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Vatikan: Amoris laetitia als pastorale Begleitung

„Die Neuheit von ,Amoris laetitia´ besteht darin, Maßstäbe zu liefern, um mildernde Umstände zu ermessen, die die subjektive Zurechenbarkeit eines objektiven Sündenzustands vermindern und somit ein Hindernis für das sakramentale Leben beseitigen.“ So resümiert Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation, in einem ausführlichen Artikel in der Vatikanzeitung „L´Osservatore Romano“ das Anliegen von „Amoris laetitia“. Dass der Papst ausgehend von dem Hintergrund, dass er ein Jesuit sei, nach Prinzipien suche, um den subjektiven Geisteszustand zu bewerten, wundere den kanadischen Kardinal Ouellet nicht. Denn die Unterscheidung der Geister sei zentral in den Exerzitien des heiligen Ignatius von Loyola, dem Ordensgründer der Jesuiten. Zugleich wurde sie stets als Grundtugend für den Seelsorger angesehen. In diesem Sinne verfolge Papst Franziskus, wenn er von der Gnade der Unterscheidung spricht, nach Ouellet einen pastoralen Ansatz.

Außerdem sei es für das Verständnis von „Amoris laetitia“ wichtig, dass Gnade bei den Jesuiten in erster Linie missionarisch ist, nämlich in der doppelten Bedeutung der Ausweitung der geografischen Grenzen der Kirche und der Hinwendung der Kirche zu den existentiellen Grenzen der Menschheit. Kardinal Ouellet verweist auf das Apostolische Schreiben „Evangelii Gaudium“, wo bereits die missionarische Umgestaltung der Kirche entworfen wird. Ausgangspunkt sei eine „pastorale Bekehrung“, die zu einer missionarischen Öffnung führe. Kapitel 8 von „Amoris laetitia“ sei nach Ouellet eine spezielle Anwendung der pastoralen Begleitung auf Lebenssituationen, die als „irregulär“ bezeichnet werden. Zunächst spreche der Papst den anthropologischen und kulturellen Wandel an, der einen neuen postoralen Ansatz notwendig mache. Es sei nicht genug, einfach auf überkommene Doktrin und strenge Disziplin zu bestehen. Daher mahne der Papst zu einer „pastoralen Bekehrung“. Ausgehend von einer Betrachtung Jesu, der mit der Samariterin spricht, um sie zur Wahrheit ihres Lebens und des Evangeliums zu bringen, müsse der Pastor seinen Blick und seine Haltung gegenüber der Sünderwelt ändern.

Was die Frage des Zugangs zu Sakramenten für wiederverheiratete Geschiedene angeht, appelliere Papst Franziskus nach Ouellet zu einem verfeinertes Lernen der pastoralen Unterscheidung. Der pastorale Ansatz sei durch drei Verben definiert: Begleiten, erkennen, integrieren. Der Papst habe nach Einschätzung von Ouellet den Mut gehabt, die umstrittene Frage neu aufzuwerfen und einen Dialogprozess zu beginnen, obwohl das Thema auf der Synodalversammlung kaum behandelt wurde.

Doch diejenigen, die jetzt eine Absage an kirchliche Lehren befürchten, sind ebenso im Unrecht, wie diejenigen, die sich über einen liberalisierten Zugang zu Sakramenten freuen. Es geht nach Ouellet in „Amoris laetitia“ gar nicht darum, sondern um eine pastorale Begleitung und Integration von Menschen „in unregelmäßigen Situationen“, die sich „auf dem Weg eines spirituellen Wachstums“ befinden.

(or)

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22. November 2017, 16:31