignis viele vorher bestehende Gewissheiten radikal in Frage; aus religiöser Sicht kamen vor allem Zweifel an der Güte Gottes und seiner Allmacht auf“, erläuterte Kardinal Koch.

„Das schreckliche Leiden und Sterben so vieler Menschen stellte die Existenz Gottes weit mehr in Frage als jede philosophische Theorie der Aufklärung oder jede erkenntnistheoretische Abhandlung. Der berühmte Ausspruch, der das Leiden als Fels des Atheismus definiert, bleibt untrennbar mit Lissabon verbunden. Im Lichte der Covid-Pandemie hat er eine neue Relevanz erlangt und konfrontiert uns mit der Frage, wie wir mit diesen religiösen Themen umgehen sollen.“

Die Bedeutung der Fastenzeit

Ein Indiz dafür sei seines Erachtens, „dass in unseren Breitengraden die Coronavirus-Krise im letzten Jahr kurz nach Beginn der Fastenzeit virulent wurde und viele Menschen und viele Christen noch immer wie in einer verlängerten Fastenzeit betrifft“.

Darauf scheine auch die sprachliche Ähnlichkeit zwischen dem Begriff, der auf der Ebene der öffentlichen Verordnung gegen das Coronavirus verwendet wird, nämlich „Quarantäne“, und der vierzigtägigen Fastenzeit, die in der liturgischen Sprache der Kirche quadragesima genannt wird, hinzudeuten. „Eine kurze Reflexion über diese sprachliche Verwandtschaft könnte uns einen Hinweis darauf geben, wie wir uns der Pandemie-Situation aus religiöser Sicht nähern könnten“, riet Kardinal Koch. Jetzt sei es die Aufgabe eines jeden Gläubigen, die Quarantäne „in eine echte quadragesima zu verwandeln“. Das hieße, sie in eine Zeit des Fastens und der Nächstenliebe, eine Zeit der Gnade und des Gebets umzuwandeln, erläuterte der vatikanische Ökumene-Verantwortliche.

(vatican news)

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12. Februar 2021, 12:36